Anwaltsversorgung auch bei Aufwandsentschädigung für politisches Ehrenamt, Verwaltungsgericht Minden, Urteil v. 12.01.2024, Az. 2 K 2771/21

Mitglieder in (kommunal-)politischen Gremien erhalten regelmäßig Auslagenerstattungen und Aufwandsentschädigungen. Dies ändert nichts daran, dass die Tätigkeiten grundsätzlich ehrenamtlich ausgeübt werden. Dennoch müssen die Aufwandsentschädigungen nicht nur bei Rechtsanwält:innen gegenüber dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen angegeben werden, es sind auf diese Entschädigungen auch ausdrücklich (geringe) Beiträge einzuzahlen, sodass später also auch hierauf bezogen eine Rente aus dem Versorgungswerk gewährt wird.

Dass die Tätigkeiten nicht-anwaltlich sind, ändert hieran nichts. Dies hat das Verwaltungsgericht Minden in einer aktuell bekannt gewordenen Entscheidung ausgeführt. Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen und es ist (noch) nicht bekannt, ob ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurde.

Das Gericht hat im Wortlaut ausgeführt:

Der Kläger ist als angestellter Rechtsanwalt Mitglied des beklagten Versorgungswerks.

Nachdem der Kläger dem beklagten Versorgungswerk seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2018 vorgelegt hatte, setzte dieses den Beitrag des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020 mit Beitragsbescheid vom 0. 00 0000 auf 37,09 € monatlich fest. Dabei legte das beklagte Versorgungswerk der Beitragsbemessung Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von insgesamt 2.393,00 € gemäß dem Einkommensteuerbescheid zu Grunde. Bei diesen Einkünften handelt es sich um Aufwandsentschädigungen für des Klägers für seine Tätigkeit als Mitglied und Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung X. in der kreisfreien Stadt Y.. Zur Begründung des Bescheids vom 0. 00 0000 führte das beklagte Versorgungswerk aus, die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit seien in voller Höhe beitragspflichtig zum Versorgungswerk. Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. August 2020 (Az. 17 A 4414/19) sei das Versorgungswerk verpflichtet, sämtliche Einnahmen aus Vergütungen, Sitzungsgeldern und Aufwandsentschädigungen zu berücksichtigen. Der Umstand, dass der monatliche Versorgungsbeitrag in den letzten Jahren möglicherweise fälschlich zu niedrig angesetzt worden sei, vermittle keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass auch zukünftig Aufwandsentschädigungen nicht als beitragspflichtiges Einkommen berücksichtigt würden.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 0. 00 0000 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Entgegen der Auffassung des beklagten Versorgungswerks handele es sich bei den Aufwandsentschädigungen für seine ehrenamtliche kommunalpolitische Tätigkeit in der Bezirksvertretung X. nicht um Erwerbseinkommen, das nach § 30 der Satzung des beklagten Versorgungswerks – SVR – zu verbeitragen sei. Die Wahrnehmung eines kommunalpolitischen Mandats sei keine Erwerbstätigkeit, sodass die Aufwandsentschädigungen, die er im Jahre 2018 erhalten habe, auch kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IV – seien. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. August 2017 (B 12 KR 14/16 R) sei eine ehrenamtliche Tätigkeit im Unterschied zu erwerbsorientierten Beschäftigungsverhältnissen dadurch geprägt, dass sie ideelle Zwecke verfolge und ohne Erwerbsabsicht unentgeltlich ausgeübt werde. Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit werde typischerweise keine Gegenleistung erbracht und erwartet, sondern allenfalls eine Entschädigung gewährt, die Aufwände konkret und pauschal abdecke. Die Unentgeltlichkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit sei Ausdruck dafür, dass bei der im Rahmen ideeller Zwecke geleisteten Arbeit keine maßgebliche Erwerbsabsicht im Vordergrund stehe. Ähnlich geäußert habe sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 10. Januar 1989 (8 A 1753/87). Ferner habe das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. März 1994 (2 C 11.93) entschieden, das an Ehrenbeamte gewährte Aufwandsentschädigungen im Sinn der der Ruhensregelung von Versorgungsbezügen kein Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst seien. Der Kläger ist der Auffassung, damit scheide auch die Beurteilung der Aufwandsentschädigungen als Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV mangels Gewinnerzielungsabsicht aus. Die seitens des beklagten Versorgungswerks geforderte Verbeitragung der Aufwandsentschädigungen stehe dem gesetzgeberischen Willen zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements entgegen. Das Sozialgericht für das Saarland habe mit Urteil vom 7. Dezember 