Hambacher Forst: NRW machte RWE rechtlich fragwürdiges Angebot, jungewelt.de v. 26.11.2019

Hannover. Der Energiekonzern RWE und die Landesregierung Nordrhein-Westfalens haben bei der Räumung des Hambacher Forst im Herbst 2018 offenbar hinter den Kulissen deutlich enger zusammengearbeitet als bislang bekannt. Das Verbraucherportal »Frag den Staat« hat auf eine Anfrage per Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Dokumente erhalten und am Dienstag veröffentlicht, wie Heise online berichtete. Demnach hat das Innenministerium dem Energiekonzern ein rechtlich umstrittenes Angebot gemacht, um den Abriss der von Aktivisten bewohnten Baumsiedlungen voranzutreiben.

Laut den Unterlagen zu gemeinsamen Absprachen bot das von Herbert Reul (CDU) geführte Ressort im Hochsommer vorigen Jahres an, Bilder und GPS-Standorte der Baumhäuser weiterzugeben. RWE sollte damit in Eigenregie zivilrechtliche Räumungsanträge stellen. Die von der Polizei Aachen stammenden Daten hätten es ermöglicht, die Position der Holzbauten sehr genau zu bestimmen. Dies wäre laut dem Angebot die Basis gewesen für »schlüssige« und damit rechtssichere Räumungsanträge. Zuvor hatte RWE ins Feld geführt, selbst nicht an die erforderlichen Informationen herankommen zu können.

Der Verwaltungsrechtsexperte Robert Hotstegs bezeichnete den Vorgang gegenüber »Frag den Staat« als einmalig: »Eine Behörde assistiert ohne jegliche rechtliche Verpflichtung oder Ermächtigung einem privaten Unternehmen dabei, privatrechtlich gegen Dritte vorzugehen«. Aus den Akten geht aber auch hervor, dass RWE an der Umsetzbarkeit des Plans aus dem Innenministerium zweifelte und sich nicht darauf einließ. Das Unternehmen schätzte die Gefahr als zu hoch ein, dass Richter auf den Polizeidaten beruhende Räumungsanträge ablehnen würden, da die für einen entsprechenden Titel benötigten bürgerlichen Namen vieler Waldbewohner nicht bekannt seien. Letztlich ließ das Innenressort den Forst durch die Polizei selbst räumen und verwies dabei auf den Brandschutz und angeblich akut drohende Gefahren. (jW)