Voll im Dienst – nur Teilzeit für die Versorgung relevant, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 02.05.2024, Az. 2 C 13.23

Aus unterschiedlichen Gründen kann es dazu kommen, dass ein:e Beamt:in Teilzeit bewilligt bekommen hat, aber über die Teilzeit hinaus – sogar bis zur Vollzeit – Dienst verrichtet. Hier sind Konstellationen der Überstunden und Mehrarbeit einerseits denkbar, andererseits aber auch „geplante“ Vollzeit, weil der Dienst zur Ansparung für ein Altersteilzeitmodell verwendet werden soll. Kommt es dann zu einer Störung in der geplanten Umsetzung, stellt sich die Frage, ob der tatsächlich geleistete Dienst bei der Berechnung der Versorgungsbezüge anzusetzen ist oder nur die bewilligte Teilzeit.

Im konkreten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht darüber zu entscheiden, wie ein freiwilliger Wechsel in ein anderes Ruhestandsmodell zu bewerten war. Das Gericht hat ausschließlich auf die Teilzeit abgestellt.

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

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Streitwertkatalog der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit

In der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit findet seit vielen Jahren schon der „Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit“ Anwendung. Er wurde zuletzt in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen veröffentlicht und befindet sich schon seit einiger Zeit in der Überarbeitung. Mit dem Katalog werden – soweit nicht auf gesetzliche Bestimmungen hingewiesen wird – Empfehlungen ausgesprochen, denen das Gericht bei der Festsetzung des Streitwertes bzw. des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit (§ 33 Abs. 1 RVG) aus eigenem Ermessen folgt oder nicht. Das bedeutet im Klartext: Abweichungen sind jedem Gericht jederzeit möglich.

Gleichzeitig bietet der Katalog aber auch die Gewähr dafür, dass der Rechtsuchende mit einer gewissen Verlässlichkeit seine prozessualen und finanziellen Chancen und Risiken einschätzen und kalkulieren kann.

Ein Gegenstück für die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit der ev. Kirche fehlt. Es ist aber aus unserer anwaltlichen Sicht dringend erforderlich, weil kirchliche Rechtsprechung sich zum Teil grundsätzlich von staatlicher Rechtsprechung löst (so etwa im kirchlichen Disziplinarrecht) oder weil Gegenstände des Kirchenrechts (wie etwa der Wartestand) im staatlichen Recht nicht entschieden worden sind.

Die kirchlichen Gerichte sind ehrenamtlich organisiert, sie sind mit Volljurist:innen und – je nach Prozessordnung – auch ergänzend mit Pfarrer:innen oder mit Laien besetzt. Die Kirche hat sich im Laufe der Zeit ein immer stärkeres Vorbild am staatlichen Prozessrecht genommen.

Gleichwohl verweigern die Kirchengerichte die Übernahme staatlicher Gerichtspraxis im Hinblick auf Streit- und Gegenstandswerte, sowie die Kostenerstattungsverfahren. (ausführlich: Hotstegs, „Mein Gott!“ – Kosten und Kostenerstattung vor Kirchengerichten, ZAP 2018, 583)

Die im Mandat geschuldete Prognose der Verfahrenskosten ist so seriös im Vorhinein nicht möglich.

(Nur am Rande: gleiches gilt auch für Gerichtskosten.1Häufig werden diese nicht erhoben. Werden sie aber erhoben, verbergen sich auch dort Überraschungen. So macht etwa die Disziplinarkammer der evangelischen Landeskirche Württembergs auch Kosten für die „Bereitstellung von Räumen“ geltend. Hinter dieser Position, die im staatlichen Recht unter Ziff. 9006 der Anlage 1 zum GKG ihren Ursprung findet, verbergen sich schlicht Mieten für Säle, die die Disziplinarkammer selbst nutzt, sowie Beratungsräume für die Kammer, sowie die beteiligten Parteien. Im Unterschied nur zum staatlichen Recht, das von einem existierenden Gerichtsgebäude ausgeht, in dem keine Mieten anfallen, verfügt die kirchliche Disziplinarkammer in Stuttgart über keinen festen Beratungssaal. Die Ausnahmevorschrift der Vollkostenerstattung zu Lasten einer Partei wird daher überraschend zur Regel erhoben. Verhindern lässt sich dies nicht. Erahnen ebenfalls kaum.)

Bleiben schließlich zwei Probleme für die im Kirchenrecht beratenen Rechtsanwält:innen: unberechenbare Streitwerte und überlange Verfahren.