2020 (S 20 KR 85/20) entschieden, dass die dortige Beklagte (eine Kranken- und Pflegeversicherung) zu Unrecht Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder aus den ehrenamtlichen Tätigkeiten des dortigen Klägers berechnet habe. § 15 SGB IV könne nicht entnommen werden, dass die steuerrechtliche Qualifikation bestimmter Einkünfte auch darüber entscheide, ob im Sinne von § 15 SGB IV von einer selbstständigen Tätigkeit und hieraus resultierender Einkünfte als Arbeitseinkommen auszugehen sei. Bei der Beurteilung der Frage, ob die streitgegenständlichen Aufwandsentschädigungen als beitragspflichtiges Einkommen zu berücksichtigen sind, sei in zwei Schritten vorzugehen. Im ersten Schritt sei zu klären, ob die Aufwandsentschädigungen als Einkünfte bzw. Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV oder als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV zu qualifizieren sind. Dieses sei hier im Ergebnis nicht der Fall. Erst im zweiten Schritt sei zu klären, in welche Höhe die Einkünfte ggf. als beitragspflichtiges Einkommen zu qualifizieren seien. Den ersten Schritt hätten sowohl die Beklagte, als auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 25. September 2019 und das Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 20. August 2020 übersprungen, sodass sie dann im zweiten Schritt zu einem falschen Ergebnis gekommen seien. Das Hessische Landessozialgericht habe mit Urteil vom 17. März 2022 (L 1 KR 412/20) entschieden, dass gesetzliche Kranken- und Pflegekassen bei der Beurteilung von Arbeitseinkommen nicht ungeprüft die steuerrechtliche Beurteilung durch die Finanzbehörden zugrunde legen dürften, sondern eine eigenständige Bewertung vorzunehmen hätten. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 1999 (B 4 RA 17/98 R) und habe sinngemäß auch für das beklagte Versorgungswerk zu gelten. Das Sozialgericht Detmold habe mit Urteil vom 31. März 2022 entschieden, dass Aufwandsentschädigungen für eine ehrenamtliche kommunalpolitische Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender im Rat einer Gemeinde kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV und damit auch nicht als in der Kranken- und Pflegeversicherung beitragspflichtige Einnahmen einzustufen seien. Die Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender sei nicht als „selbständige Tätigkeit“ im Sinne des § 15 SGB IV zu werten, insbesondere, weil es hier an einer Gewinnerzielungsabsicht fehle, da es um ein ehrenamtliches Engagement gehe, das von einer Erwerbsmäßigkeit abzugrenzen sei. Die vom beklagten Versorgungswerk angeführte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sei auf seine Situation auch nicht übertragbar, denn der Kläger jenes Verfahrens sei nicht nur ehrenamtlich als kommunaler Mandatsträger im Rat der Stadt tätig gewesen, sondern auch im Kreistag und im Landschaftsverband G.. Darüber hinaus habe er Aufwandsentschädigungen als Vorsitzender des Polizeibeirates der Kreispolizeibehörde sowie als Mitglied des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse und als Mitglied bzw. auch Vorsitzender eines Risiko-Kreditausschusses der gleichen Stadtsparkasse bezogen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen seien Vergütungen, Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen von Aufsichtsratsmitgliedern, Mitgliedern von Verwaltungsräten oder anderen Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt seien, zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu rechnen und seien daher für die Höhe der Beiträge für das Versorgungswerk maßgeblich. Weder seine Mitgliedschaft in der Bezirksvertretung X., noch seine Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender seien mit einer Überwachung der Geschäftsführung verbunden. Selbst das beklagte Versorgungswerk habe nicht alle seine Einkommenssteuerbescheide zum Anlass genommen, die entsprechenden Aufwandsentschädigungen zu verbeitragen. Im Jahre 2019 hätten seine Aufwandsentschädigungen 100,00 € über dem Steuerfreibetrag gelegen. Insoweit habe das beklagte Versorgungswerk unter dem 0. September 0000 mitgeteilt, dass für das Jahr 2021 keine zusätzliche Beitragspflicht für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bestehe. Nach dem Einkommensteuerbescheid für 2020 hätten seine Aufwandsentschädigungen des Klägers 312,00 € über dem Steuerfreibetrag gelegen. Mit Schreiben vom 00. 00 0000 habe das beklagte Versorgungswerk auch insoweit mitgeteilt, dass für das Jahr 2022 keine zusätzliche Beitragspflicht für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bestehe. Auch für das Jahr 2022 sei keine zusätzliche Beitragspflicht für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit festgestellt worden.

