Gastbeitrag: 5 Fragen und Antworten zu Stellenbesetzungsverfahren, komba-Info Mönchengladbach, Dezember 2018, S. 3

Ich will befördert werden, wie erreiche ich das?

Es gibt keinen Anspruch auf eine Beförderung. Man muss selbst die Initiative ergreifen, auf Stellenausschreibungen achten und sich bewerben. In Art. 33 Abs. 2 GG ist geregelt, dass der oder die „Beste“ eine freie Stelle bekommt.

Wie findet der Dienstherr den/die „Beste“?

Die Entscheidung trifft der Dienstherr maßgeblich auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilung. Dazu muss nicht immer extra eine Anlassbeurteilung erstellt werden. Gibt es bereits eine aktuelle Regelbeurteilung, kann diese vom Dienstherrn bei der Bewerberauswahl genutzt werden. Es lohnt sich daher schon früh einen kritischen Blick auf die dienstliche Beurteilung zu werfen. Nur wenn sie rechtmäßig ist, hält sie in einem Bewerbungsverfahren stand. Liegt eine rechtswidrige dienstliche Beurteilung der Auswahlentscheidung zugrunde, kann es sein, dass ein Auswahlverfahren scheitert.

Was kann ich tun, wenn ich der Beste bin und mein Dienstherr mich nicht auswählt?

Sobald Sie nach einer Bewerbung die Rückmeldung bekommen, dass ein Konkurrent ausgewählt wurde, müssen Sie schnell sein. Nach Erhalt der sog. „negativen Konkurrentenmitteilung“ läuft eine Frist von zwei Wochen, um sich für die Überprüfung der Auswahl zu entscheiden. Dazu muss man vor dem Verwaltungsgericht eine sog. einstweilige Anordnung beantragen. Das Gericht prüft dann eine mögliche Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs

Nur wenn dieser verletzt ist, muss der Dienstherr nochmal ran und den „Besten“ auswählen. Das Stellenbesetzungsverfahren steht solange still. Ist der Konkurrent aber einmal ernannt, ist es nahezu unmöglich dies rückgängig zu machen.

Also muss mein Dienstherr mich auf diese kurze Frist hinweisen?

In der Regel kündigt der Dienstherr in der Konkurrentenmitteilung an, dass er beabsichtigt, den Konkurrenten nach Ablauf von zwei Wochen zu ernennen. In vielen Fällen bekommen die Bewerber aber gar kein persönliches Anschreiben. Die Rechtsprechung fordert dies zwar und stellt auch Anforderungen an den wesentlichen Inhalt der Mitteilung, die Frage ist aber, ob der Dienstherr diese auch erfüllt. Manch ein Dienstherr informiert auch auf andere Wege – etwa pauschal im Intranet – über Beförderungen. Wichtig ist daher gerade auch bei einer unzureichenden Mitteilung seine Rechte zu kennen.

Was wird mein Dienstherr machen, wenn er mich nicht will aber ich offensichtlich der Beste bin?

Mit der Ausschreibung hat sich der Dienstherr dazu bekannt, dass er für die freie und beschriebene Stelle jemanden benötigt. Ist das Verfahren begonnen, soll am Ende also auch der Beste ernannt werden. Manchmal bricht der Dienstherr ein Auswahlverfahren trotzdem ab. Ein solcher Abbruch ist nicht möglich, nur weil der Dienstherr vielleicht gerade diesen besten Bewerber nicht auf der Stelle will. Vorgeschrieben ist, dass der Dienstherr einen sachlichen Grund für den Abbruch nachvollziehbar darlegen kann, diesen dokumentiert hat und die Bewerber entsprechend informiert. Alle Bewerber müssen eine Abbruchmitteilung erhalten.

Auch hier lohnt es sich wachsam zu sein, denn es läuft wieder eine Frist. Innerhalb von einem Monat nach Zugang muss man sich entscheiden, ob man die Entscheidung über den Abbruch gerichtlich überprüfen lassen will. Gewinnt man im Eilverfahren, wird das Auswahlverfahren mit den ursprünglichen Bewerbern fortgesetzt.

Fazit:

In Konkurrenzsituationen ist es vor allem wichtig, sich über die eigenen Rechte zu informieren. Nicht nur die Fristen sind entscheidend. Es gilt auch, die eigenen Chancen richtig einordnen zu können. Manchmal gelingt dies auch erst nach einer Akteneinsicht. Bevor man ins Blaue hinein vor Gericht zieht, sucht man besser vorher Rat bei der komba Gewerkschaft oder einem Rechtsanwalt.

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Die Autorin Sarah Nußbaum ist Rechtsanwältin in der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Düsseldorf. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Dienstrecht, insbesondere Beamten- und Disziplinarrecht spezialisiert

Die komba gewerkschaft Mönchengladbach bedankt sich ganz herzlich bei Sarah Nußbaum für Ihre Ausführungen.

Alles anders? EuGH-Entscheidung zur Rufbereitschaft als Arbeitszeit, Europäischer Gerichtshof, Pressemitteilung v. 21.02.2018, Az. C – 518/15

Die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und während deren er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb kurzer Zeit Folge zu leisten, ist als „Arbeitszeit“ anzusehen. Das hat der Europäische Gerichtshof heute entschieden. Die Verpflichtung, persönlich an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort anwesend zu sein, sowie die Vorgabe, sich innerhalb kurzer Zeit am Arbeitsplatz einzufinden, schränken die Möglichkeiten eines Arbeitnehmers erheblich ein, sich anderen Tätigkeiten zu widmen.

Folgen hat dies vor allem für Fragen des Arbeitsschutzes (Arbeitszeitregelungen, u.ä.), nicht aber unmittelbar für die Frage des Arbeitsentgelts. Denn der Gerichtshof weist ausdrücklich daraufhin, dass die EU-Richtlinie hierzu keine Vorgaben trifft und auch keine europäische Gesetzgebungszuständigkeit besteht. Der nationale Gesetzgeber kann daher ein niedrigeres Arbeitsentgelt vorsehen, möglicherweise sogar die Nicht-Bezahlung.

Da die EU einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff verwendet, der auch Beamtinnen und Beamte umfasst, ist die Entscheidung auch für Beamte in Deutschland übertragbar.

Die Pressemitteilung führt zusammenfassend aus: „Alles anders? EuGH-Entscheidung zur Rufbereitschaft als Arbeitszeit, Europäischer Gerichtshof, Pressemitteilung v. 21.02.2018, Az. C – 518/15“ weiterlesen

BAG verneint Schutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer: Kein Präv­en­ti­ons­ver­fahren in der Pro­be­zeit, lto.de v. 23.04.2016

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben in der Probezeit keinen Anspruch auf den besonderen Schutz des § 84 Abs. 1 SGB IX. Daran hält das BAG fest. Obwohl die Gesetzessystematik dagegen spricht, erklärt Robert Hotstegs.

Damit schloss sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Ergebnis den Vorinstanzen an. Auch diese hatten die Klage abgewiesen, mit der eine Angestellte des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg ihre Diskriminierung wegen einer Schwerbehinderung geltend machte. (BAG, Urt. v. 21.04.2016, Az. 8 AZR 402/14).

Dabei hatte die mit einem Grad von 50 Schwerbehinderte eigentlich den Wortlaut – oder genauer gesagt: den fehlenden Wortlaut – des Gesetzes auf ihrer Seite.

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Personalrat darf Zustimmung per Email verweigern, Verwaltungsgericht Köln, Beschluss v. 22.08.2014, Az. 33 K 3320/13.PVB

Auf unsere Anforderung hin hat das Verwaltungsgericht Köln eine spannende Entscheidung im Personalvertretungsrecht (Bund) veröffentlicht: danach darf ein Personalrat seine Zustimmung zu einer Personalmaßnahme auch per Email verweigern (§ 69 Abs. 2 S. 5 BPersVG, § 66 Abs. 2 S. 5 LPVG NRW). Genau dies war zwischen Personalrat und Dienststelle streitig. Denn das unterschriebene Original, also die klassische „Schriftform“, ist erst nach Fristablauf bei dem Dienststellenleiter eingegangen. Das Verwaltungsgericht hat sich der Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts angeschlossen. Die Frage bleibt aber weiterhin offen, weil das Verfahren nun beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängig ist.

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Steuerschaden kann eingeklagt werden, Kommentar zum Sächsischen Landesarbeitsgericht, Urteil v. 27.01.2014, Az. 4 Ta 268/13

Kommt es zu Bezügenachzahlungen für Vorjahre, so können diese Zahlungen zusammen mit den laufenden Bezügen im Steuerjahr zu einer progressionsbedingten erhöhten Steuerbelastung führen. Dieser steuerliche Nachteil kann vom Beamten als Schaden geltend gemacht werden (sog. Steuerschaden).

