Akteneinsicht in Personalakte auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 16.11.2010, Az. 9 AZR 573/09

Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Hierzu zählt auch das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ein Recht auf Akteneinsicht in die Personalakte. Dies hat nun das Bundesarbeitsgericht deutlich gemacht.

Der Kläger in dem entschiedenen Verfahren war bei einem Versicherungsunternehmen vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007 als Schadensbüroleiter beschäftigt. Das Unternehmen führt die Personalakte des Klägers weiter. Nach Vertragsende teilte ihm eine Personalbearbeiterin im Rahmen einer Zeugnisauseinandersetzung mit, dass Gründe vorhanden seien, die auf seine mangelnde Loyalität schließen ließen. Der Kläger verlangt Einsicht in seine Personalakte. Die Beklagte verweigert dies mit Hinweis auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers war vor dem Neunten Senat erfolgreich. Er verurteilte die Beklagte, dem Kläger Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. Der Arbeitnehmer hat auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes Interesse daran, den Inhalt seiner fortgeführten Personalakte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Der Anspruch folgt allerdings nicht aus § 34 BDSG. Die dort geregelten Ansprüche auf Auskunft und Einsicht gelten noch nicht für nur in Papierform dokumentierte personenbezogene Daten. Zurzeit befindet sich ein entsprechendes Änderungsgesetz in der parlamentarischen Beratung.

 

Kurzkommentar:

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist insbesondere für Angestellte im öffentlichen Dienst von besonderem Interesse. Denn während bislang nur für das Beamtenrecht aufgrund spezieller gesetzlicher Regelungen (so verweist das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich auf § 110 BBG) die Frage der nachträglichen Akteneinsicht entschieden ist, war diese Frage für Arbeitsverhältnisse bislang ungeklärt. Dies war umso gravierender, als aber auch im öffentlichen Dienst ein Wechsel zu einem anderen öffentlichen Arbeitgeber vorkommt und auch eine spätere Verbeamtung möglich ist. Gerade in diesen Fällen würde dann auch der zukünftige Dienstherr Akteneinsicht in die Personalakte erhalten, obwohl dem ehemaligen Angestellten das gleiche Recht nicht in jedem Fall zugebilligt wurde. Hier schafft die Entscheidung nun Klarheit.

 

Zum Volltext der Entscheidung hier.