Der Kläger hat zunächst beantragt, den Beitragsbescheid des beklagten Versorgungswerks vom 0. 00 0000 aufzuheben. Nachdem das beklagte Versorgungswerk mit Bescheid vom 00. 00 0000 den monatlichen Beitrag des Klägers auf Grundlage dessen Einkommenssteuerbescheids für das Jahr 2021 für den Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 auf 34,36 € festgesetzt und auch dabei Aufwandsentschädigungen des Klägers für seine Tätigkeit als Mitglied und Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung X. der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt hatte, hat der Kläger seinen Klageantrag mit Schriftsatz vom 0. 00 0000 ergänzt.

Er beantragt nunmehr,

die Beitragsbescheide des beklagten Versorgungswerks vom 0. 00t 0000 und 00. 00 0000 aufzuheben.

Das beklagte Versorgungswerk beantragt,9

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt es unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 25. September 2019 (20 K 5979/18) aus, es handele sich bei den Einkünften des Klägers als ehrenamtlicher Mandatsträger um Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV, mit dem der Kläger nach § 30 Abs. 2 SVR beitragspflichtig sei. Vergütungen, Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen gehörten zu den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Dass es sich hierbei nicht um Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit handele, sei für die Beitragspflicht zum beklagten Versorgungswerk ohne Relevanz. Der Satzungsgeber habe die Entscheidung getroffen, dass Mitglieder mit ihrem gesamten Einkommen beitragspflichtig seien, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Einkünfte aus nichtselbstständiger oder selbstständiger anwaltlicher Tätigkeit oder aus berufsfremder Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung handele. Für die Beitragspflicht zum beklagten Versorgungswerk sei weiter nicht entscheidend, ob der Kläger in Bezug auf die Aufwandsentschädigungen ggf. steuerfrei bleibe. Dies deshalb nicht, weil der Satzungsgeber hinsichtlich der Grundlagen der Beitragspflicht nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 SVR für das Arbeitseinkommen auf den Einkommensteuerbescheid des vorletzten Kalenderjahres verweise und für das Arbeitsentgelt auf eine vom Arbeitgeber ausgestellte Bescheinigung über das Entgelt für den Beitragszeitraum. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 25. September 2019 sei vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 20. August 2020 (17 A 4414/19) bestätigt worden. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bestätige, dass Vergütungen, Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen zu den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG gehörten. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 18. Februar 2016 (B 3 KS 1/15 R) habe der Senat weiter ausgeführt, dass es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit genüge, dass die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck sei und dabei auf § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG verwiesen, der dies jetzt ausdrücklich formuliere. Das vom Kläger in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. August 2017 (B 12 KR 14/16 R) sei vorliegend nicht einschlägig. In dem dort entschiedenen Fall habe die Frage im Vordergrund gestanden, ob es sich bei der Tätigkeit eines ehrenamtlichen Kreishandwerkermeisters um eine solche im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses handele und insoweit ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt entrichtet werde. Inhaltlich sei es um die Abgrenzung eines Beschäftigungsverhältnisses zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit gegangen. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als Mitglied einer Bezirksvertretung nicht basierend auf einem Beschäftigungsverhältnis erfolge. Es bleibe aber dabei, dass die Entschädigungszahlungen an den Kläger als Ersatz für Verdienstausfall erfolgten und damit als Surrogat für ansonsten erzielte anderweitige Leistungen als Arbeitseinkünfte anzusehen seien. Zutreffend sei, dass dem Kläger mit Schreiben vom 0. 00 0000 und 00. 00 0000 nach Vorlage des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides mitgeteilt worden sei, dass für die Jahre 2021 bzw. 2022 keine zusätzliche Beitragspflicht für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bestehe. Diese Mitteilungen seien erfolgt, obwohl die jeweiligen Steuerbescheide ein positives Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auswiesen. Im Bescheid für 2019 werde ein entsprechendes Einkommen von 100 € ausgewiesen und im Bescheid für 2020 ein Einkommen von 312 €. Eine basierend hierauf erfolgende Beitragsfestsetzung würde eine monatliche Festsetzung für 2021 von 1,55 € bedingen und im Folgejahr eine solche von monatlich 4,84 €. Aus verwaltungsökonomischen und verwaltungspraktischen Gründen bestehe bei einem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von nicht mehr 500 € im Jahr bei gleichzeitigem Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit die Verwaltungspraxis, von einer Beitragsfestsetzung abzusehen. Dies ändere nichts daran, dass zumindest der Mindestbeitrag nach § 30 Abs. 3 SVR zu zahlen sei, da sich diese Verpflichtung auf die Beitragspflicht insgesamt beziehe. Würden entsprechend geringe Beiträge festgesetzt, würden sich bei Zahlung die Anwartschaften nicht nennenswert erhöhen. Gleichwohl müssten die festgesetzten Beiträge bei Nichtzahlung beigetrieben und Verzugszinsen festgesetzt werden und im Verwaltungsablauf wären weitere Ressourcen gebunden. Hinsichtlich der vorliegend streitigen Festsetzungen seien in den maßgeblichen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2018 und 2021 jedoch Einkünfte in relevanter Höhe ausgewiesen gewesen, sodass ein Absehen von der Festsetzung nicht möglich gewesen sei.

