Vollstreckung eines qualifizierten Dienstzeugnisses, Verwaltungsgericht Köln, Beschluss v. 02.04.2019, Az. 3 M 141/18

Vollstreckungsverfahren zwischen Beamten und Dienstherrn kommen (glücklicherweise) selten vor. Auch Rechtsstreitigkeiten um Dienstzeugnisse sind kaum zu finden. Deshalb findet ein aktueller Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln unsere besondere Aufmerksamkeit.

Vorangegangen waren gerichtliche und außergerichtliche Streitigkeiten zwischen der betroffenen Beamtin und dem betroffenen Dienstherrn. Alle Streitigkeiten konnten durch einen vor Gericht geschlossenen Vergleich beigelegt werden, der auch eine Regelung zur Erstellung eines qualifizierten Dienstzeugnisses enthielt. Die Formulierung lautete:

Die Beklagte erstellt der Klägerin ein wohlwollendes Dienstzeugnis, welches nach § 92 Abs. 3 Satz 2 LBG NRW auch zu den ausgeübten Tätigkeiten und Leistungen Auskunft gibt und in dem die Leistung mit „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ bewertet wird. Es erfolgt eine vorherige Abstimmung der Parteien über die konkreten Inhalte.

Auszug aus dem Vergleich

In der Folgezeit war sodann streitig, ob diese Klausel des Vergleichs erfüllt worden sei.

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Videoclip „Auf den Punkt“: Kompromiss zum MüGa-Bürgerbegehren

Kommunalpolitiker sehen sich in ihrer täglichen politischen Arbeit immer wieder mit rechtlichen Fragen konfrontiert. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Robert Hotstegs nimmt die VLK NRW interessante rechtliche Fragenstellungen rund um die Kommunalpolitik, aktuelle Urteile und ihre Auswirkungen unter die Lupe und bringt die Sachverhalte für Sie „Auf den Punkt“!

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Großdemonstrationen #Fridaysforfuture: „An diesem Freitag müssen die Schulen beur­lauben“, lto.de v. 14.03.2019

von Tanja Podolski

Auch an diesem Freitag werden weltweit Schüler gegen den Klimawandel demonstrieren. Die Nerven liegen blank, in NRW gehen Gerüchte von Denunziationen um. Juristisch geht es um Grundrechtskollisionen – und um Sanktionen gegen die Schüler.

Seit Monaten finden weltweit und auch in vielen Städten Deutschlands an jedem Freitagvormittag Demonstrationen von Schulpflichtigen gegen den Klimawandel statt. An diesem Freitag nun sollen die Demonstrationen besonders groß werden: In den sozialen Medien rufen die Organisatoren zur Teilnahme in grüner Kleidung auf, seit Tagen finden gemeinsame Aktionen zum Bemalen von Plakaten statt. Und nicht alle wollen unerlaubt fernbleiben: Viele Schulpflichtige beantragen bei der Schule die Beurlaubung vom Unterricht.

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Videoclip „Auf den Punkt“: Vorprüfung von Bürgerbegehren

Kommunalpolitiker sehen sich in ihrer täglichen politischen Arbeit immer wieder mit rechtlichen Fragen konfrontiert. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Robert Hotstegs nimmt die VLK NRW interessante rechtliche Fragenstellungen rund um die Kommunalpolitik, aktuelle Urteile und ihre Auswirkungen unter die Lupe und bringt die Sachverhalte für Sie „Auf den Punkt“!

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Vorprüfung von Bürgerbegehren

Bürgerbegehren waren in Nordrhein-Westfalen bis vor kurzem gleich organisiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen waren identisch, egal, ob es sich um ein Bürgerbegehren nach § 26 Gemeindeordnung oder um ein Bürgerbegehren nach § 23 der Kreisordnung handelte.

Das hat sich leider durch eine Panne des Gesetzgebers nun im letzten Jahr geändert. Denn es sollte ursprünglich ein Vorprüfungsverfahren eingeführt werden; das heißt, die Bürger sollten die Möglichkeit bekommen ihren eigenen Entwurf durch die Stadt oder durch den jeweiligen Kreis vorab auf die rechtliche Zulässigkeit prüfen zu lassen.

Dieses Vorprüfungsverfahren ist ein langgehegter Traum vieler Bürgerinitiativen gewesen und sollte eigentlich gleichzeitig in der Gemeindeordnung und der Kreisordnung in Kraft treten. Das ist durch ein Redationsversehen des Landtags leider nicht gelungen.

Wir haben deswegen seit dem 29. Dezember eine missliche Rechtslage. Denn in Gemeinden kann nach § 26 die Vorprüfung von Bürgerbegehren nicht beantragt werden. Das wird erst 2020 der Fall sein. Auf Kreisebene kann nach § 23 der Kreisordnung nun eine Vorprüfung des Bürgerbegehrens beantragt werden. Das ist sehr zu begrüßen, hat aber kaum praktische Relevanz, weil die Bürgerbegehren auf Kreisebene eben viel seltener sind.

Auf Gemeinden-, auf städtischer Ebene, da finden hauptsächlich Bürgerbegehren und Bürgerinitiativen statt. Der Landtag muss nun also entscheiden, ob er dieses Redaktionsversehen behebt, die Panne beseitigt und die Vorprüfung auch für Bürgerbegehren in Gemeinden und Städten schafft. Dazu müsste er die Änderung von § 26 Gemeindeordnung jetzt in Kraft setzen und bitte nicht bis 2020 warten.

Ombudsstelle Feuerwehr bis Ende Mai erreichbar

Die vor einem Jahr durch die Stadtverwaltung Köln eingerichtete externe „Ombudsstelle Feuerwehr“ führt ihre Tätigkeit bis Ende Mai diesen Jahres fort. Die Ombudsstelle war im Frühjahr 2018 eingerichtet worden, um Beschwerden, Anregungen und Informationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berufsfeuerwehr, sowie des Amtes für Feuerschutz, Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz entgegenzunehmen. Die Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft in Düsseldorf, hatte das Angebot seinerzeit kurzfristig telefonisch, per Email und über eine spezielle Homepage online bereitstellt. Die Rahmenvereinbarung war zunächst auf ein Jahr befristet und wurde nun für das Frühjahr 2019 verlängert.

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Der Dienstweg braucht manchmal einen Ausweg…, 123recht.net vom 21.02.2019

Projektbeispiel: Ombudsstelle Feuerwehr

Wenn es im Amt knallt, wenn sich Mitarbeitende über Vorgesetze ärgern, wenn Vorgesetzte an Schichtplänen verzweifeln, wenn bestimmte Arbeitsgeräte fehlen, wenn wichtige Informationen nicht alle Betroffenen erreichen… die Liste ist unendlich lang, warum es Grund genug geben kann, sich zu beschweren. Verwaltungen und Behörden unterscheiden sich dabei erst einmal nicht von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Aber ihre Strukturen sind andere. Und sie kennen das Beamtenrecht, das für alle Beschwerden streng den Dienstweg vorschreibt. Damit muss die Beschwerde oft genau an denjenigen adressiert werden, den man kritisiert und der derartige Beschwerden vielleicht auch nicht bearbeitet, sondern eher den Beschwerdeschreiber drangsaliert. Ein Dilemma. „Der Dienstweg braucht manchmal einen Ausweg…, 123recht.net vom 21.02.2019“ weiterlesen

Fragen und Antworten zur Anfechtung der Wahl 2017, Vorabdruck KammerMitteilungen 1/2019

Am 14.12.2018 verkündete der AGH NRW sein Urteil über die Anfechtung der Vorstandswahl am 26.04.2017 und erklärte diese für ungültig (1 AGH 39/17). Nachfolgend werden die häufigsten Fragen zu diesem Verfahren beantwortet.

Aus welchen Gründen wurde die Wahl für ungültig erklärt?

Der AGH stützt seine Entscheidung darauf, dass der Präsident der Kammer seinen Rechenschaftsbericht als Wahlkampfrede missbraucht und dadurch seine Neutralitätspflicht verletzt habe. Von den Klägern vorgetragene Wahlfehler („Chaos in der Kammerversammlung“) seien dagegen pauschaler Natur oder Einzelfallbeobachtungen, die nicht die Annahme zulassen, dass gerügte Fehler, die den Ablauf der Wahl betreffen, für das Wahlergebnis ausschlaggebend gewesen sein könnten. Das vollständige Urteil ist auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer veröffentlicht (www.rak-dus.de/news/page/3/).

