Bürgermeister musste Ratsbeschluss beanstanden, sonntags-post.de vom 01.10.2010

Bürgerbegehren zum Erhalt aller Erftstädter Bäder ist zulässig

Erftstadt (red). Das von der Bürgerinitiative zur Rettung der Erftstädter Bäder initiierte Bürgerbegehren ist zulässig. Der Bürgermeister musste den Ratsbeschluss von CDU, FDP und Grünen, der das Begehren für unzulässig erklärte, deshalb „zwingend beanstanden“. Dies ist das Ergebnis eines Kurzgutachtens zur Zulässigkeit des Bürgerbebehrens zum Erhalt der städtischen Bäder der Rechtsanwaltspartnerschaft Dr. Obst & Hotstegs, Düsseldorf, das die Initiatoren der Initiative, Karl-Heinz Dirheimer, Gabriele Kau und Klaus Schäfer, in Auftrag gegeben haben. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens hoffen nun, dass die Ratsmehrheit ihre Entscheidung überdenkt und in der nächsten Ratssitzung am Dienstag, 5. Oktober, den Weg für einen Bürgerentscheid freimacht.

Der in Fragen der Bürgerbeteiligung, insbesondere Fragen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid versierte Düsseldorfer Anwalt Robert Hotstegs beschäftigt sich in dem Gutachten ausführlich mit den Argumenten von CDU, FDP und Grünen. Die Behauptung der FDP, tragende Argumente der Begründung im Begehren seien unrichtig, weist der Anwalt zurück. Diese Behauptung halte „einer juristischen Überprüfung nicht Stand“. Die zusammenfassende Darstellung im Bürgerbegehren sei zutreffend und rechtlich nicht zu beanstanden. Das gelte vor allem auch zu den Aussagen, dass die Grundschulen ihren Lehrauftrag, allen Schülern das Schwimmen beizubringen, nicht mehr erfüllen könnten. Im Übrigen habe zum Beispiel das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen entschieden, dass die Begründung auch ausdrücklich dazu herangezogen werden könne, „für das Bürgerbegehren zu werben“. Dabei könnten auch Wertungen, Schlussfolgerungen oder Erwartungen zum Ausdruck gebracht werden, die einer Wahrheitskontrolle nicht ohne weiteres zugänglich seien. Aus der Begründung, die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens abzuleugnen, bedeute letztendlich, „die politische Diskussion um die inhaltliche Frage der Schwimmbadschließung zu umgehen“.

Als ausreichend bezeichnet der Anwalt den Hinweis der Initiative, der Rat habe die Schließung der Bäder beschlossen, um Kosten einzusparen. Der Anwalt kommt zu dem Schluss, dass die Haushaltslage der Gemeinde Gegenstand der öffentlichen Diskussion sei. Wörtlich schreibt er im Gutachten: „Die abstimmungsmündigen Bürgerinnen und Bürger werden in diesem Zusammenhang insbesondere durch die regionalen Medien informiert. Auch im Kommunalwahlkampf 2009 war die Haushaltslage bereits angespannt, so dass alle im Rat vertretenen Parteien das Thema im politischen Wettbewerb angesprochen haben. Ist also ein Vorwissen der Bürger zu unterstellen, sind die Anforderungen an die Begründung des Begehrens geringer als für den Fall, dass die Bürgerschaft erstmalig über eine Situation zu informieren ist.“

Auch der Kostendeckungsvorschlag sei ausreichend. Die Initiative habe zur Deckung der Kosten drei unterschiedliche Finanzierungswege beschrieben, die Wiederanpassung der Gewerbesteuer, die Übertragung des Freibades Kierdorf und die Aufnahme von Darlehen. Im Übrigen sei der Deckungsvorschlag bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid für den Rat nicht bindend.
Sofern die Ratsmehrheit nun „die direktdemokratischen Rechte anhand des Nothaushaltsrechts beschränken möchte“, weist der Anwalt darauf hin, „dass das Nothaushaltsrecht das Instrument von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid weder direkt noch indirekt abschafft“. Die finanzielle Bewegungsfreiheit der Kommune sei zwar im Nothaushaltsrecht eingeschränkt. „Wie aber der Rat selbst auch Ausnahmen beantragen und umsetzen kann, muss dieses Recht erst recht den Bürgerinnen und Bürgern zustehen“, folgert der Anwalt. Wenn man der Rechtsauffassung der Ratsmehrheit folgen würde, bedeute dies, „dass der Souverän vor Ort weniger entscheiden dürfe, als die gewählte Vertretung“.
Der Anwalt hat das Kurzgutachten im Auftrag der Bürgerinitiative an den Bürgermeister und die Ratsfraktionen weitergeleitet. Die Kosten für das Gutachten haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens bisher aus eigener Tasche finanziert. Sie hoffen nun auf Unterstützung aus der Erftstädter Bevölkerung. Sie haben deshalb bei der Kreissparkasse Köln ein Spendenkonto unter dem Stichwort „Bürgerbegehren aller Bäder“, Kontonummer 189270175, BLZ 370 502 99, eingerichtet.