Selbstablehnung einer Kirchenrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit, Disziplinarkammer bei dem Kirchengericht der EKD, Beschluss v. 30.05.2025, Az. 0134/1-2025

In einem aktuellen Disziplinarverfahren ist die Selbstablehnung einer Kirchenrichterin für begründet erklärt worden, da sie auch Mitglied in einem Leitungsorgan der beteiligten Landeskirche ist.

Nach früherem Recht hatte das Kirchengericht in der „Vertreter:innen-Besetzung“ zu entscheiden, also ohne Mitwirkung des (selbst-)abgelehnten Kirchenrichters, aber auch ohne Beteiligung der beisitzenden Richter:innen (§ 54 Abs. 1 S. 2 DG.EKD a.F.) (Disziplinarkammer der Ev. Landeskirche in Württemberg, Beschluss v. 24.09.2015, Az. DG 1/05, Verwaltungsgericht der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Beschluss v. 17.09.2018, Az. KVwG 2/2017 (jetzt: 4/2018) und Disziplinarkammer bei dem Kirchengericht der EKD, Beschluss v. 16.11.2018, Az. 0134/1-2018). Dies hat sich nunmehr geändert, sodass das Kirchengericht in vollständiger Vertreter:innen-Besetzung berät, lediglich der/die Vorsitzende den Beschluss aber unterzeichnet.

Die Entscheidung lautet im Volltext:

Die Selbstablehnung von Frau A. als rechtskun­dige Richterin ist begründet.

Gründe:

Frau A. gehört als rechtkundige Richterin der Diszip­linarkammer an. Sie hat mit Schreiben vom 03.06.2025 angezeigt, seit … 2024 dem Moderamen der Gesamtsynode der Klägerin und damit einem Leitungsor­gan der Klägerin anzugehören. Vor diesem Hintergrund halte sie sich im vorliegenden Fall für befangen und bittet um ihre Entbindung.

Die Beteiligten sind dazu angehört worden.

Die Selbstablehnung war gemäß §§ 52 Abs. 5, 1. Var., Abs. 3, Abs. 1 und Abs. 6 DG.EKD, 46 ZPO für begründet zu erklären, wobei an der Entscheidung die geschäfts­planmäßige Vertreterin der sich ablehnenden Richterin bereits mitzuwirken hatte, § 52 Abs. 3 Satz 2 DG.EKD.

Zwar ist das Moderamen nicht für die Durchführung des Disziplinarverfahrens zustän­dig, ihm stehen aber unter anderem das Begnadigungsrecht und die Aufgaben des obersten Dienstherrn zu. Entsprechend ist es bereits im Vorfeld über die Ermittlungen gegen den Beklagten und deren Inhalt informiert worden. Auch das abgelehnte Mit­glied des Kirchengerichts hat jedenfalls am 20.1 1.2024 an einer solchen Sitzung teilgenommen

Diese Umstände sind geeignet, Misstrauen des Beklagten gegen die Unparteilichkeit der Richterin zu rechtfertigen, § 52 Abs. 1 DG.EKD.

Gemäß § 49 Abs. 1 Satz 2 DG.EKD muss der Beschluss – nach der erfolgten Kam­merberatung – nur vom Vorsitzenden Richter unterzeichnet werden.

(Vorsitzender Richter)

Vermerk vom 30. Juni 2025: Die Kammermitglieder haben am 30. Juni 2025 den Be­schluss fernmündlich beraten und den aus dem Tenor ersichtlichen Beschluss gefasst.

(Vorsitzender Richter)