Feuerwehrmann geht leer aus, Spiegel v. 24.08.2015

Überstunden-Klage

Wie viel sind Überstunden wert? Ein Feuerwehrmann aus Düsseldorf wollte Extra-Geld für seine 54-Stunden-Woche – nachträglich und für mehrere Jahre. Das Gericht hat seine Klage nun abgewiesen.

Pro Woche 54 Stunden arbeiten? Was für die meisten Arbeitnehmer kaum vorstellbar scheint, ist für viele Feuerwehrleute normal. Wie hoch die Entlohnung für ihre Mehrarbeit sein sollte, ist allerdings strittig, wie ein Fall aus Düsseldorf zeigt. Dort hat das Verwaltungsgericht die Klage eines Feuerwehrbeamten abgelehnt, der die Stadt auf Zahlung von 8500 Euro verklagt hatte.

Der Beamte hatte den Überstunden zunächst zugestimmt. Ende 2006 zeigte er sich bereit, 54 Stunden wöchentlich zu arbeiten, und zwar in 24 Stunden-Schichten. Möglich machte das eine EU-Richtlinie, nach der Abweichungen von der grundsätzlich vorgesehenen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden möglich sind – vorausgesetzt, Arbeitnehmer erklären sich schriftlich einverstanden.

Das tat der Beamte, wie auch alle anderen bei der Stadt tätigen Düsseldorfer Feuerwehrleute. Zum Ausgleich erhielten sie pro Schicht 20 Euro extra.

Gut sechs Jahre später, Mitte 2013, widerrief der Mann seine Einverständniserklärung jedoch und verlangte von der Stadt Düsseldorf nachträglich eine höhere Bezahlung. Die Regelung verstoße sowohl gegen das Europarecht als auch gegen das Verfassungsrecht, begründete er die Klage. Nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung hätte die Stadt ihm deutlich mehr als die kleine 20-Euro-Pauschale überweisen müssen.

„Feuerwehrbeamte gelten als ‚treu und doof'“

Doch das Verwaltungsgericht Düsseldorf sieht das anders. Der Kläger hätte seine Zustimmung jeweils zum Jahresende widerrufen können, habe aber sechs Jahre lang den vereinbarten Dienst geleistet. Seine Bedenken habe er zu spät geltend gemacht und damit gegen Treu und Glauben verstoßen, heißt es im am Freitag verkündeten Urteil. Ob die EU-Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt wurde, sei nicht mehr entscheidend (Aktenzeichen 26 K 9607/13). Der Feuerwehrbeamte ging also leer aus.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, der Kläger kann Berufung beantragen – und er wolle nun das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen anrufen, sagte sein Anwalt Robert Hotstegs. „Die Stadt Düsseldorf profitiert von Treu und Glauben, die Feuerwehrbeamten gelten geradezu als ‚treu und doof'“, so Hotstegs weiter.

Unter Gewerkschaftern ist das Verfahren umstritten. Für die Stadt Düsseldorf – und ebenso für andere nordrhein-westfälische Kommunen mit ähnlichen Vereinbarungen – hängt vom Ausgang des Rechtstreits viel ab: Das Urteil gilt als Musterantwort auf die Frage, wie die Überstunden von 800 Feuerwehrleuten abgerechnet werden. Sollte die Stadt am Ende in weiteren Instanzen unterliegen, müsste sie unter Umständen mehrere Millionen Euro nachzahlen.

ant

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