Verletzte Rechte, planerische Fehler, Bremervörder Anzeiger vom 04.01.2012

Stadt- und Ortsratsmitglieder reichen Eilantrag gegen die Stadt Bremervörde ein

Bremervörde (sk). Die Stadtratsfraktion WG Pro Bremervörde und Mitglieder des Ortsrats Bremervörde haben beim Verwaltungsgericht Stade eine Organklage im Zusammenhang mit dem Neubau der Grundschule Nord eingereicht. Sie argumentieren einen Verstoß gegen das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz.

Verwaltungsausschuss und Rat seien falsch informiert, vor allen Dingen aber auch der Ortsrat Bremervörde nicht rechtszeitig angehört worden, erklärte die vertretende Kanzlei Dr. Obst & Hotstegs gestern in einer Pressemitteilung. Per Fax sei deswegen ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht in Stade eingereicht worden, über den die erste Kammer des Gerichtes „möglichst noch vor den Haushaltsberatungen am 17. Januar“ entscheiden solle, erläutert die Düsseldorfer Kanzlei, die sich auf das Verwaltungsrecht, insbesondere auch auf die Betreuung und Beratung von kommunalpolitischen Angelegenheiten spezialisiert hat. Inhalt des Antrages (AZ 1 B 106/12): Es sollen keine neuen Fakten geschaffen werden, die den Grundschulneubau endgültig verhindern.

Die Antragsteller sind die Fraktion Wählergruppe Pro Bremervörde, die Ratsmitglieder Barbara Ilig, Michael Theis, Dr. Johannes Klotz und Thorsten Wruck, sowie die Ortsbürgermeisterin Susanne Morgenstern und Günther Hahn (Mitglied im Ortsrat Bremervörde).

„Wir rügen, dass vor allen Dingen der Ortsrat in die Kehrtwende zum Grundschulneubau überhaupt nicht einbezogen wurde, obwohl dies verpflichtend ist.“

Robert Hotstegs

Das Verfahren stütze sich dabei auf die Verletzung von Rechten der Antragsteller. „Wir rügen, dass vor allen Dingen der Ortsrat in die Kehrtwende zum Grundschulneubau überhaupt nicht einbezogen wurde, obwohl dies nach Paragraph 94 NKomVG verpflichtend ist.“ erläutert Robert Hotstegs, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, die Argumentation. „Diese Anhörung ist zwingend vorgeschrieben und kann weder durch den Verwaltungsausschuss, noch durch den Rat umgangen werden. Darüber hinaus waren auch weder Verwaltungsausschuss noch Rat mit korrekten Berechnungen zum Grundschulneubau informiert worden.“ Hotstegs weiter: Gerade die richtige und umfassende Information stelle aber erst sicher, dass die Politik eine Entscheidungsgrundlage habe, auf der sie dann hätte beschließen können.

Nach der Antragsschrift könne die fehlende Anhörung des Ortsrates auch nicht mehr nachträglich geheilt werden. Vielmehr müsse die Ausführung des „Stopp-Beschlusses“ vom 15. Dezember 2011 nun angehalten werden, bevor weitere Nachteile für die Stadt Bremervörde entstünden. „Erst wenn dann die richtigen Fakten und Zahlen auf dem Tisch liegen und der Ortsrat Bremervörde ordnungsgemäß einbezogen wurde, könnte dann neu entschieden werden.“ so der Jurist.

„Ich bitte um Verständnis, dass ich mit zu einem schwebenden Verfahren nicht äußern werde.“

Eduard Gummich

Der Rat der Stadt Bremervörde hat seitens des Gerichts eine Kopie der Antragsschrift erhalten, teilt die Kanzlei weiter mit. Er habe nun die Gelegenheit zu  den Äußerungen Stellung zu nehmen. Inzwischen ist auch die Stadtverwaltung vom Verwaltungsgericht von dem Antrag gegen sie unterrichtet worden. „Ich nehme das zur Kenntnis und werde es selbstverständlich prüfen“, teilte Bürgermeister Eduard Gummich auf Anfrage unserer Zeitung mit. „Ich bitte aber um Verständnis, dass ich mit zu einem schwebenden Verfahren nicht äußern werde.“

Währenddessen gehen Dr. Johannes Klotz und Thorsten Wruck von der WG Pro Bremervörde noch weiter: Es seien „nicht nur Informationsrechte des Ortsrates Bremervörde und des Stadtrates zu beklagen.“ Insbesondere stelle sich die Frage nach der Verantwortung für „die schwerwiegenden planerischen Fehler“.

Deren Folge sei eine Verschwendung von Steuergeldern in Höhe von mindestens 350.000 Euro. Darin enthalten sei auch – „aller bisherigen Kenntnis nach“ – eine Ausgabe in Höhe von circa 100.000 Euro, die „durch unsachgemäße Behandlung des 3,467-Millionen-Euro-Kredits der KfW-Bank“ entstanden sei. Der Kredit war während der Planungsphase auf einem Konto der Stadt „geparkt“ worden und inzwischen zurücküberwiesen worden, so die Ratsmitglieder. „Nach Auskunft der Sachbearbeiterin der KfW-Bank war dieser Kredit zum 1. Januar 2011 bereits verfallen, weil keine ‚Leistungsnachweise‘ eingereicht worden seien.“