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Videoclip „Auf den Punkt“: abstrakte Normenkontrolle gegen kommunale Satzungen

Kommunalpolitiker sehen sich in ihrer täglichen politischen Arbeit immer wieder mit rechtlichen Fragen konfrontiert. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Robert Hotstegs nimmt die VLK NRW interessante rechtliche Fragenstellungen rund um die Kommunalpolitik, aktuelle Urteile und ihre Auswirkungen unter die Lupe und bringt die Sachverhalte für Sie „Auf den Punkt“!

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abstrakte Normenkontrolle

Das Land Nordrhein-Westfalen hat sein Rechtsschutzsystem in diesem Jahr etwas vervollständigt. Es hat die abstrakte Normenkontrolle eingeführt.

Die abstrakte Normenkrontrolle hat insbesondere für Städte, Gemeinden und für Kreise eine ganz große Bedeutung. Denn die Stadträte, die Kreistage, sie erlassen eben Rechtsnormen die eine Qualität haben, die wir unterhalb des Landesgesetzes einordnen. Zum Beispiel kommunale Satzungen.

Das können Beitragssatzungen, Beitragsordnungen oder Abgabensatzungen sein. Also das, was vor ein paar Jahren als Diskussion geführt wurde: Gibt es kommunale Kulturförderabgaben, wo können Kommunen eigene Steuern, eigene Abgaben erfinden, wo haben sie eben einen eigenen Regelungs- und Entscheidungsspielraum? Das sind Rechtsfragen, die man jetzt nicht mehr als Beispiel am einzelnen, konkreten Steuerpflichtigen durchdiskutieren würde. Sondern die man jetzt eben auch der sogenannten abstrakten Normenkontrolle zuführen kann.

Die ist neu geregelt im § 109a des Justizgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, also ein wenig versteckt. Diese Rechtsstreitigkeiten werden in der I. Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster geführt. Dort werden also diese Rechtsnormen zukünftig überprüft werden können. Ein System, das es in vielen anderen Bundesländern schon gab, aber von dem Nordrhein-Westfalen trotz mehrerer Gesetzesanläufe in der Vergangenheit keinen Gebrauch von gemacht hat.

Jetzt ist sie eingeführt. Seit dem 01.01.2019 gibt es die abstrakte Normenkontrolle. Die erfasst alle Rechtsnormen, die jetzt ab dem 01.01.2019 erlassen werden. Von daher: ein neues Feld. Ein neues Feld, dem sich eben auch die Räte, die Ausschüsse, die Kreistage eben wie alle anderen Behörden auch stellen müssen und ein Rechtsschutzfeld das man also im Blick behalten muss.

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Individualverfassungsbeschwerde: „NRW gönnt sich 2019 ein neues Rechtsgebiet“, Gespräch mit 123recht.net v. 29.01.2019

Landesverfassungsbeschwerden in Nordrhein-Westfalen – Was Bürger nun wissen müssen

Der nordrhein-westfälische Landtag hat im Sommer 2018 die Einführung der sogenannten Individualverfassungsbeschwerde beschlossen, also einer Landesverfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. Das Gericht war für Bürger bislang unerreichbar, wie die Verfahren funktionieren werden ist noch weitgehend unbekannt, vor allem aber: Was steckt in den NRW-Landesgrundrechten? Rechtsanwalt Robert Hotstegs erklärt im Gespräch mit 123recht.de die Hintergründe.

Seit dem 1. Januar sind Verfassungsbeschwerden beim Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen möglich

123recht.de: Herr Hotstegs, wie sind Sie in das neue Jahr gestartet? Müssen seit dem 1. Januar die ersten Verfassungsbeschwerden geschrieben oder abgeschickt werden?

Rechtsanwalt Hotstegs: Nein, so plötzlich kamen und kommen sie dann wohl doch nicht ab dem allerersten Tag. Jedenfalls nicht in der Masse. Aber theoretisch konnte es tatsächlich in der letzten Woche losgehen. Die gesetzlichen Grundlagen gibt es, der Verfassungsgerichtshof hat seine Geschäftsordnung im Herbst entsprechend angepasst. Auch elektronischen Rechtsverkehr ermöglicht er. Wer also Anlass hätte, sich über die Verletzung seiner Rechte aus der Landesverfassung zu beschweren, könnte sogar vom PC aus versuchen, den Verfassungsgerichtshof an Neujahr anzurufen.

123recht.de: Hat die Landesverfassungsbeschwerde bislang gefehlt?

Rechtsanwalt Hotstegs: Ja, manche sind der Auffassung, dass es sich um eine Art Schlussstein im Rahmen der Verfassungsgebung des Landes handelt. Denn die Verfassung hat das Land sich ja schon 1950 gegeben. Seitdem verfügen die Nordrhein-Westfalen auch auf Landesebene garantiert nicht nur über die Rechte des Grundgesetzes, sondern über eigene Landesgrundrechte. Und auch den Verfassungsgerichtshof in Münster gibt es schon seitdem. Er war aber für Bürgerinnen und Bürger – mit Ausnahme von Wahlanfechtungsverfahren – eigentlich nicht erreichbar. Er war, so wie man es in diesen Tagen oft hört, eher ein Staatsgerichtshof, also ein Gericht zur Klärung der verfassungsrechtlichen Verhältnisse von Landtag – Landesregierung –Abgeordneten – Fraktionen und Parteien untereinander. Den meisten Bürgern dürfte unbekannt sein, dass es dieses Gericht überhaupt gibt.

123recht.de: Hatte der Verfassungsgerichtshof also bislang keine Relevanz?

Rechtsanwalt Hotstegs: Doch, er hat gleich mehrfach etwa das Kommunalwahlrecht maßgeblich beeinflusst, indem er nämlich zuletzt Ende 2017 eine Sperrklausel auf kommunaler Ebene als landesverfassungswidrig gekippt hat. Das betrifft jede und jeden Wahlberechtigten. Ebenso haben Städte und Gemeinden oft den Gerichtshof angerufen, in den 70er Jahren wegen der kommunalen Neugliederung, später vor allem wegen Finanzierungsfragen. Für die Gemeinden gab es auch bislang eine eigene Verfassungsbeschwerde. Sie durften also bislang ihre Selbstverwaltungsrechte einklagen.

Der Bürger hat die Wahl: Bundesverfassungsgericht oder Verfassungsgerichtshof

123recht.de: Die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war bislang schon möglich. Bleibt sie erhalten? Wo liegt der Unterschied zur Landesverfassungsbeschwerde?

Rechtsanwalt Hotstegs: Natürlich ist der Gang nach Karlsruhe weiter möglich, das Bundesrecht bleibt ja von der Änderung des Verfassungsgerichtshofgesetzes (VGHG NRW) unberührt. Der Bürger hat aber in vielen Fällen zukünftig die Wahl. Ist etwa ein Rechtsstreit vor den Gerichten des Landes rechtskräftig entschieden worden und ist er der Meinung, durch das letztinstanzliche Urteil würde er in seinen Grundrechten verletzt, kann er dies entweder vor dem Bundesverfassungsgericht oder vor dem Verfassungsgerichtshof geltend machen. Karlsruhe wacht über die Grundrechte des Grundgesetzes, Münster über die Grundrechte der Landesverfassung. Sie sind teilweise deckungsgleich, die Landesgrundrechte gehen aber noch weiter.

123recht.de: Kann jeder Betroffene also parallele Verfassungsbeschwerden einreichen?

Rechtsanwalt Hotstegs: Bloß nicht. Denn wenn die Streitgegenstände der beiden Beschwerden identisch sind, führt dies zur Unzulässigkeit der Landesverfassungsbeschwerde, übrigens völlig unabhängig davon, ob das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht am Ende erfolgreich ist oder nicht. Der Gesetzgeber will keine doppelte Befassung der Gerichte. Beschwerden nach Münster und Karlsruhe machen also ausschließlich dann Sinn, wenn der Streitgegenstand unterschiedlich ist.

123recht.de: Worin unterscheiden sich denn die Grundrechte? Welche zusätzlichen Grundrechte gewährt die Landesverfassung?

Rechtsanwalt Hotstegs: Das wird die neue Rechtsprechung im Einzelnen zu klären haben. Denn bislang haben wir eine rein literarische Diskussion in den Kommentaren. Art. 17 LVerf garantiert die Förderung der Erwachsenenbildung, Art. 18 Abs. 3 LVerf die Sportförderung, Art. 24 Abs. 2 LVerf den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Sind das nun Grundrechte des Einzelnen gegen den Staat? Kann ein einzelner in ihnen verletzt sein? Die Fachgerichte haben derartige Fragen bislang selten klären müssen oder vielleicht auch selten klären wollen, dazu ist nun der Verfassungsgerichtshof berufen.