Dass für diesen Steuerschaden bei arbeitsrechtlichen Vergütungsansprüchen der Rechtsweg zum Arbeitsgericht gegeben ist, hat in diesem Jahr das Sächsische Landesarbeitsgericht entschieden. „Übersetzt“ auf das Beamtenrecht sind für Steuerschäden die Verwaltungsgerichte zuständig. Hierzu gibt es auch vereinzelte Rechtsprechung. „Steuerschaden kann eingeklagt werden, Kommentar zum Sächsischen Landesarbeitsgericht, Urteil v. 27.01.2014, Az. 4 Ta 268/13“ weiterlesen

ein Streit um Lehraufträge an Hochschulen ist öffentlich-rechtlich, Arbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 25.08.2014, Az. 4 Ca 2399/14

Nur selten stellt sich im öffentlichen Dienst die Frage der Rechtswegzuständigkeit. Für Arbeitsverträge sind die Arbeitsgerichte zuständig, für Beamten-, Richter- und Soldatendienstverhältnisse die Verwaltungsgerichte oder Spezialgerichte (Richterdienstgericht, Truppendienstgericht, etc.).

Rechtsprechung und Gesetzgeber machen allerdings auch gelegentlich Gebrauch von sogenannten „öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen eigener Art“. Hierunter fallen etwa Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (§ 30 JAG NRW i.V.m. § 6 Abs. 1 LBG NRW) oder auch Lehrbeauftragte an Hochschulen (§ 43 HG NRW bzw. § 36 KunstHG NRW).

Auch für diese sind allein die Verwaltungsgerichte zuständig, entschied nun das Arbeitsgericht Düsseldorf in einem aktuellen Fall.

Nach der Verweisung hat die Klägerin die Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Az. 15 K 6195/14) zurückgenommen. Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. „ein Streit um Lehraufträge an Hochschulen ist öffentlich-rechtlich, Arbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 25.08.2014, Az. 4 Ca 2399/14“ weiterlesen

Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter, EuGH, Urteil v. 12.06.2014, Az. C-118/13

Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, die für den Fall des Todes des Arbeitnehmers die Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub ausschließen

Die Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung sieht vor, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat und dass dieser Urlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf. „Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter, EuGH, Urteil v. 12.06.2014, Az. C-118/13“ weiterlesen

ändern sich die Anforderungen an Tagesordnungen von Personalräten?, Anmerkung zu Bundesarbeitsgericht, Beschluss v. 09.07.2013, Az. 1 ABR 2/13

Das Personalvertretungsrecht in Bund und Ländern ist in weiten Teilen dem arbeitsrechtlichen Betriebsverfassungsrecht ähnlich. Teilweise übernehmen bei privatisierten Unternehmen (Bahn, Post, Telekom, Postbank) auch Betriebsräte die Aufgabe der Personalräte. Auch die prozessualen Vorschriften verweisen aufeinander.

Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass arbeitsrechtliche Entscheidungen und Verfahren auch für das Beamtenrecht erhebliche Auswirkungen haben können.

Mit Neugier verfolgen wir daher ein Verfahren, das derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängig ist. Dort wirft der 1. Senat die Frage auf, ob Betriebsratsbeschlüsse auch gültig sein können, wenn der Punkt nicht in der Tagesordnung aufgeführt war. „ändern sich die Anforderungen an Tagesordnungen von Personalräten?, Anmerkung zu Bundesarbeitsgericht, Beschluss v. 09.07.2013, Az. 1 ABR 2/13“ weiterlesen

Fragerecht an einen Stellenbewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren, Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 15.11.2012, Az. 6 AZR 339/11

Ein privater Arbeitgeber darf den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Eine solche unspezifizierte Frage verstößt gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch und verneint der Bewerber in Wahrnehmung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts wahrheitswidrig, dass gegen ihn Ermittlungsverfahren anhängig waren, darf der Arbeitgeber das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis nicht wegen dieser wahrheitswidrig erteilten Auskunft kündigen. „Fragerecht an einen Stellenbewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren, Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 15.11.2012, Az. 6 AZR 339/11“ weiterlesen

Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen – Dritter Weg, Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung v. 20.11.2012, Az. 1 AZR 179/11

Verfügt eine Religionsgesellschaft über ein am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes Arbeitsrechtsregelungsverfahren, bei dem die Dienstnehmerseite und die Dienstgeberseite in einer paritätisch besetzten Kommission die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten gemeinsam aushandeln und einen Konflikt durch den neutralen Vorsitzenden einer Schlichtungskommission lösen (sog. Dritter Weg), dürfen Gewerkschaften nicht zu einem Streik aufrufen. Das gilt jedoch nur, soweit Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden sind und das Verhandlungsergebnis für die Dienstgeberseite als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist. „Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen – Dritter Weg, Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung v. 20.11.2012, Az. 1 AZR 179/11“ weiterlesen