Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 20.10.2011, Az. 2 B 61.10

Leitsätze des Kommentators:

A. Verfahrensrechtlich:

1. Eine Divergenzrüge ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gegeben, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Wenn das angefochtene Urteil die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtssatzmaßig in Frage stellt sondern nur gerügt wird, die Rechtsätze seien falsch angewandt, begründet dies die Divergenz nicht. „Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 20.10.2011, Az. 2 B 61.10“ weiterlesen

„Drei Gründe, warum es weiterhin sinnvoll ist, als Jurist eine Promotion zu fertigen“, Ansprache zur Akademische Feier des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen am 28.10.2011

„Heute sprechen wir über drei Sommersprossen“. Mit diesen Worten empfing uns eines Tages mein Doktorvater, Prof. Helmut Ridder, im Doktorandenseminar. Seinerzeit schauten wir uns sehr verdutzt an und kamen nicht recht dahinter, was Prof. Ridder gemeint hatte. Er sah unsere Verwunderung und forderte uns auf, den Begriff „Sommersprossen“ zu analysieren. Es dauerte ca. zehn Minuten, bis der erste Teilnehmer herausfand, dass es sich um „Gesichtspunkte“ handelt. Damals hielt ich das für die unterhaltsame Auflockerung eines trockenen juristischen Seminars durch einen geistreichen Lehrer. Später fand ich heraus, dass die Äußerung durchaus einen gewissen Bezug zur juristischen Tätigkeit hatte. Als Juristen stehen wir immer wieder vor der Notwendigkeit, bestimmte Worte und Begriffe in Gesetzen und Verträgen zu verstehen und ihren Sinn und Zweck zu hinterfragen.

Heute soll mit Ihnen über Sinn und Zweck einer juristischen Promotion gesprochen werden und ich möchte Sie auf drei Gesichtspunkte hinweisen, die mir wichtig erscheinen. „„Drei Gründe, warum es weiterhin sinnvoll ist, als Jurist eine Promotion zu fertigen“, Ansprache zur Akademische Feier des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen am 28.10.2011“ weiterlesen

Beurteilungsrichtlinie der Bundeswehr verstößt gegen Soldatenlaufbahnverordnung, Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.10.2011

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass die in der Beurteilungsrichtlinie der Bundeswehr geregelte Bildung von Vergleichsgruppen im Rahmen planmäßiger Beurteilungen nicht mit der Soldatenlaufbahnverordnung vereinbar ist.

Der Antragsteller ist Soldat und wird in einem Amt der Bundeswehr auf einem Dienstposten als Sachbearbeiter verwendet. Er hatte seine planmäßige Beurteilung mit der Begründung angegriffen, er sei von seinen Vorgesetzten in einer Vergleichsgruppe betrachtet worden, in die auch ein Dezernatsleiter und mehrere Sachgebietsleiter einbezogen waren. Die Beurteilungsrichtlinie der Bundeswehr legt für planmäßige Beurteilungen Vergleichsgruppen der zu beurteilenden Soldaten fest, für die nicht die Besoldungsgruppe oder der Dienstgrad dieser Soldaten maßgeblich ist, sondern ausschließlich die Dotierung der Dienstposten (Bewertung durch Zuordnung zu einer oder mehreren Besoldungsstufen), auf denen sie eingesetzt sind. § 2 Abs. 4 Soldatenlaufbahnverordnung ermächtigt das Bundesministerium der Verteidigung dazu, in den Beurteilungsrichtlinien Vergleichsgruppen nach dem Dienstgrad, der Besoldungsgruppe oder der Funktionsebene zu bilden.

