Prozess um Überstunden: Feuerwehrmann geht leer aus, Westdeutsche Zeitung v. 22.08.2015

Von Peter Kurz
mit einem Kommentar von Peter Kurz

Düsseldorfer scheitert im Musterprozess um Überstunden. Er hatte 8514 Euro Nachschlag gefordert.

Düsseldorf. Ein Feuerwehrmann, der ohnehin schon eine Arbeitszeit von 48 Wochenstunden hat, soll noch mal sechs Stunden drauflegen. Und dann damit zufrieden sein, dass er pro Zusatzschicht eine Pauschale von nur 20 Euro bekommt. Muss er das hinnehmen? Um diese Frage ging es am Freitag vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. In einem Musterverfahren, das auch für die anderen 8500 Berufsfeuerwehrleute in NRW und für die Kommunen als Arbeitgeber von großem Interesse war.

Geklagt hatte ein 38-jähriger Düsseldorfer Feuerwehrmann, der im Jahr 2006 wie seine Kollegen landesweit eine sogenannte „Opt-Out-Erklärung“ gegenüber seinem Dienstherrn abgegeben hatte. Damit zeigte er sich bereit, über die nach EU-Recht eigentlich zulässige Höchstgrenze von 48 Stunden hinaus eine Wochenarbeitszeit von 54 Stunden zu akzeptieren. Voraussetzung: es gibt eine Zulage je Schicht.

Seit 2007 bekam der Feuerwehrmann 20 Euro pauschal pro Zusatzschicht. Nachdem er aber, wie er am Freitag sagte, „über einige in anderen Bundesländern ergangene Gerichtsurteile gestolpert war“, die offenbar einen Nachschlag aussichtsreich erscheinen ließen, nahm er sich einen Anwalt. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht: Die Stadt Düsseldorf sollte ihm Ersatz für die noch nicht verjährten Überstunden aus den Jahren 2010 bis 2013 bezahlen. Abzüglich der von ihm vereinnahmten Pauschalen seien das summa summarum 8514 Euro.

Schon in der mündlichen Verhandlung machte der Vorsitzende Richter aus seiner Skepsis keinen Hehl: Warum, so fragte er den Kläger, habe dieser denn sechseinhalb Jahre mit der Klage gewartet, wo er doch jährlich die von ihm unterschriebene Opt-Out-Regelung hätte kündigen und so seine Bereitschaft zur 54-Stunden-Woche zurückziehen können? Auch habe er die Pauschale von 20 Euro in all der Zeit immer angenommen.

Der Richter zeigte sich szenekundig: Die Regelung mit ihren 24-Stunden-Schichten inclusive der Bereitschaftszeiten sei doch im Interesse der Feuerwehrleute gewesen, die sie denn auch alle unterschrieben hätten. Schließlich bedeuteten 24-Stunden-Schichten auch Vorteile beim Freizeitausgleich. Bei solchen Schichten sind die Wochenarbeitszeit und die dann folgenden freien Tage schnell erreicht.

Drohung: Wer nicht unterschreibt, muss Feuerwehrautos waschen

Dass bei der Vereinbarung der zusätzlichen Arbeitsstunden gar nicht so viel Harmonie und Freiwilligkeit geherrscht habe, darauf machte Robert Hotstegs, der Anwalt des Düsseldorfer Feuerwehrmannes, aufmerksam. Es sei mit Druck gearbeitet worden, um die Feuerwehrleute zur Unterschrift zu bewegen. Es habe Drohungen gegeben, für die „Abweichler“ Sonderwachen mit unattraktiven Zwölf- oder Acht-Stunden-Schichten einzurichten. Auch sei gedroht worden: Wer nicht unterzeichne, müsse seine Uniform gegen einen weißen Overall tauschen und werde sich fortan mit Autowaschen befassen.

Mag sein, dass das Gericht zu diesem Aspekt noch ein paar Sätze in die Urteilsgründe schreiben wird. An dem nach 15-minütiger Beratung gefällten Urteil änderte das aber nichts: Die Klage wird abgewiesen. Begründung im Kern: Es verstoße gegen Treu und Glauben im Verhältnis zum Dienstherrn, wenn die Regelung jahrelang klaglos hingenommen und auch die Zulagen ohne Vorbehalt angenommen wurden. Dann könne nicht später nachgefordert werden.

Anwalt Robert Hotstegs will gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Seit 2014 gilt bei der Stadt Düsseldorf übrigens wieder die 48-Stunden-Woche. Die unterschriebenen Opt-Out-Regelungen sind weiter gültig, Zusatzschichten werden landesweit mit mittlerweile 30 Euro pro Zusatzschicht vergütet.

Kommentar: Keine Dauerlösung

Von Peter Kurz

Für relativ kleines Geld – 20 Euro (seit 2014: 30 Euro) pro Zusatzschicht sind die Feuerwehrleute in Vorleistung gegangen. Nur durch dieses Engagement machen sie es überhaupt möglich, dass die Kommunen ihre Dienstpläne einhalten können. Freilich muss man bei den abenteuerlich anmutenden 48 oder gar 54 Wochenstunden berücksichtigen, dass dazu auch die Bereitschaftszeit zählt.

Dennoch steht der Beamte in all diesen Stunden seinem Dienstherrn zur Verfügung. Eine Dauerlösung darf die schlecht abgegoltene Zusatzarbeit nicht sein. Für die wichtige Arbeit der Feuerwehrleute, die jedem von uns jederzeit zugutekommen kann, müssen die Kommunen dem Personalbedarf angemessene Lösungen finden.

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