Neuer Streit um Feuerwehr-Überstunden, Rheinische Post v. 27.07.2015

Düsseldorf. Mit einem Musterprozess, der die Stadt bis zu sieben Millionen Euro extra kosten könnte, flammt der Streit um die Überstundenbezahlung von Feuerwehrleuten jetzt neu auf.

Wulf Kannegiesser

Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf prüft am 21. August auf Klage eines Feuerwehrbeamten, auf welcher Basis die Stadt die Mehrarbeit von rund 800 Wehrleuten abrechnen muss. Bis 2013 waren nach einer so genannten Opt-Out-Regelung 20 Euro pro Zusatzschicht gezahlt worden. Doch der Kläger (38) will nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung bezahlt werden. Demnach hätte er für seine Zusatzschichten rund 8500 Euro zu wenig erhalten. Kläger-Anwalt Robert Hostegs, der nach eigenen Angaben rund 35 weitere Feuerwehrleute vertritt, sieht in diesem Musterprozess „eine Sprengkraft, die weit über Düsseldorf hinausgeht“. Unter Umständen müsse das Bundesverfassungsgericht für Klarheit sorgen.

Ein Streit um die Vergütung von Überstunden gab es vor mehr als zwei Jahren schon einmal. Damals eskalierte er schließlich, als ein Feuerwehrmann bei Facebook Kritik am damaligen Oberbürgermeister Dirk Elbers übte und andere diesen Beitrag auf der Seite lobten. Elbers suspendierte die Männer, nahm dies nach massivem öffentlichen Druck zurück und fand schließlich eine Einigung. Für 2002 bis 2005 wurden jedem Feuerwehrbeamten pauschal 7000 Euro nachgezahlt, der Überstundenausgleich für 2006 kostete die Stadt noch einmal 2,4 Millionen Euro.

Neuer Zündstoff

Gingen die damaligen Stadtoberen davon aus, der Streit sei damit endgültig gelöst, lauerte im Kleingedruckten schon der nächste Zündstoff. Der Landtag hatte die Berechnung künftiger Überstunden per „Opt-Out-Pauschale“ beschlossen. Sind laut EU-Recht lediglich bis zu 48 Wochenstunden Arbeitszeit erlaubt, konnte jeder Beamte diese Obergrenze per freiwilliger Verzichtserklärung („Opting-Out“) auf bis zu 54 Wochenstunden ausdehnen. Die dafür gezahlte 20-Euro-Pauschale pro Zusatzschicht wurde zu Jahresbeginn 2014 auf 30 Euro angehoben.

Gingen die damaligen Stadtoberen davon aus, der Streit sei damit endgültig gelöst, lauerte im Kleingedruckten schon der nächste Zündstoff. Der Landtag hatte die Berechnung künftiger Überstunden per „Opt-Out-Pauschale“ beschlossen. Sind laut EU-Recht lediglich bis zu 48 Wochenstunden Arbeitszeit erlaubt, konnte jeder Beamte diese Obergrenze per freiwilliger Verzichtserklärung („Opting-Out“) auf bis zu 54 Wochenstunden ausdehnen. Die dafür gezahlte 20-Euro-Pauschale pro Zusatzschicht wurde zu Jahresbeginn 2014 auf 30 Euro angehoben.

Der jetzige Muster-Kläger moniert aber, dass er nach einer anderen Regelung, der Mehrarbeitsvergütungsverordnung für die Jahre 2010 bis Ende 2013 deutlich mehr erhalten hätte, nach seiner Rechnung 8508,14 Euro. Sein Anwalt Robert Hostegs erklärt dazu: Die Feuerwehrleute hätten sich mit der Stadt inzwischen darauf geeinigt, nicht jede einzelne Feuerwehrklage durchzuführen, sondern diesen Prozess des 38-jährigen Beamten als Musterklage anzusehen. Verwaltungsrechtler Hostegs hält die vom Landtag beschlossene Pauschale „grundsätzlich für verfassungswidrig“, weil die geltende Mehrarbeitsvergütungsverordnung unterlaufen würde – zu Lasten der Feuerwehrbeamten.

Da in NRW aber nicht nur die Stadt Düsseldorf, sondern nahezu sämtliche Gemeinden und Kommunen auf Basis der „Opt-Out-Pauschale“ seit Jahren mit ihren Rettungskräften abgerechnet hätten, sieht Anwalt Hostegs eine landesweite Kostenlawine auf etliche Stadtkassen zurollen.

Um die Rechtslage grundsätzlich prüfen zu lassen, wurde der Hamburger Rechtswissenschafts-Professor Frank-Rüdiger Jach mit einem Rechtsgutachten beauftragt, dessen Ergebnis in diesen Tagen erwartet wird. Von dieser neutralen Einschätzung erhofft sich Kläger-Anwalt Hotstegs dann die nötige Rückendeckung, um nicht nur die Stadt, sondern auch das Verwaltungsgericht dazu bringen, das ganze Verfahren abzugeben ans Bundesverfassungsgericht. Denn erst dort ließe sich laut Hotstegs endgültig klären, ob eine Stadt oder Gemeinde zwischen zwei Regelungen für die Zusatzschichten-Bezahlung von Feuerwehrbeamten jahrelang die für sie billigere Variante wählen durfte – oder ob jetzt doch Millionenbeträge an alle Wehrleute nachgezahlt werden müssen. Für Stellungnahmen dazu waren der Feuerwehr-Betriebsrat und die Komba-Gewerkschaft bisher nicht erreichbar, die Stadt konnte gestern auf Anfrage keine Stellungnahme zum Fall abgeben.

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