Massive Zweifel am Ratsbeschluss, WAZ v. 27.06.2013

Anweisung aus Düsseldorf hin oder her; der Ratsbeschluss zur Auflösung der Max-Kölges-Schule vom 16. Mai hätte nicht fallen dürfen. Das meint jedenfalls der Verein Mehr Demokratie, nach eigenen Angaben die größte Nichtregierungsorganisation für Bürgerbegehren und Volksentscheide in Deutschland. Für NRW-Sprecher Thorsten Sterk kann ein Bürgerentscheid nach der Gemeindeordnung nur durch die Bürger in einem neuen Entscheid aufgehoben werden, nicht aber durch einen Ratsbeschluss. Selbst wenn das Schreiben der Bezirksregierung vom 21. März als Anweisung zu verstehen wäre, hätte die Politik mithin die Bürger entscheiden lassen müssen. Der Verein Mehr Demokratie stützt seine Sichtweise auf die Expertise des renommierten Verwaltungsjuristen Robert Hotstegs. Demnach dürfe die Einschätzung einer Bezirksregierung „in einer Demokratie nicht höher stehen als das Votum der Bürger.“ Damit justiert der Verein auch seine eigene Position neu. Im März war Mehr Demokratie noch davon ausgegangen, dass Zwänge, etwa aus dem Schulgesetz, samt Anordnung aus Düsseldorf genügen, um das Bürgervotum zu überstimmen.

Der Schulstandort an der Bruchstraße war im April 2012 von einem Bürgerentscheid gerettet worden. An einen solchen Entscheid ist der Stadtrat formal für zwei Jahre gebunden; eine Frist, die Mehr Demokratie stets als hinderlich kritisiert hatte. Eine Ratsmehrheit beschloss aber schon nach einem Jahr das Aus, weil die Anmeldungen an der Kölges-Schule unter den Mindestanforderungen geblieben waren.

Die Bindewirkung eines Bürgerentscheids ist in NRW noch nie richterlich überprüft worden. Aus einem einfachen Grund: „Bislang hat noch kein Stadtrat einen Bürgerentscheid außer Kraft gesetzt“, sagte Sterk. Er könnte sich vorstellen, dass die Stadt von sich aus einen Ratsbürgerentscheid anstößt. Dabei wäre die Frage zu klären, ob die Bürgerschaft in Eppinghofen einen dauerhaften Schulstandort sieht, auch als Dependance einer anderen Schulform. In diese Richtung zielen auch Überlegungen der Schule selbst, der Fraktion Wir-Linke und der SPD. Die Fraktion Wir-Linke will zudem heute im Hauptausschuss Oberbürgermeisterin Mühlenfeld bitten, den Ratsbeschluss vom Mai zu beanstanden.

Die Bezirksregierung hat gestern erklärt, dass die Stadt zur Auflösung der Schule verpflichtet war. Davor hatte die Behörde von „Bitte“ und „Empfehlung“ gesprochen. Die Bezirksregierung bedauert nun, dass aufgrund dieser Wortwahl der aus ihrer Sicht falsche Eindruck entstehen konnte, die Stadt hätte in dieser Frage eine Wahl gehabt.