Studie zum 1. Jahr der NRW-Verfassungsbeschwerde | Verfassungsrecht | Pressemitteilung 2020-04

Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft
Düsseldorf, den 16.07.2020

::: Pressemitteilung 4/2020 :::

Studie zum 1. Jahr der NRW-Verfassungsbeschwerde
Verbesserter Rechtsschutz mit Schwierigkeiten für Bürger:innen, Rechtsanwält:innen und Gericht

Düsseldorf. Obwohl die NRW-Landesverfassung am Wochenende ihren 70. Geburtstag feiern durfte, ist sie vielen Bürger:innen im Land unbekannt. Und die von ihr garantierten Rechte konnten bis Ende 2018 auch nicht direkt gerichtlich geltend gemacht werden. Das änderte sich erst 2019, als der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen auch die Zuständigkeit für die Individualverfassungsbeschwerde erhielt. Seitdem wandelt sich das vorher als Staatsgerichtshof tätige Gericht zum Bürgergericht. Der Düsseldorfer Fachanwalt Robert Hotstegs (41) hat nun eine Studie über das erste Jahr der Verfassungsbeschwerde vorgelegt.

„Man merkt deutlich, dass sich Gericht, Bürger und auch Rechtsanwälte erst auf das neue Verfahren einlassen müssen“, resümiert der Jurist. „So ist im ersten Jahr mehrfach das Verfahren nicht durch den ersten Beschluss des Verfassungsgerichtshof beendet worden, sondern die Bürger haben hiergegen erneut Widerspruch oder Beschwerde erhoben. Das ist im Gesetz nicht vorgesehen, hat den Gerichtshof aber dazu veranlasst zum Beispiel die Regeln und Anforderungen für Individualverfassungsbeschwerden noch einmal deutlicher herauszustellen und zu präzisieren.“

Auch habe das Gericht seine eigene Arbeit neu organisiert. Weil alle Richter des Verfassungsgerichtshofs ihr Amt nebenamtlich neben einem Hauptberuf ausüben, tage das Gericht nicht ständig. Die ersten Entscheidungen seien daher immer wieder schubweise an bestimmten Verhandlungstagen getroffen worden.

Das kürzeste dokumentierte Verfahren habe dabei eine Laufzeit von 27 Tagen gehabt (Az. 55/19.VB-2), das längste Verfahren dauerte 142 Tage bis zum Beschluss (Az. 21/19.VB-1).

Dabei habe der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidungen zumeist als Plenum getroffen (17 Verfahren), die drei gebildeten Kammern hätten lediglich jeweils zwischen acht und elf Verfahren übernommen.

„Diese Aufgabenverteilung wird sich sicherlich ändern, das Jahr 2020 zeigt dies bereits. Das Plenum wird nur die grundlegenden Fragen selbst entscheiden, das Alltagsgeschäft wird von den Kammern betrieben.“, so Hotstegs.

Erfolgreich war im Berichtsjahr ausschließlich eine einzige Verfassungsbeschwerdedie eine blinde Beschwerdeführerin erhob. Sie wollte Blindengeld vor den Verwaltungsgerichten erstreiten, die ihr aber Prozesskostenhilfe versagten. Auf die Verfassungsbeschwerde hin hob der Verfassungsgerichtshof die Entscheidungen erster und zweiter Instanz auf und verwies das Verfahren an das Verwaltungsgericht Köln zur erneuten Prüfung zurück (Az. VerfGH 2/19.VB-2).

Alle anderen Verfassungsbeschwerden scheiterten. Teilweise weil die Themen vollständig ausgeschlossen waren (so beantragte ein Bürger etwa die Verschiebung der Europawahl) oder aber weil die Verfassungsbeschwerden nicht in der richtigen Form (etwa nur per Email) oder ohne ausreichende Begründung erhoben wurden.

„Dieser Mangel lässt sich leider aktuell auch mit anwaltlicher Hilfe nur schwer beheben. Denn auch Anwältinnen und Anwälten ist das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof noch nicht bekannt.“ weiß Fachanwalt Robert Hotstegs. „Die einzige erfolgreiche Verfassungsbeschwerde 2019 wurde zwar anwaltlich vertreten. Die bislang einzige von einem Rechtsanwalt in eigener Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde aber beispielsweise als unzulässig abgewiesen.“

Auch aus diesem Grund bietet die Studie zur Verfassungsbeschwerde einen hilfreichen Überblick. Sie steht unter www.verfassungsbeschwerde.nrw/studie kostenlos zum Download zur Verfügung.

Robert Hotstegs ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Lehrbeauftragter der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW und Autor des Handkommentars „Verfassungsbeschwerde.NRW“.

Verfassungsbeschwerde.NRW
Rechtsgrundlagen | Handkommentar
228 Seiten
39,90 €
ISBN 978-3-7481-5650-5

Kostenlose Rezensionsexemplare können direkt per Email unter presse@bod.de angefordert werden.

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Rechtsanwalt Robert Hotstegs
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