Behörde muss über Rechtsschutzbegehren eines Richters auf Erstattung von Strafverteidigerkosten neu entscheiden, Verwaltungsgericht Darmstadt, Urteil v. 26.04.2012, Az. 1 K 557/10.DA

Die für öffentliches Dienstrecht zuständige 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt hat einen Fall entschieden, in dem es um die Frage ging, ob ein Richter, der im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt wurde, von seinem Dienstherrn die Erstattung der von ihm verauslagten Kosten eines Strafverteidigers verlangen kann.

Ein Rechtsanwalt hatte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Darmstädter Strafrichter im Zusammenhang mit der Anordnung der Vorführung eines Zeugen erhoben und zugleich angeregt, das Verhalten des Richters strafrechtlich überprüfen zu lassen. Die seitens des Justizministeriums eingeschaltete Staatsanwaltschaft hatte daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen den Richter wegen des Verdachts der Rechtsbeugung eingeleitet, in dessen Verlauf der Richter zur Wahrung seiner Rechte die Hilfe eines Strafverteidigers in Anspruch nahm. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren endete mit einer Einstellung, da keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Richter habe eine Rechtsbeugung begangen, vorliegen würden.

Der Richter wandte sich daraufhin an seinen Dienstherrn unter Hinweis auf dessen Fürsorgepflicht mit der Bitte um Übernahme der entstandenen Anwaltskosten in Höhe von ca. 600 EUR. Diesen Antrag lehnte die Behörde ab. Zwar sei es grundsätzlich möglich, in derartigen Fällen einem Beamten oder Richter Rechtsschutz dadurch zu gewähren, dass die Kosten der Rechtsverteidigung vom Land Hessen übernommen würden. In dem einschlägigen Erlass sei allerdings bestimmt, dass bei der Prüfung des Erstattungsbegehrens die Einkommensverhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen seien. Hier komme eine Erstattung nur in Betracht, wenn die Aufwendungen höher seien als 1.280 EUR; bis zu dieser Grenze müsse der Richter die Kosten des Strafverteidigers selbst tragen. Nachdem der gegen diese Entscheidung erhobene Widerspruch ebenfalls erfolglos blieb, erhob der Richter Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt.

Das Gericht geht in seinem Urteil vom 26.04.2012, dessen Entscheidungsgründe nunmehr vorliegen, zwar davon aus, dass die Gewährung eines entsprechenden Vorschusses zur Begleichung der Kosten für einen Strafverteidiger von der Höhe des Einkommens des betroffenen Richters abhängig gemacht werden könne und der Richter sich regelmäßig darauf verweisen lassen müsse, insoweit zunächst in Vorlage zu treten. Werde das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren allerdings endgültig eingestellt, weil sich der ursprüngliche Tatverdacht nicht bestätigt habe, so sei auch nach der bestehenden Erlasslage von der Behörde zusätzlich zu prüfen, ob aus Gründen der Billigkeit die Kosten der Rechtsverteidigung nicht doch insgesamt und unabhängig vom Einkommen des Richters vom Dienstherrn zu übernehmen seien. Insbesondere erscheine es in diesem Zusammenhang unbillig, den Richter mit Kosten zu belasten, die ihm Zusammenhang mit einer korrekten dienstlichen Tätigkeit entstanden seien.

Im vorliegenden Fall habe es die Behörde offensichtlich versäumt, diese Billigkeitsprüfung vorzunehmen, denn sie habe ihre ablehnende Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, dass der Richter die maßgebliche Einkommensgrenze überschritten habe.

Das Gericht hat daher den ablehnenden Bescheid aufgehoben und den Dienstherrn verpflichtet, über den Antrag des Richters auf Übernahme der von ihm verauslagten Kosten des Strafverteidigers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Dabei wird die Behörde in besonderer Weise zu berücksichtigen haben, dass das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren möglicherweise voreilig eingeleitet worden war.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, das Land Hessen kann bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Das Verfahren trägt das Aktenzeichen 1 K 557/10.DA.