Mit Beschluss vom 00. 00 0000 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (ein Band und eine Datei) des beklagten Versorgungswerks.

Entscheidungsgründe:

A. Der Kläger hat sein weiteres Klagebegehren, auch den Bescheid des beklagten Versorgungswerks vom 00. 00 0000 aufzuheben, wirksam nachträglich in das Klageverfahren einbezogen. Es handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO. Der Streitgegenstand wurde durch die Einbeziehung eines weiteren Verwaltungsakts in das Verfahren geändert.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2023 – 7 D 367/21.AK –, juris, Rn. 29.

Diese Klageänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Zwar fehlt es an der ausdrücklichen Einwilligung des beklagten Versorgungswerks. Dessen Einwilligung ist aber nach § 91 Abs. 2 VwGO anzunehmen, weil es sich schriftsätzlich zu der geänderten Klage eingelassen hat, ohne der Klageänderung zu widersprechen. Die Klageänderung ist im Übrigen sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO. Eine Klageänderung ist als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt.

Vgl. Bamberger, in: Wysk, VwGO, 3. Auflage 2020, § 91 Rn. 23.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Einbeziehung des Bescheids vom 00. 00 0000 ermöglicht die endgültige Klärung des Streits über die Verbeitragung der Aufwandsentschädigungen des Klägers für seine ehrenamtlichen kommunalpolitischen Tätigkeiten. Der einbezogene Bescheid vom 00. 00 0000 betrifft auch im Wesentlichen den gleichen Lebenssachverhalt wie die Klage gegen den Bescheid vom 0. 00 0000; seine Einbeziehung erscheint vor dem Hintergrund der jeweils aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen auch prozessökonomisch sinnvoll.

B. Die zulässige, insbesondere als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Beitragsbescheide des beklagten Versorgungswerks vom 0. 00 0000 und 00. 00 0000 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das beklagte Versorgungswerk hat die monatlichen Beiträge des Klägers für das Jahr 2020 zutreffend auf 37,09 € und für das Jahr 2021 zutreffend auf 34,36 € festgesetzt.

Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 0. 00 0000 ist § 30 der SVR vom 16. Juli 1985, JMBl. NW S. 172 in der im Beitragsjahr 2020 geltenden Fassung der 30. Satzungsänderung vom 4. Januar 2018 gemäß Bekanntmachung vom 15. Januar 2018, JMBl. NW S. 15 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung Nordrhein-Westfalen (RAVG NRW). Die Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 00. 00 0000 findet in § 30 der SVR vom 16. Juli 1985, JMBl. NW S. 172 in der in der im Beitragsjahr 2021 geltenden Fassung der 31. Satzungsänderung gemäß der Bekanntmachung vom 1. Dezember 2020, JMBl. NW S. 313 bzw. der 32. Satzungsänderung gemäß der Bekanntmachung vom 1. Juli 2021, JMBl. NW S. 15, jeweils in Verbindung mit § 7 Abs. 1 RAVG NRW, ihre Rechtsgrundlage. Die vorgenannten Fassungen der SVR unterscheiden sich in den hier maßgeblichen Bestimmungen inhaltlich nicht.

