Disziplinarsanktion, wenn Bezügemitteilungen nicht geprüft werden?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 05.12.2024, Az. 2 C 3.24

Zu den Dienstpflichten eines Beamten zählt, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen der dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Pflichtverletzungen sind jedoch nur bei Vorsatz disziplinarwürdig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Klägerin ist verbeamtete Lehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. In der Zeit von Februar bis Juli 2016 erhöhte sich ihr wöchentlicher Beschäftigungsumfang um vier Unterrichtsstunden. Dementsprechend erhöhte sich ab Februar 2016 die Besoldung der Klägerin. Erst im Mai 2018 stellte das Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein fest, dass die Klägerin aufgrund eines Buchungsfehlers zu Unrecht über Juli 2016 hinaus erhöhte Besoldungsleistungen erhalten hatte und es hierdurch zu einer Überzahlung in Höhe von ca. 16 000 € brutto gekommen war. Der Rückforderungsbetrag wird seitdem anteilig von den Dienstbezügen der Klägerin einbehalten.

Mit Disziplinarverfügung vom August 2020 sprach der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Verweis aus, weil diese die Überzahlung nicht angezeigt habe. Das Verwaltungsgericht hat die Disziplinarverfügung aufgehoben, wohingegen das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe ihre Dienstpflichten grob fahrlässig und damit schuldhaft verletzt, weil sie ihre Dienstbezüge nach Reduzierung des Beschäftigungsumfangs nicht auf Überzahlungen überprüft habe. Blieben Besoldungsmitteilungen trotz besoldungsrelevanter Änderungen aus, träfen den Beamten Erkundigungspflichten.

Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Eine disziplinare Ahndung von Verstößen gegen Dienstpflichten setzt nicht deren ausdrückliche gesetzliche Normierung voraus. Aufgrund des besonderen beamtenrechtlichen Treueverhältnisses zählt es zu den Dienstpflichten eines Beamten, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen der dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Disziplinarwürdigkeit der Pflichtverletzung ist aber nur bei Vorsatz zu bejahen. Darüber hinaus besteht eine Erkundigungspflicht des Beamten nur dann, wenn die Besoldungshöhe offenkundig fehlerhaft ist. Dies ist bei einer Abweichung von 20 % regelmäßig der Fall. Eine solche Abweichung lag im Fall der Klägerin nicht vor.

Potenzialfeststellung für Beförderungen rechtswidrig, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 29.10.2024, Az. 1 WB 36.23

Die gegenwärtige Praxis der Bundeswehr, das Personal für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auch mit Hilfe einer sogenannten Potenzialfeststellung auszuwählen, bedarf einer gesetzlichen Regelung. Das hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden.

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kein Anspruch auf Festsetzung von Anwaltsgebühren in gleicher Höhe für alle Parteien, Anwaltsgerichtshof NRW, Beschluss v. 27.08.2024, Az. 1 AGH 39/17

Im Rahmen eines Kostenausgleichungsverfahrens war es zu der besonderen Situation gekommen, dass eine Partei für die anwaltliche Vertretung vor dem Anwaltsgerichtshof in der ersten Instanz Gebühren nach Ziff. 3300 Nr. 2 VV RVG mit dem Quotienten 1,6 angemeldet hatte, während andere Parteien für die anwaltliche Vertretung in derselben Instanz Gebühren nach Ziff. 3100 VV RVG mit dem Quotienten 1,3 angemeldet hatten.

Der Senat hat nunmehr entschieden, dass es sich zwar jeweils um Verfahrensgebühren handele, aber kein Anspruch auf Festsetzung in gleicher Höhe besteht, wenn betragsmäßig andere Höhen beantragt wurden. Der Kostenausgleich sei dann beschränkt, weil Urkundsbeamte (und Senat) an den ursprünglichen Antrag gem. § 88 VwGO gebunden seien.

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Streitwert einer Professur auf Lebenszeit, Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 19.07.2024, Az. 5 So 73/23

In einem vor dem Verwaltungsgericht Hamburg und dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht geführten Rechtsstreit um die Entfristung von Professor:innenstellen hat das Oberverwaltungsgericht nun nachträglich den Streitwert des Verfahrens der ersten Instanz (Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss v. 08.05.2023, Az. 21 E 5067/22) korrigiert.

Während das Verwaltungsgericht zunächst von einem Streitwert in Höhe von 16.663,11 € ausging, ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts der doppelte Streitwert der Richtige(re).

Denn die Entfristung einer Professor:innenstelle stelle nicht bloß die Verleihung eines anderen Amtes dar und sei nicht mit einer Beförderung vergleichbar.

Durch die Verdopplung des Streitwerts erhöhen sich die gesetzlichen Gebühren für die (vom Land zu erstattenden) Rechtsanwaltsgebühren und die Gerichtskosten um ca. 35 %.

Das Oberverwaltungsgericht selbst hatte übrigens im selben Verfahren mit Beschluss vom 22.09.2023 (Az. 5 Bs 66/23) auch den fehlerhaft niedrigeren Streitwert angesetzt. Diese Festsetzung wurde im Nachgang ebenfalls geändert (Beschluss v. 15.08.2024, Az. 5 So 69/24).

Die Entscheidung über die Streitwertbeschwerde lautet im Volltext:

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Mitgliedschaft im Förderkreis des Düsseldorfer Instituts für Dienstrecht

Seit Juli 2024 ist unsere Kanzlei Mitglied im Förderkreis des Düsseldorfer Instituts für Dienstrecht (difdi).

Das Düsseldorfer Institut für Dienstrecht ist ein in ganz Deutschland aktiver Träger, der sich vor allem der Weiterbildung im Bereich des Staats- und Verwaltungsrechts und des Rechts des öffentlichen Dienstes (Länder, Bund, Europäische Union, Kirchen) verschrieben hat.

Mitglied im Förderkreis | Düsseldorfer Institut für Dienstrecht
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Disziplinarverteidigung als Werbungskosten, Bundesfinanzhof, Beschluss v. 10.01.2024, Az. VI R 16/21

In einem aktuellen Verfahren hat der Bundesfinanzhof noch einmal bestätigt, dass Kosten der Disziplinarverteidigung steuerlich absetzbar sind. Ausdrücklich wird nicht dabei unterschieden, ob es sich dabei um den Vorwurf eines innerdienstlichen oder eines außerdienstlichen Pflichtenverstoßes handelt. Daher erstellen wir im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit Rechnungen, die ausdrücklich das Disziplinarverfahren benennen. So erleichtern wir unseren Mandant:innen die Angabe im Rahmen der Steuererklärung.

amtlicher Leitsatz

Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abzugsfähig.

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Voll im Dienst – nur Teilzeit für die Versorgung relevant, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 02.05.2024, Az. 2 C 13.23

Aus unterschiedlichen Gründen kann es dazu kommen, dass ein:e Beamt:in Teilzeit bewilligt bekommen hat, aber über die Teilzeit hinaus – sogar bis zur Vollzeit – Dienst verrichtet. Hier sind Konstellationen der Überstunden und Mehrarbeit einerseits denkbar, andererseits aber auch „geplante“ Vollzeit, weil der Dienst zur Ansparung für ein Altersteilzeitmodell verwendet werden soll. Kommt es dann zu einer Störung in der geplanten Umsetzung, stellt sich die Frage, ob der tatsächlich geleistete Dienst bei der Berechnung der Versorgungsbezüge anzusetzen ist oder nur die bewilligte Teilzeit.

Im konkreten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht darüber zu entscheiden, wie ein freiwilliger Wechsel in ein anderes Ruhestandsmodell zu bewerten war. Das Gericht hat ausschließlich auf die Teilzeit abgestellt.

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

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Synopse Bundesdisziplinargesetz 2024

Der Bundesgesetzgeber hat sein Disziplinarrecht grundlegend verändert. Ab dem 01.04.2024 ist der Dienstherr mit einer umfassenden Sanktionsbefugnis ausgestattet und kann alle Disziplinarmaßnahmen durch Disziplinarverfügung aussprechen. Ausdrücklich gilt dies auch für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts.

In der Folge wurde auch das gerichtliche Verfahren (das fortan kein besonderes „Disziplinarverfahren“ mehr darstellt) verändert.

Für Altverfahren gilt das BDG a.F. (bis zum 31.03.2024) fort.

Zur Einarbeitung in das Disziplinarrecht nach alter und neuer Fassung hat Rechtsanwalt Robert Hotstegs eine Synopse erstellt, die auch auf die wichtigsten Muster nach den Disziplinarrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen verweist und diese im Hinblick auf die Änderungen des BDG kommentiert.

Stand der Synopse: 23.09.2024

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Begründung für schlechtere dienstliche Beurteilung erforderlich, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 12.10.2023, Az. 2 A 7.22

Das Bundesverwaltungsgericht muss in besonderen beamtenrechtlichen Materien, namentlich der Nachrichtendienste, auch erstinstanzlich entscheiden. Zwar kann man über diese Spezialzuständigkeit vortrefflich streiten, gleichwohl führt dies dazu, dass etwa zur Materie der dienstlichen Beurteilung Grundsatzentscheidungen durch das Bundesverwaltungsgericht als Tatsacheninstanz getroffen werden.

Eine aktuelle Entscheidung betrifft nun gleich zwar gravierende Themenbereiche: die Verschlechterung einer dienstlichen Beurteilung, die häufig ohne Begründung verbleibt, und die Frage, ob und wie eine Beförderung im Beurteilungszeitraum zu berücksichtigen ist.

Beide Fragen hat das Gericht nun entschieden:

1. Weicht eine Regelbeurteilung bei der Leistungsbewertung und bei der Gesamtnote wesentlich von der vorangegangenen Regelbeurteilung ab, bedarf dies einer Begründung.

2. Ist ein Beamter während des Beurteilungszeitraums befördert worden, bezieht sich die Bewertung in der Regelbeurteilung nur auf den Zeitraum im Anschluss an die Beförderung. Der Zeitraum vor der Beförderung ist zwar zur Vermeidung von Beurteilungslücken in der dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen, fließt aber nicht in die Leistungsbewertung und in die Gesamtnote ein (Aufgabe von BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 2 C 37.91 – Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15).

Das Urteil lautet im Volltext:

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Versetzung eines Richters in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege, Bundesgerichtshof, Dienstgericht des Bundes, Urteil v. 05.10.2023, Az. RiZ(R) 1/23

Das Dienstgericht des Bundes hat in seiner heutigen Entscheidung wesentliche Rechtsgrundsätze dazu aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen die politische Betätigung eines Richters seine Versetzung gemäß § 31 DRiG im Interesse der Rechtspflege rechtfertigen kann.

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