Erste Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über eine Individualverfassungsbeschwerde, Verfassungsgerichtshof NRW, Pressemitteilung v. 03.05.2019, Az. VerfGH 2/19.VB-2

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat erstmals über eine Individualverfassungsbeschwerde entschieden. Der Volltext der Entscheidung ist noch nicht veröffentlicht.

Mit Beschluss vom 30. April 2019 hat das Gericht einer Verfassungsbeschwerde, die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe gerichtet war, wegen der Verletzung des Rechts auf Rechtsschutzgleichheit stattgegeben.

Das bei dem Verwaltungsgericht Köln anhängige Ausgangsverfahren betrifft die vom Landschaftsverband Rheinland abgelehnte Gewährung von Blindengeld. Parallel führt die an einer hochgradigen Sehbehinderung leidende Beschwerdeführerin aus Köln ein Verfahren bei dem Sozialgericht Köln wegen der verweigerten Zuerkennung des Merkzeichens „Bl“ (Blindheit). Der Verfassungsgerichtshof hat die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln über die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrages der Beschwerdeführerin sowie des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen über die Zurückweisung ihrer Beschwerde aufgehoben und das Verfahren an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.

Das Verwaltungsgericht hatte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter anderem mangels hinreichender Aussicht der Klage auf Erfolg abgelehnt. Zuvor hatte es allerdings das Verfahren ausgesetzt, weil der Ausgang des vor dem Sozialgericht Köln wegen des Merkzeichens geführten Verfahrens, in dem der Beschwerdeführerin Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, vorgreiflich sei. Darüber hinaus hatten sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht Erwägungen dazu angestellt, inwieweit es der an einer hochgradigen Sehbehinderung leidenden Beschwerdeführerin zumutbar sei, ihre Rechte ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts wahrzunehmen.

Der Verfassungsgerichtshof hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu der fehlenden Erfolgsaussicht der Klage nicht mit seiner rechtlichen Würdigung vereinbar seien, die der Aussetzung des Verfahrens zugrunde gelegen habe. Soweit die Gerichte von der Beschwerdeführerin erwartet hätten, ihre Rechte ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts wahrzunehmen, seien die entsprechenden Möglichkeiten der Klägerin nicht hinreichend aufgeklärt und die konkrete Situation der stark sehbehinderten Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Seit dem 1. Januar 2019 hat jeder die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zu erheben, um seine durch die Landesverfassung garantierten Rechte gegenüber dem Land durchzusetzen.