Grundsätzlich zahlen Mitglieder des beklagten Versorgungswerks gem. § 30 Abs. 1 SVR den Regelpflichtbeitrag, welcher dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 SVR zahlen Mitglieder, deren Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, den Beitrag nach ihrem Einkommen gemäß dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern die Vertreterversammlung nicht einen anderen Beitragssatz festsetzt. Einkommen im Sinne der Satzung ist nach § 30 Abs. 2 SVR, der auf die sozialversicherungsrechtlichen Legaldefinitionen der §§ 14, 15 SGB IV verweist, das aus selbständiger Tätigkeit erzielte „Arbeitseinkommen“ und das im Rahmen abhängiger Beschäftigung eingenommene „Arbeitsentgelt“. Die Vorschrift des § 30 Abs. 2 Satz 1 SVR stimmt mit § 7 Abs. 1 Satz 3 RAVG NRW überein, der die entsprechende Geltung der §§ 14 und 15 SGB IV anordnet, soweit für die Höhe der Beiträge das Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen maßgebend sind. §§ 7 Abs. 1 Satz 3 RAVG NRW und 30 Abs. 2 Satz 1 SVR verweisen damit auf die allgemeinen Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung und übernehmen deren Einkommensbegriff. Von einer Eingrenzung auf bestimmte Tätigkeiten wird bewusst und erkennbar abgesehen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 2010 – 17 A 1997/08 –, juris, Rn. 29; Beschlüsse vom 12. Dezember 2003 – 4 A 4643/02 –, n.V. und vom 12. April 2011 – 17 B 372/11 –, juris, Rn. 18 ff.

Mit der Anknüpfung des § 30 Abs. 2 SVR an die Begriffe des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 SGB IV und des Arbeitseinkommens im Sinne von § 15 SGB IV gehen daher sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitsentgelt) oder aus freiberuflicher oder selbständiger Tätigkeit (Arbeitseinkommen) in die Bemessungsgrundlage ein. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten als anwaltstypisch einzustufen sind.

Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 2. März 2011 – 17 B 1505/10 –, juris, Rn. 4; vom 12. April 2011 – 17 B 372/11 –, juris, Rn. 18 ff. und vom 30. Mai 2008 – 5 A 2907/06 –, juris, Rn. 3, 11.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unterliegen Einkünfte aus selbständiger Arbeit der Einkommensteuer. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit sind z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG).

Auch die Aufwandsentschädigungen, die der Kläger als Mitglied und Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung X. erhält, gehören nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einkommenssteuerrechtlich zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

Vgl. etwa BFH, Beschluss vom 14. April 2011 – VIII B 110/10 –, juris, Rn. 2, und Urteil vom 08. Oktober 2008 – VIII R 58/06 –, juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 KS 1/15 R –, juris, Rn. 17; vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2019 – 20 K 5979/18 –, n.V.

Der gegen diese Rechtsauffassung geäußerte Einwand des Klägers, das ehrenamtliche Engagement in der Kommunalpolitik sei mangels Gewinnerzielungsabsicht keine selbständige Tätigkeit (im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG), greift nicht durch.

So auch OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2020 – 17 A 4414/19 –, juris, Rn. 12 f.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 KS 1/15 R – (juris, Rn. 17, m. w. N.) in Bezug auf Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder und Verdienstausfallentschädigungen von Gemeinderatsmitgliedern unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 3. Dezember 1987 – IV R 41/85 – und Beschluss vom 13. Juni 2013 – III B 156/12 –, jeweils abrufbar bei juris) unmissverständlich klargestellt:

„Man kann zwar davon ausgehen, dass die Ratsmitglieder ihre Tätigkeit in erster Linie deshalb ausüben, um ihrem politischen Auftrag gerecht zu werden und die Absicht, hierfür Vergütungen zu erzielen, dabei in den Hintergrund rückt. Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit genügt es indessen, dass die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist. Dies ist jetzt ausdrücklich in § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG für die gewerblichen Einkünfte ausgesprochen; für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gilt nichts anderes.“

Angesichts dieser eindeutigen Aussage des Bundessozialgerichts verwundert die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 17. März 2022 – L 1 KR 412/20 –, juris, dort Rn. 24, dem folgend Fischer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 15 SGB IV, Stand: 27. Juli 2022, Rn. 33), das unter expliziter Bezugnahme auf jene Entscheidung des Bundessozialgerichts den exakt gegenteiligen Schluss ziehen möchte, dass bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit als Stadtverordneter typischerweise die Gewinnerzielungsabsicht fehle. Mit seiner Argumentation, dass die Motivation für eine Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess in der kommunalen Selbstverwaltung typischerweise eine Mischung aus politischem Gestaltungswillen, subjektiver Gemeinwohlverpflichtung und möglicherweise weiteren individuellen Zielen, nicht aber der Absicht zur Erzielung von unmittelbarem finanziellem Gewinn sei, verkennt das Hessische Landessozialgericht, dass es nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofes für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit schon genügt, dass die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

Deshalb ist unabhängig von den (inneren) Motiven, aus denen der Einzelne einer Beschäftigung nachgeht, eine Überschusserzielungsabsicht (schon) dann anzunehmen, wenn – wie hier – in der Regel Überschüsse aus der Beschäftigung tatsächlich erzielt werden.35

Vgl. BFH, Urteil vom 4. August 1994 – VI R 94/93 –, juris, Rn. 10.

Soweit der Kläger unter Berufung auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts die Auffassung vertritt, dass die Beurteilung, ob dem Grunde nach eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV vorliege, spezifisch sozialrechtlich zu erfolgen habe und die steuerrechtliche Qualifizierung bestimmter Einkünfte mithin nicht darüber entscheide, ob eine selbstständige Tätigkeit und hieraus erzieltes Arbeitseinkommen im sozialrechtlichen Sinne vorliegen,

– vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 1999 – B 4 RA 17/98 R –, juris, Rn. 16, 20 ff.; so auch LSG Hessen, Urteil vom 17. März 2022 – L 1 KR 412/20 –, juris, Rn. 23; SG für das Saarland, Urteil vom 7. Dezember 2020 – S 20 KR 85/20 –, juris, Rn. 41; SG Detmold, Urteil vom 31. März 2022 – S 32 KR 1498/20 –, n.V.; Zieglmeier, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: März 2022, § 15 SGB IV Rn. 10; Vor, in: Winkler, SGB IV, 3. Aufl. 2020, § 15 Rn. 8 -,

folgt das Gericht dem nicht.

Bereits nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist anzunehmen, dass die steuerrechtliche Zuordnung nicht nur für die Höhe des als Arbeitseinkommen zu wertenden Einkommens, sondern auch für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) maßgeblich sein soll. Für diese am Wortlaut orientierte Auslegung spricht auch die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks. 12/5700, S. 92 zu Art. 3 Nr. 2), wonach die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. aus Gründen der Praktikabilität erfolgte. Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll nunmehr allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit „eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird“ (BT-Drucks a.a.O.). Damit stehen Wortlaut und Gesetzesbegründung in vollem Einklang miteinander und lassen für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des „Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit“ neben dem steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit keinen Raum, d.h. auch die Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, wird nicht mehr von den Sozialleistungsträgern getroffen. Ungeachtet dessen, dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des Arbeitseinkommens nicht kennt, soll damit nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung für die Frage, ob Einkommen aus selbstständiger Arbeit erzielt wird, das in der Terminologie des SGB als Arbeitseinkommen bezeichnet wird, allein das Steuerrecht maßgebend sein, um den Sozialleistungsträgern eine eigenständige und – wie die Vergangenheit gezeigt hat – mitunter schwierige Prüfung der Zuordnung und Ermittlung der Höhe von Arbeitseinkommen zu ersparen. Dass der Gesetzgeber in § 15 SGB IV die sozialversicherungsrechtliche Terminologie des „Arbeitseinkommens“ beibehalten hat, ändert nichts daran, dass die inhaltliche Füllung dieses Begriffs durch die entsprechenden Begriffe des Einkommensteuerrechts zu erfolgen hat. Würde man weiterhin die Richtigkeit der Zuordnung der steuerrechtlichen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit an einem eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriff der selbstständigen Tätigkeit messen wollen, würde dies den Intentionen des § 15 SGB IV und dem darin ausgedrückten Willen des Gesetzgebers widersprechen. § 15 SGB IV kann daher nur die Bedeutung haben, dass steuerrechtlich als „Einkünfte aus selbstständiger Arbeit“ bewertetes Einkommen entsprechend als „Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit“ anzusehen ist.

Vgl. BSG, Urteile vom 25. Februar 2004 – B 5 RJ 56/02 R – juris, Rn. 17, 20 f.; vom 7. Oktober 2004 – B 13 RJ 13/04 R –, juris, Rn. 25 ff., m.w.N. und vom 23. Januar 2008 – B 10 KR 1/07 R –, juris, Rn. 20; Zipperer, in: Kreikebohm/Dünn, SGB IV, 4. Aufl. 2022, § 15 Rn. 3; von Koppenfels-Spies, in: Knickrehm/Roßbach/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 8. Aufl. 2023, § 15 SGB IV Rn. 7; so wohl auch BSG, Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 KS 1/15 R –, juris, Rn. 15.

Die Einordnung der Aufwandsentschädigungen des Klägers für seine ehrenamtlichen kommunalpolitischen Tätigkeiten als Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV steht nicht im Widerspruch zu den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 4. Mai 1999 (B 4 RA 55/98 R, juris) und vom 23. Februar 2000 (B 5 RJ 26/99 R, juris). Denn soweit das Bundessozialgericht darin entscheiden hat, dass Bezüge aus einer Abgeordnetentätigkeit in einem Landtag oder einer Bürgerschaft keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit und demgemäß auch kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV seien, hat es sich nicht dazu verhalten, ob diese Tätigkeiten die Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit – die der Kläger unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Einordnung geprüft wissen will – erfüllt. Vielmehr hat es die Eigenschaft solcher Bezüge als Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV (schon) deshalb verneint, weil sie einkommenssteuerrechtlich den sonstigen Einkünften im Sinne von §§ 2 Nr 7, 22 Nr 4 Satz 1 EStG zuzuordnen sind

– vgl. BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 – B 4 RA 55/98 R –, juris, Rn. 29; so auch Urteil vom 23. Februar 2000 – B 5 RJ 26/99 R –, juris, Rn. 13 –

und damit gerade nicht § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterfallen. Mithin liegt bei Bezügen aus einer Abgeordnetentätigkeit in einem Landtag oder einer Bürgerschaft kein von § 15 Abs. 1 SGB IV vorausgesetzter Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit im steuerrechtlichen Sinne vor.

Es kommt auch nicht darauf an, dass weder die Mitgliedschaft des Klägers in der Bezirksvertretung X., noch seine Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender mit einer Überwachung der Geschäftsführung verbunden ist, weil eine solche Aufgabe zwar für die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG beispielhaft genannte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied kennzeichnend sein mag, aber kein konstitutives Merkmal einer jeden selbstständigen Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG ist.

Aus den von ihm angeführten Urteilen des Sozialgerichts für das Saarland vom 7. Dezember 2020 (S 20 KR 85/20, juris, dort insbesondere Rn. 45 ff.) und des Sozialgericht Detmold vom 31. März 2022 (S 32 KR 1498/20, n.V.) kann der Kläger nichts für sich herleiten, da beide Entscheidungen die nach den obigen Ausführungen abzulehnende Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zu Grunde legen.

Daher ist Folgendes lediglich ergänzend anzumerken:

Soweit das Sozialgericht für das Saarland und das Sozialgericht Detmold in den vorzitierten Entscheidungen die Auffassung vertreten haben, eine ehrenamtliche Tätigkeit könne mangels Erwerbsabsicht bzw. Erwerbsmäßigkeit keine selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV sein, beruht dies auf einem Fehlschluss. Zutreffend ist zwar, dass die Erwerbsmäßigkeit einer Tätigkeit deren Einordnung als ehrenamtlich ausschließt. Eine Tätigkeit kann nicht sowohl erwerbsmäßig als auch ehrenamtlich sein, weil die ehrenamtliche Tätigkeit gerade (auch) durch die fehlende Erwerbsabsicht gekennzeichnet ist.

Vgl. BSG, Urteil vom 16. August 2017 – B 12 KR 14/16 R –, juris, Rn. 33.

Daraus folgt aber nicht, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht zugleich auch eine selbstständige Tätigkeit sein kann. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn eine selbstständige Tätigkeit stets eine Erwerbsabsicht beinhalten würden. Das ist indes nicht der Fall. Eine selbstständige Tätigkeit kann auch ohne Erwerbsabsicht vorliegen; sie setzt „nur“ eine Gewinnerzielungsabsicht voraus.

Vgl. Wacker, in: Schmidt/Wacker, EStG, 42. Aufl. 2023, § 18 Rn. 5.

Die Begriffe sind nicht identisch.

Vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 KS 1/15 R –, juris, Rn. 19.

