Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit nach Verweigerung der ärztlichen Begutachtung, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.2013, Az. 2 C 68/11

Eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen der Weigerung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, ist nur dann rechtmäßig, wenn die Untersuchungsanforderung als solche rechtmäßig ist.
Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 30.05.2013 entschieden und zugleich zu den Anforderungen, die an eine Untersuchungsaufforderung zu stellen sind, Stellung genommen. Nach § 33 Abs. 1 Landesbeamtengesetz NRW ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn Zweifel über die Dienstfähigkeit des Beamten bestehen. Zu der Frage, wann derartige Zweifel zu bejahen sind, führt das Bundesverwaltungsgericht aus:

„Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen […] Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen […]. Die Feststellung, die für die Anordnung sprechenden Gründe ’seien nicht aus der Luft gegriffen‘, reicht für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung nicht aus. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind […]. Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, ‚worum es geht‘. […] Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend […]. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen.“

Dieses Urteil bedeutet indes nicht, dass ein Beamter sich einer Aufforderung zur amtsärztlichen Begutachtung im Vertrauen auf deren Rechtswidrigkeit widersetzen darf. Ob die vom Bundesverwaltungsgericht dargelegten Anforderungen an die Untersuchungsaufforderung erfüllt sind, ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalles und bedarf nach wie vor einer Überprüfung im Wege des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage.