Beurteilungssystem Zoll weiter auf dem Prüfstand, Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss v. 07.01.2014, Az. 1 A 992/12

Nachdem zunächst 2012 das Verwaltungsgericht Darmstadt und dann 2013 das Verwaltungsgericht Hamburg das Beurteilungssystem des Zolls kritisch geprüft und für rechtswidrig befunden haben, hat nun das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem gestrigen Beschluss einem Antrag auf Zulassung der Berufung stattgegeben.

Das Berufungsverfahren soll nun einerseits die Beurteilungen auf gebündelten Dienstposten „durch Ankreuzen“ und andererseits eine formale Frage besonderer Art klären, nämlich ob die erste Instanz zu recht Akteneinsicht in einzelne Seiten der Verwaltungsakte (hier: eine Liste der Vergleichsgruppe) verwehren durfte.

In dem Beschluss heißt es wörtlich:

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
des Zollamtsrats x,

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Mozartstraße 21, 40479 Düsseldorf,

gegen

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesfinanzdirektion West,

Beklagte,

wegen Nachzeichnung der Leistungsentwicklung (‚Beurteilungsfortschreibung“)
eines als Personalratsmitglied freigestellten Bundeszollbeamten; hier: Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des

OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN

am 7. Januar 2014 […]

auf den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 14. März 2012 beschlossen:

Die Berufung wird wegen der Sache nach (u.a.) geltend gemachter besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen; der Ausgang des Rechtsstreits erscheint aus den nachstehenden, in der Antragsbegründung noch hinreichend thematisierten Gründen derzeit als offen.

In dem Berufungsverfahren bedarf es voraussichtlich zunächst näherer Klärung, ob die im Streit stehende fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung des Klägers bezogen auf den Zeitraum 1. November 2007 bis 31. Juli 2010 möglicherweise deswegen rechtswidrig ist, weil (gegebenenfalls) schon die als Maßstab der Nachzeichnung verwendeten dienstlichen Beurteilungen derjenigen Beamten, die der zu diesem Zweck gebildeten Vergleichsgruppe angehören, durchgreifende Rechtsmängel aufweisen. Insoweit steht hier insbesondere in Frage, ob das in der Bundeszollverwaltung in der fraglichen Zeit praktizierte Beurteilungssystem und dabei namentlich das schlichte Ankreuzen bestimmter Ausprägungsgrade von durch Klammerzusatz (vorformuliert) erläuterten Beurteilungsmerkmalen, indes ohne konkrete Zuordnung zu den Einzelbestandteilen dieser Erläuterungen, den rechtlichen Anforderungen an die Vergleichbarkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit von dienstlichen Beurteilungen einschließlich deren Maßstabs genügt. Das bedarf u.a. vor dem Hintergrund des vom Kläger in Bezug genommenen Urteils des VG Darmstadt vom 16. März 2012 – 1 K 632/11.DA – genauerer Prüfung, welche nur in einem Berufungsverfahren erfolgen kann. Zusätzliche rechtliche Probleme könnten sich in diesem Zusammenhang im Übrigen dann ergeben, wenn Beamte der Vergleichsgruppe ihre Aufgaben auf sog. gebündelten Dienstposten wahrgenommen haben (sollten). In diesem Fall müssen die hier maßstabbildenden Beurteilungen hinreichend deutlich machen, woran sich die Anforderungen an die zu erbringenden dienstlichen Leistungen konkret orientiert haben, ob dies namentlich das jeweils innegehabte Statusamt oder aber eine Funktionsebene von Dienstposten bestimmter Wertigkeit (Bewertungsspannbreite) gewesen ist.

Darüber hinaus wird in dem Berufungsverfahren gegebenenfalls auch darüber zu entscheiden sein, ob das Verwaltungsgericht wie geschehen dem Kläger die begehrte Einsichtnahme in bestimmte Bestandteile des übersandten Verwaltungs- bzw. Widerspruchsvorgangs, nämlich in eine nicht anonymisierte Fassung einer Aufstellung der von der Beklagten gebildeten Vergleichsgruppe, in rechtmäßiger Weise verweigern durfte. Auch das betrifft eine schwierige Rechtsfrage, wozu es nach den ergänzenden Angaben des Klägers in dem Zulassungsverfahren inzwischen auch Auffassungen von Verwaltungsgerichten gibt, welche unter näherer Begründung zu einem anderen Ergebnis als das VG Düsseldorf gelangen (vgl. etwa VG Frankfurt, Urteil vom 4. März 2013 —9 K1215/12.F—, juris, Rn. 31 ff.). Vor diesem Hintergrund – aber nicht nur deswegen – gibt es auch insoweit noch weiteren Klärungsbedarf.

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