Eine Gewinnerzielungsabsicht und die Ehrenamtlichkeit einer Tätigkeit schließen sich nicht gegenseitig aus, da eine Gewinnerzielungsabsicht – wie im Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Februar 2016 (a.a.O.) ausgeführt – auch beim Bezug von Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgeldern und Verdienstausfallentschädigungen vorliegen kann. Solche finanziellen Zuwendungen schließen die Unentgeltlichkeit des ehrenamtlichen Engagements nicht prinzipiell aus. Sie sind unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdecken. Im Rahmen einer Aufwandsentschädigung kann auch ein pauschaler Ausgleich für die übernommene Verpflichtung gewährt werden. Finanzielle Zuwendungen können auch Ausfall für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall enthalten.

Vgl. BSG, Urteil vom 16. August 2017 – B 12 KR 14/16 R –, juris, Rn. 34, m.w.N.

Dementsprechend lässt sich nicht verallgemeinern, dass Einkünfte aus ehrenamtlicher Tätigkeit kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV sein können; es kommt vielmehr auf den Einzelfall an.

Vgl.  LSG NRW, Urteil vom 12. Mai 2022 – L 16 KR 487/20 –, juris; von Koppenfels-Spies, in: Knickrehm/Roßbach/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 8. Aufl. 2023, SGB IV § 15 Rn. 4.

Die weiteren vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10. Januar 1989 – 8 A 1753/87 –, juris) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10. März 1994 – 2 C 11.93 –, juris) befassen sich nicht mit der Auslegung des § 15 SGB IV. Dem vorgenannten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen kann auch keine verallgemeinerungsfähige Aussage dahingehend entnommen werden, dass ehrenamtliche Tätigkeiten keine selbstständigen Tätigkeiten sein können. Denn soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschieden hat, dass die vom dortigen Kläger für seine Tätigkeiten als Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender in einem Kreistag bezogenen Aufwandsentschädigungen nicht als Einkommen i.S.d. § 76 Abs. 1 BSHG berücksichtigt werden können, folgte dies aus der Spezialvorschrift des § 77 Abs. 1 BSHG. Zur steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Einordnung einer ehrenamtlichen Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit verhält die Entscheidung sich nicht. Gleiches gilt für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. März 1994 (a.a.O.).

Waren die Einkünfte des Klägers aus seiner ehrenamtlichen kommunalpolitischen Tätigkeit mithin in die Beitragsbemessung einzubeziehen, ist gegen die Berechnung der Beiträge durch das beklagte Versorgungswerk im Übrigen nichts einzuwenden. Beim Arbeitseinkommen ist für die Beitragsberechnung grundsätzlich das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres zugrunde zu legen und anhand des Einkommensteuerbescheids nachzuweisen (§ 30 Abs. 4 Nrn. 1, 4 a) SVR). Für die Berechnung der Beiträge des Klägers für das Jahr 2020 kam es folglich auf sein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit aus dem Jahre 2018 und für die Berechnung der Beiträge des Klägers für das Jahr 2023 auf sein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit aus dem Jahre 2021 an. Dies hat das beklagte Versorgungswerk zutreffend den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden zu Grunde gelegt und die Beiträge entsprechend berechnet.

Der Umstand, dass das beklagte Versorgungswerk in der Vergangenheit möglicherweise rechtsfehlerhaft die Einkünfte des Klägers aus seiner ehrenamtlichen kommunalpolitischen Tätigkeit nicht in die Bemessungsgrundlage für die Beitragsfestsetzung eingerechnet hat und damit die Beiträge des Klägers in den letzten Jahren möglicherweise fälschlich zu niedrig angesetzt wurden, vermittelt mit Blick auf die (jeweils eigenständige) jährliche Ermittlung der Versorgungsbeiträge auch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass auch bei den Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2020 und 2023 Aufwandsentschädigungen nicht als Einkommen berücksichtigt werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2020 – 17 A 4414/19 –, juris, Rn. 17.

Die Berufung war nicht auf Anregung des Klägers zuzulassen. Insbesondere hat die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 3 Nr. 2 VwGO. Die hier entscheidungserhebliche und vom Kläger als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage, ob § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV u entnehmen ist, dass die steuerrechtliche Zuordnung nicht nur für die Höhe des als Arbeitseinkommen zu wertenden Einkommens, sondern auch für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) maßgeblich sein soll, ist vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bejaht worden und somit bereits als geklärt anzusehen.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2008 – 5 A 2907/06 –, juris, Rn. 5 ff.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.