Wir haben daher eine – naturgemäß unvollständige – Liste aufgestellt, in der wir aus unserer anwaltlichen Sicht wesentliche Entscheidungen zum Gegenstandswert bzw. Streitwert zusammengestellt haben. Wir sind bemüht, diese Datenbank regelmäßig zu erweitern, zu ergänzen und zu aktualisieren. Bitte wenden Sie sich bei Fragen, Vorschlägen und auch gerne zur Einsendung eigener Streitwertentscheidungen direkt an Rechtsanwalt Robert Hotstegs.

Stand der Bearbeitung: 23.09.2024

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Versetzung eines Richters in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege, Bundesgerichtshof, Dienstgericht des Bundes, Urteil v. 05.10.2023, Az. RiZ(R) 1/23

Das Dienstgericht des Bundes hat in seiner heutigen Entscheidung wesentliche Rechtsgrundsätze dazu aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen die politische Betätigung eines Richters seine Versetzung gemäß § 31 DRiG im Interesse der Rechtspflege rechtfertigen kann.

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Kein Lebensarbeitszeitkonto für Richter, Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung v. 12.01.2023, Az. 2 C 22.21

Richter haben keinen Anspruch auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos und auf Gutschrift von Zeitguthaben. Deshalb ist nach Eintritt in den Ruhestand auch für einen finanziellen Ausgleichsanspruch gegen den Dienstherrn kein Raum. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Justizdienst des beklagten Landes Hessen, zuletzt als Richter am Landgericht. Noch während seines aktiven Richterdienstes stellte er einen Antrag auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos sowie auf Gutschrift eines Zeitguthabens entsprechend den Regelungen für Hessische Landesbeamte. Antrag, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Ein finanzieller Ausgleichsanspruch wegen unterbliebener Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos besteht nicht. Die einschlägigen Vorschriften für hessische Beamte sind auf den Kläger als Richter nicht anwendbar. Richter müssen sich ebenso wie Beamte mit ihrer ganzen Kraft dem Amt widmen. Der Umfang des geschuldeten richterlichen Einsatzes wird aber nach Arbeitspensen bemessen und richtet sich – anders als bei Beamten – nicht nach konkret vorgegebenen Arbeits- bzw. Dienstzeiten. Ein Lebensarbeitszeitkonto setzt jedoch die normative Festlegung einer Wochenarbeitszeit voraus.

Pressemitteilung Nr. 3/2023

Schadensersatz wegen verzögerter Reaktivierung eines vorzeitig pensionierten Beamten, Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung v. 15.11.2022, Az. 2 C 4.21

Wird ein wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzter Beamter wieder dienstfähig und beantragt er seine Reaktivierung (erneute Berufung in das aktive Beamtenverhältnis), hat der Dienstherr dem Antrag zu entsprechen, sofern dem nicht ausnahmsweise zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. In diesem Rahmen hat der Dienstherr nur zu prüfen, ob es an jeglicher zumutbaren Verwendungsmöglichkeit fehlt. Dagegen darf er die Reaktivierung nicht solange hinausschieben, bis er tatsächlich einen dem Statusamt des Beamten entsprechenden Dienstposten gefunden hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger, ein Studiendirektor, wurde wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Im darauffolgenden Jahr stellte der Dienstherr im Anschluss an eine amtsärztliche Untersuchung die volle Wiederherstellung der Dienstfähigkeit fest. Knapp sieben Monate später – nachdem für ihn eine Einsatzschule gefunden war – wurde der Kläger reaktiviert.

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Anspruch auf Generalsdienstposten nach förderlicher Auswahlentscheidung, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 06.09.2022, Az. 1 WB 29.21

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Dienstag in einer interessanten Konstellation darüber entschieden, dass die letzte Versetzung eines Soldaten vor seiner Versetzung in den Ruhestand rechtswidrig war. Häufig besteht in derartigen Konstellationen schon kein Rechtsschutzbedürfnis, weil der frühere Soldat / die frühere Soldatin nicht (mehr) in ihren Rechten verletzt ist und ein sogenanntes Fortsetzungsfeststellungsinteresse häufig nicht zur Überzeugung der Gerichte dargelegt werden kann. Auch ist es häufig schwierig die hier festgestellte „Anwartschaft auf eine Beförderung“ darzulegen.

Im vorliegenden Fall eröffnet aber die Beweisaufnahme und die nun getroffene Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts sogar die Möglichkeit für den Betroffenen vor den ordentlichen Verwaltungsgerichten eine nachträgliche Beförderung bzw. Schadensersatz hierfür zu erstreiten.

Weil derartige Fragestellungen grundsätzliche Bedeutung haben, ist davon auszugehen, dass der Rechtsstreit womöglich durch alle Instanzen geführt wird. Dann könnte er auch am Ende erneut beim Bundesverwaltungsgericht landen, zuständig wäre dann dort aber der Beamtenrechtssenat.