„Theoretisch kann jede und jeder mit der Befähigung zum Richteramt berufen werden“

123recht.de: Wer entscheidet dort im Verfassungsgerichtshof, kennt man die Richterinnen und Richter?

Rechtsanwalt Hotstegs: Es handelt sich um sieben Mitglieder, eine Präsidentin, eine Vizepräsidentin und fünf weitere gewählte Mitglieder. Die Präsidentin ist nach altem Landesverfassungsrecht zugleich die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts, die Vizepräsidentin ist die Präsidentin des OLG Köln. Diese beiden sind für die Dauer ihrer Amtszeit im Hauptamt berufen und sozusagen im Nebenamt Verfassungsrichterinnen. Die weiteren Mitglieder sind auf die Dauer von zehn Jahren gewählt, zuletzt im Sommer 2018. Es handelt sich dort sowohl um Berufsrichter aus der Verwaltungs-, Finanz-, Sozial- und Zivilgerichtsbarkeit wie auch um Professoren verschiedener Hochschulen und verschiedener Rechtsgebiete.

123recht.de: Es handelt sich also um ein ausschließlich ehrenamtliches Gericht?

Rechtsanwalt Hotstegs: Das Gesetz schweigt dazu. Aber es ist klar, die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs werden nicht hauptamtlich berufen. Sie werden nicht zu Richterinnen oder Richtern des Landes ernannt. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung je nach Sitzungsmonat und Sitzungstagen. Theoretisch kann also jede und jeder mit der Befähigung zum Richteramt berufen werden, sofern ernicht auf Bundes- oder Landesebene bestimmten Gremien (etwa Bundestag, -rat oder Landtag) angehört und sofern er nicht im öffentlichen Dienst tätig ist.

123recht.de: In das Bundesverfassungsgericht wurde jüngst ein Rechtsanwalt und Abgeordneter des Bundestages berufen. Prof. Dr. Stephan Harbarth ist dort nun Vorsitzender des Ersten Senats und Vizepräsident. Wäre das auch für den Verfassungsgerichtshof denkbar?

Rechtsanwalt Hotstegs: Selbstverständlich. Schon jetzt können auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte durch den Landtag zu Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs gewählt werden. Soweit ersichtlich, ist das aber jedenfalls in der jüngeren Vergangenheit nicht vorgekommen. Ich hielte das aber für eine durchaus richtige und gute Wahl. Der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer haben in der Vergangenheit für anwaltliche Expertise am Bundesverfassungsgericht geworben. Die gleichen Argumente greifen auch beim Verfassungsgerichtshof. Auch dort dürfte in Zukunft anwaltliche Expertise hilfreich sein. Warten wir die nächste Jahre ab, ob die jetzt bestehende Größe des Gerichts ausreicht und auch, ob es bei nebenamtlichen Richtern bleiben kann.

123recht.de: Halten Sie hauptamtliche Richter für notwendig?

Rechtsanwalt Hotstegs: Die Zahl der Verfassungsbeschwerden wird hierfür maßgeblich sein. Sieben Richter können nach heutigem Stand entweder als Senat im Plenum entscheiden oder aber auch in Kammern zu drei Richtern unzulässige und offensichtlich unbegründete Verfassungsbeschwerden zurückweisen. Was aber ist, wenn in Zukunft auch zulässige und begründete Verfassungsbeschwerden erhoben werden? Dem Rechtsschutz ist das doch zu wünschen und dann stößt das Gericht an seine Grenzen. Dann braucht es nämlich mehr Arbeitskraft. Entweder hinter den Kulissen durch wissenschaftliche Mitarbeitende oder eben durch mehr Mitglieder oder deren vollständige Arbeitskraft im Hauptamt. Ich finde es spannend, das zu beobachten.

123recht.de: Vielen Dank für diese ersten Einschätzungen.

Robert Hotstegs ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf. Er ist Lehrbeauftragter der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW und Autor des im Januar erscheinenden Handkommentars „Verfassungsbeschwerde.NRW“ (ISBN978-3-7481-5650-5).