Der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden, dass die Vergleichsgruppenbildung nach Funktionsebenen rechtmäßig ist, wenn die jeweilige Vergleichsgruppe hinreichend homogen zusammengesetzt ist. Bei der auf diese Weise gebildeten Vergleichsgruppe ist das Kriterium für die Gruppenzugehörigkeit die Innehabung von Dienstposten mit im Wesentlichen gleichen Aufgaben und deshalb vergleichbaren Leistungsanforderungen. Die Dotierung eines Dienstpostens allein lässt indessen keine Rückschlüsse darauf zu, welche Aufgaben auf dem Dienstposten wahrzunehmen sind. Beanstandet wurde außerdem die mangelnde Homogenität der Vergleichsgruppe des Antragstellers, in der einheitlich Sachbearbeiter und Soldaten mit Leitungsaufgaben betrachtet wurden. Die Beurteilung wurde deshalb aufgehoben.

BVerwG 1 WB 51.10 – Beschluss vom 25. Oktober 2011

 

§ 2 Abs. 4 Soldatenlaufbahnverordnung lautet:

In den Beurteilungsbestimmungen sind Vergleichsgruppen nach dem Dienstgrad, der Besoldungsgruppe oder der Funktionsebene zu bilden. Innerhalb dieser Vergleichsgruppen sind die Soldatinnen und Soldaten nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab zu beurteilen.

Stellenbesetzung am Bundesgerichtshof vorläufig gestoppt, Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 26.10.2011

Mit einem soeben den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe die beabsichtigte Ernennung eines Richters am Bundesgerichtshof zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof vorläufig gestoppt.

In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wandte sich der Antragsteller, ein Richter am Bundesgerichtshof, gegen die vom Bundesjustizministerium vorgesehene Ernennung eines anderen Richters am Bundesgerichtshof zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof. In dem gegen die Bundesrepublik Deutschland als Antragsgegnerin geführten Verfahren wurde der zur Ernennung vorgesehene Richter vom Gericht beigeladen. Der Antragsteller machte geltend, die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen sei rechtswidrig. „Stellenbesetzung am Bundesgerichtshof vorläufig gestoppt, Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 26.10.2011“ weiterlesen

Rechtswidrige Entlassung eines Stabsgefreiten aus der Bundeswehr wegen Schwarzfahrens, Verwaltungsgericht Minden, Urteil v. 04.10.2011

Das Verwaltungsgericht Minden hat mit Urteil die Entlassung eines Soldaten auf Zeit aus der Bundeswehr für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Das Urteil stellt insofern eine Besonderheit dar, als das Verfahren gegen die Disziplinarmaßnahme nicht mehr vom Soldaten/Beamten selbst, sondern von seinen Eltern nach dessen Tod fortgeführt wurde. Das Gericht sah in diesem Umstand kein Zulässigkeitsproblem, da die Eltern ein Interesse an der Rehabilitation des Sohnes geltend machen konnten. „Rechtswidrige Entlassung eines Stabsgefreiten aus der Bundeswehr wegen Schwarzfahrens, Verwaltungsgericht Minden, Urteil v. 04.10.2011“ weiterlesen

Veränderungen im kirchlichen Dienstrecht der EKD geplant

Im November 2011 wird die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland in Magdeburg über verschiedene gesetzliche Änderungen im Dienst- und Beamtenrecht beraten und voraussichtlich auch entscheiden. Die vorläufige Tagesordnung sieht bislang Beratungsvorlagen zu folgenden Gesetzen vor:

  • Kirchengesetz zur Harmonisierung des Dienstrechts
  • Kirchengesetz zur Anpassung des Dienstrechts für Kirchenbeamtinnen und -beamte der EKD und für Pfarrerinnen und Pfarrer der EKD und zur Änderung des Kirchengerichtsgesetzes der EKD

Daneben werden auch ein neues „Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz der EKD“ (ARGG-Diakonie-EKD) und weitere Gesetzesinitiativen beraten, teilweise wird die Synode auch ihr eigenes Innenrecht zur Behandlung von Gesetzesvorschlägen diskutieren und reformieren. „Veränderungen im kirchlichen Dienstrecht der EKD geplant“ weiterlesen

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 13.12.2010, Az. 2 L 1698/10

Zusammenfassung:

1. Aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen.
2. Bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation der Bewerber ist der Dienstherr zudem grundsätzlich darin frei, welchen sachlichen Hilfskriterien er im Rahmen seiner Ermessensausübung das ausschlaggebende Gewicht beimisst.

