Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Beförderung nur bei ernsthafter Beförderungschance des Beamten, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 20.03.2015, Az. 2 C 12.14

Manch einer hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus der vergangenen Woche für einen Paukenschlag, eine Klarstellung oder eine Kehrtwende gehalten. Sie ist wohl nichts von alledem. Sie ist vor allen Dingen aber eines: ein Zeichen dafür, dass Schadensersatz-Verfahren immer eine Wundertüte bleiben, bis zur letzten Instanz (BVerwG 2 C 12.14 – Urteil vom 19. März 2015). Das Verfahren zeigt eindrücklich, dass der Weg durch die Instanzen schwer und oftmals von Überraschungen geprägt ist. Auch ist das Urteil kein Abgesang auf den Schadensersatz im Beamtenrecht. Er ist nur mit Akribie und genauer Nachprüfung einzufordern und mit einem langen Atem – durch alle Instanzen.

Die Klägerin ist Polizeibeamtin im Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie wurde für die Beförderungsverfahren des Jahres 2008 nicht berücksichtigt. Dadurch sind andere Beamte mit schlechteren Leistungsbeurteilungen befördert worden.

Als sie dann im Jahr 2009 – verspätet – befördert worden war, hat sie den Schadensersatz für die Verspätung geltend gemacht. Und siehe da: tatsächlich haben die Gerichte nun bestätigt, dass man die Klägerin schon 2008 hätte berücksichtigen müssen. Die Wartezeit, die man von ihr verlangt hatte und die sie nicht erfüllt hatte, war rechtswidrig.

Obwohl die Behörde also ein rechtswidriges oder rechtsfehlerhaftes Beförderungsverfahren durchgeführt hatte, bedeutete dies keinen automatischen Sieg der Klägerin. Bis zu diesem Zeitpunkt war ja lediglich festgestellt, dass das Auswahlverfahren für die Konkurrenten fehlerhaft war.

Das Oberverwaltungsgericht musste nun skizzieren, wie denn eine rechtmäßige Entscheidung ausgesehen hätte, also unter Einbeziehung der Klägerin.

Das Ergebnis war an Eindeutigkeit leider nicht zu übertreffen: Auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Dienstherrn habe sie keine ernsthafte Beförderungschance besessen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin zurückgewiesen.

In der aktuellen Entscheidung ist in der Begründung nachzulesen, dass dem Dienstherrn ein Fehler unterlaufen ist (Klägerin nicht berücksichtigt, rechtswidrige Wartezeit verlangt), überdies ist aber auch dem Oberverwaltungsgericht ein Fehler unterlaufen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstoße nämlich gegen das Landesbeamtenrecht, weil das Oberverwaltungsgericht für die hypothetische Auswahlrangliste auf eine „Befähigungsgesamtnote“ abgestellt hat. Das war ebenso falsch.

Und trotzdem kam die Klägerin endgültig nicht zum Schadensersatz. Dann wenn man nun beide Fehler – des Dienstherrn und des Oberverwaltungsgerichts – wegdenkt und nun aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Auswahlentscheidung fiktiv nachholt, hätte die Klägerin immer noch keine ernsthafte Beförderungschance gehabt.

Dies folgt daraus, dass auch im Rahmen der Betrachtung des rechtmäßigen Alternativverhaltens des Dienstherrn die limitierenden Vorgaben des Haushaltsrechts berücksichtigt werden müssen. Durch die Besonderheiten des in Hamburg beschlossenen Haushalts wären daher bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht 397 Beamte befördert worden, sondern nur eine geringere, durch die haushaltsrechtlichen Vorgaben ausfinanzierte Zahl. Da die Klägerin auf einer hypothetischen, nach den dienstlichen Beurteilungen der Polizeibeamten erstellten Rangliste von den haushaltsrechtlich ausfinanzierten Stellen deutlich entfernt platziert gewesen wäre, hätte sie keine ernsthafte Chance auf die Vergabe eines Beförderungsamtes besessen.

So hat die Polizeibeamtin nun der Freien und Hansestadt Hamburg Nachhilfe geben können, auch dem Oberverwaltungsgericht Hamburg. Am Ende geht sie leer aus und darf auch die Kosten der Nachhilfestunden tragen. Denn nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stechen eben die haushaltsrechtlichen Vorgaben zum Umfang besetzbarer Planstellen den Erfolg der Schadensersatzklage aus.