Die Pressemitteilung Nr. 55/2022 vom 06.09.2022 lautet im Volltext:

„Anspruch auf Generalsdienstposten nach förderlicher Auswahlentscheidung, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 06.09.2022, Az. 1 WB 29.21“ weiterlesen

Wann ist eine Lehrerin eine Lehrkraft?, Verwaltungsgericht Trier, Urteil v. 16.08.2022, Az. 7 K 1500/22.TR

Porta Nigra, Trier

Sind alle Lehrerinnen und Lehrer Lehrkräfte? Die Frage ließe sich bei einer Umfrage in der Öffentlichkeit wohl schnell und eindeutig mit „Ja“ beantworten. Tatsächlich kommt das Verwaltungsgericht Trier in einer aktuellen Entscheidung zum gegensätzlichen Ergebnis. Denn Lehrkräfte seien nur diejenigen, die auch in Schulen im Unterricht eingebunden seien, sozusagen „Dienst an der Tafel“ tun (auch wenn der Unterricht heute typischerweise anders aussieht). Für diese halte das Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz eine vorgezogene Altersgrenze für den Ruhestand bereit. Nicht begünstigt würden aber diejenigen, die nicht mehr im Schulbetrieb tätig sind.

Die Rückfrage stellt sich daher: welche Lehrer:innen gäbe es denn sonst und kann das Ergebnis richtig sein?

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Keine Beteiligung des Integrationsamtes bei der Versetzung schwerbehinderter Lebenszeitbeamter in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 07.07.2022, Az. 2 A 4.21

Die Zurruhesetzung eines schwerbehinderten Beamten auf Lebenszeit wegen Dienstunfähigkeit bedarf nicht der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes nach § 168 SGB IX. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger ist Regierungsobersekretär (Besoldungsgruppe A7 BBesO) im Bundesdienst und wird beim Bundesnachrichtendienst verwendet. Aufgrund eines Autounfalls mit anschließender durchgehender „Arbeitsunfähigkeit“ veranlasste der Bundesnachrichtendienst die amts- sowie fachärztliche Untersuchung des Klägers. Bereits zum Zeitpunkt der Einleitung des Zurruhesetzungsverfahrens war er als Schwerbehinderter im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt. Die Zurruhesetzung des Klägers wegen Dienstunfähigkeit erfolgte ohne vorangehende Beteiligung des Integrationsamtes.

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im Ruhestand kein Eilverfahren gegen das vorläufige Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 11.10.2018, Az. 26 L 2528/18

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat im Rahmen eines Eilverfahrens schnell und knapp bestätigt, dass ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gem. § 39 S. 1 BeamtStG gegenstandslos wird, sobald der Beamte (wirksam) in den Ruhestand versetzt wurde.

Damit bestätigt es das Vorgehen des Dienstherrn, einen Beamten vorläufig zu suspendieren, bis er entscheiden konnte, den Beamten wegen der dann festgestellten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen.

In dem vorliegenden Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Beamten zu Recht bereits wegen dem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt und darauf hingewiesen, dass sich der Rechtsschutz in das gegen die Ruhesetzungsverfügung gerichtete Klageverfahren verlagert. „im Ruhestand kein Eilverfahren gegen das vorläufige Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 11.10.2018, Az. 26 L 2528/18“ weiterlesen

Quantensprung: Beamte genießen Freizügigkeit in der EU und ab sofort eine höhere Nachversicherung, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 26.02.2018, Az. 23 K 6871/13

Wenn Beamte ihren Dienst in Deutschland – egal ob beim Bund oder in den Bundesländern oder Gemeinden – quittierten und in den öffentlichen Dienst eines anderen EU-Mitgliedstaates eintraten, wurden sie dafür bestraft. Nicht im Sinne eines Strafgesetzes, aber bislang finanziell. Denn die allermeisten von Ihnen hatten erhebliche Renten- und Versorgungsnachteile hinzunehmen. (siehe auch Beamtenversorgungsrecht auf dem Prüfstand vor dem EuGH, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 16.04.2015, Az. 23 K 6871/13)

Das ergab sich aus den völlig miteinander unvereinbaren Systemen von Versorgung der Beamten einerseits und Rente für Angestellte andererseits. Während die Versorgung erdient wird und sich an der Besoldung der letzten zwei Jahre orientiert (bei frühem Eintritt in den Ruhestand aber Abschläge vorsieht), stellt die Rente auf die eingezahlten Rentenbeiträge und Beitragsjahre ab. „Quantensprung: Beamte genießen Freizügigkeit in der EU und ab sofort eine höhere Nachversicherung, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 26.02.2018, Az. 23 K 6871/13“ weiterlesen