 

Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat zum Ende des letzten Jahres in einem Eilverfahren noch einmal wesentliche Grundzüge des Konkurrentenschutzes im Beamtenrecht zusammengestellt. Hierbei wurde auch noch einmal Selbstverständliches klargestellt. „Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 13.12.2010, Az. 2 L 1698/10“ weiterlesen

Prüfpflicht zur Besetzung freier Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2011, Az. 8 AZR 608/10

Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen zu berücksichtigen, müssen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Diese in § 81 Abs. 1 SGB IX geregelte gesetzliche Pflicht trifft alle Arbeitgeber, nicht nur die des öffentlichen Dienstes. Ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber kann sich darauf berufen, dass die Verletzung dieser Pflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse. „Prüfpflicht zur Besetzung freier Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2011, Az. 8 AZR 608/10“ weiterlesen

Streitfall Bürgerbegehren zur Verlagerung der Sportstätten, derwesten.de vom 30.09.2011

(Petra Keßler) Voerde. Verwaltungsgericht Düsseldorf beschäftigt sich am 18. Oktober mit der Klage gegen die Unzulässigkeitserklärung der Stadt.

Das Bürgerbegehren zur geplanten Sportstättenverlagerung wird in knapp drei Wochen das Düsseldorfer Verwaltungsgericht beschäftigen: Verhandelt wird am Dienstag, 18. Oktober, ab 10 Uhr, über die Klage, die die Rechtsvertreter des Bürgerbegehrens, Holger Mrosek, Christian Garden und Joachim Kinder, gegen die vom Rat bestätigte Rechtsauffassung der Stadt eingereicht haben. Das Rechtsamt hatte das Bürgerbegehren, mit dem die Gegner des umstrittenen Millionen-Projekts einen Bürgerentscheid in der Frage der Sportanlagen der SV 08/29 Friedrichsfeld herbeiführen wollten, Anfang des Jahres für rechtlich unzulässig erklärt. Die Klagebegründung wird am Dienstag, 4. Oktober, vorgelegt, wie Lissy Füllgraf, Sprecherin des Aktionsbündnisses Bürgerbegehren, im Gespräch mit der NRZ erklärte. „Streitfall Bürgerbegehren zur Verlagerung der Sportstätten, derwesten.de vom 30.09.2011“ weiterlesen

Voller Freizeitausgleich für Überschreitungen der Höchstarbeitszeit bei der Feuerwehr, Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts v. 29.09.2011

Feuerwehrbeamte, die in den Jahren bis 2006 wöchentlich im Durchschnitt 54 Stunden gearbeitet haben, können für die über 48 Wochenstunden hinausgehende Dienstzeit einen Anspruch auf Freizeitausgleich im vollen Umfang der zuviel geleisteten Stunden geltend machen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Kläger sind als Beamte bei der Berufsfeuerwehr tätig. Sie haben über mehrere Jahre hinweg bis einschließlich 2006 wöchentlich regelmäßig 23 Stunden Volldienst und 31 Stunden Bereitschaftsdienst geleistet. Ihr Begehren, vollen Freizeitausgleich für die über 48 Wochenstunden hinausreichende Arbeitszeit zu erhalten, hatte in den Vorinstanzen nur teilweise Erfolg. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht hatten u.a. die Zeiten des Bereitschaftsdienstes bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nur zu 50% berücksichtigt. „Voller Freizeitausgleich für Überschreitungen der Höchstarbeitszeit bei der Feuerwehr, Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts v. 29.09.2011“ weiterlesen