Zur Not ziehen die Eltern vor Gericht, WAZ v. 13.03.2014

Von Stefan Scherer

Die Eltern, die sich für den Erhalt der Gustav-Heinemann-Hauptschule in Schwelm einsetzen, hatten die Unterschriftenlisten schon desillusioniert eingesammelt. Gestern wichen Wut und Enttäuschung über ein mögliches Scheitern des Bürgerbegehrens neuer Zuversicht. Der auf Bürgerbegehren spezialisierte Anwalt Robert Hotstegs teilte ihnen mit, dass die Frist zur Abgabe der Unterschriften, die die Stadt den Eltern vorgelegt hatte, rechtlich falsch sei.

Laut Mitteilung der Stadt hätten die Unterschriften bis zum vergangenen Montag im Rathaus vorliegen müssen. „Weil wir erst am 23. Januar von der Stadt die korrekte Kostenschätzung bekommen haben, war uns das überhaupt nicht möglich, bis zu diesem Termin die erforderlichen Unterschriften zusammen zu bekommen“, sagt Meike Bertram.

Fachanwalt bewertet die Lage

Nachfragen der Hauptschuleltern bei der Stadt, warum die Grundschuleltern bei ihrem Bürgerbegehren die Kostenschätzung von der Verwaltung früher bekamen und trotzdem länger Zeit zur Unterschriftensammlung hatten, blieben unbeantwortet. Das letzte von Bürgermeister Jochen Stobbe unterzeichnete Schreiben aus dem Rathaus endet mit dem Satz: „Die Berechnung des Bürgerbegehrens ist in § 26 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen klar beschrieben; eine Verlängerung der Frist ist gesetzlich nicht vorgesehen. Ich bedaure, Ihnen keinen günstigeren Bescheid erteilen zu können.“

Das sieht der Düsseldorfer Anwalt Robert Hotstegs anders. Er teilte den Eltern gestern mit, wie sich die Drei-Monats-Frist zusammensetzt. Die Uhr begann zu ticken mit dem Ratsbeschluss am 28. November vergangenen Jahres, die Gustav-Heinemann-Schule auslaufen zu lassen. Mit der offiziellen Ankündigung, ein Bürgerbegehren starten zu wollen, trete allerdings eine Hemmung der Frist ein, bis die Kostenschätzung der Stadt vorliege. Heißt: Vom 10. Dezember, als das Ankündigungsschreiben der Eltern im Rathaus einging, bis zum 23. Januar, als die Verwaltung die korrekte Kostenschätzung übermittelte, dürfe kein Tag von der Drei-Monats-Frist verstreichen.

Zünglein an der Waage

„Demnach hätten wir bis zum 14. April Zeit, die Unterschriften zusammenzutragen“, sagt Claus Kaiser. Für ihn und seine Mitstreiter steht fest: Sollte die Verwaltung sich gegen diese rechtliche Auffassung sperren, werden sie sich anwaltliche Hilfe nehmen und auch vor Gericht ziehen. „Wir gehen aber zunächst einmal davon aus, dass die Stadt diese Einschätzung der Rechtslage teilt“, fährt Kaiser fort. Auch seien die Eltern bestrebt, die Frist nicht bis zum letzten Tag auszunutzen. „Wir werden uns bemühen, alles Erforderliche vor dem 10. April zusammen zu bekommen“, sagt Maike Bertram. Dann findet eine turnusmäßige Ratssitzung statt, in der die Politik über das Bürgerbegehren befinden könnte. Andernfalls müsste eine Sondersitzung anberaumt werden.

Zünglein an der Waage könnte die Einzügigkeit sein, die für die Eingangsklassen der Hauptschule in den kommenden Jahren prognostiziert wird. Sie dürfe – wie die Hauptschule in Niedersprockhövel – nur mit einer Ausnahmegenehmigung fortgeführt werden. Wann das möglich ist, regelt das Schulgesetz: „Wenn den Schülern der Weg zu einer anderen Hauptschule (…) nicht zugemutet werden kann oder sich aus dem Standort und der Schulentwicklungsplanung ergibt, dass ihre Fortführung für die soziale und kulturelle Entwicklung der Gemeinde von entscheidender Bedeutung ist und diese Aufgabe von einer anderen weiterführenden Schule nicht übernommen werden kann.“

Bevor die Stadtväter über die Zulässigkeit entscheiden, wollen die Eltern alles daran setzen, die Unterschriften zusammenzutragen. „Wir werden ab morgen die Listen wieder in den Geschäften auslegen und an diversen Terminen mit einem Infostand in der Innenstadt präsent sein“, sagt Kaiser.