Impfbefehl für Soldat:innen?, Bundesverwaltungsgericht, Az. 1 WB 2.22 und 1 WB 5.22

Der 1. Wehrdienstsenat verhandelte heute erst- und letztinstanzlich über zwei Anträge von Offizieren gegen die Aufnahme der Covid-19-Impfung in die Liste der für alle aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vorgeschriebenen Basisimpfungen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat ab 24. November 2021 die allgemeinen Regelungen (AR) A1-840/8-4000 zur Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A 840/8 „Impf- und weitere Prophylaxemaßnahmen“ dahingehend geändert, dass neben der Tetanus-, Diphterie-, Pertussis-, Influenza-, Hepatitis- und FSME-Impfung nunmehr auch die Covid-19-Impfung verbindlich ist. Dementsprechend sind die Antragsteller angehalten worden, Impfangebote gegen das Coronavirus zu nutzen. Für diese Impfung bestehe nunmehr eine gesetzliche Duldungspflicht nach § 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SG.

Die Antragsteller bestritten die Rechtsmäßigkeit der Änderung dieses Erlasses. Die Covid-19-Impfung sei nicht zur Verhütung übertragbarer Krankheiten geeignet. Sie verhindere eine Infektion oder Erkrankung nicht. Es sei auch nicht belegt, dass die Impfstoffe die Gefahr einer schweren Covid-19-Erkrankung verminderten. Die Verwendung der neuartigen mRNA-Impfstoffe stelle keine Impfung im herkömmlichen Sinne dar, sondern die Verabreichung einer genbasierten, experimentellen Substanz. Der Einsatz dieser Gentechnik sei hinsichtlich der Nebenwirkungen und Langzeitfolgen unzureichend erforscht. Darum liege nur eine bedingte Arzneimittelzulassung vor. Die Erforschung der Impfnebenwirkungen und -komplikationen werde in einem großen Feldversuch bei der Anwendung in der Gesamtbevölkerung nachgeholt. Dabei würden die tatsächlich eingetretenen Impfnebenwirkungen und -komplikationen von den Behörden erheblich untererfasst. Es drohten erhebliche Impfschäden, weswegen die Anordnung der Impfung unverhältnismäßig und unzumutbar sei. Der Impfzwang verstoße insbesondere gegen die Grundrechte der Antragsteller aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes sowie gegen Europa- und Völkerrecht. Die Verwendung der Impfstoffe sei sogar nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3a AMG strafbar, weil dieses Arzneimittel durch die Abweichung von den allgemein anerkannten pharmazeutischen Regeln in seiner Qualität erheblich gemindert sei.

Das Bundesministerium der Verteidigung hielt den Antrag bereits für unzulässig, weil die Änderung der Verwaltungsvorschriften noch nicht in die Rechtssphäre des Soldaten eingreife. Im Übrigen sei die Aufnahme der Covid-19-Impfung in die Liste der generell durchzuführenden Basisimpfungen rechtmäßig. Das Grundrecht der Soldaten auf körperliche Unversehrtheit sei durch § 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SG wirksam eingeschränkt worden. Die Vorschrift erlaube die Anordnung einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus Sars-Cov-2. Die Impfung diene der Verhütung einer übertragbaren Krankheit, auch wenn sie keinen vollständigen Schutz biete. Es genüge, dass sie die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung und die Gefahr schwerer Verläufe reduziere. Dies sei auf Grund aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen und nach den Erhebungen des Robert-Koch-Instituts erwiesen. Mit der Schutzimpfung seien auch keine überproportional hohen Impfrisiken verbunden. Die Impfstoffanwendung werde laufend durch die zuständigen europäischen Stellen und das Paul-Ehrlich-Institut überwacht. Dieses komme in seinem Sicherheitsbericht zu dem Ergebnis, dass schwerwiegende Nebenwirkungen sehr selten auftreten und das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfung nicht ändern würden. Die Impfung verstoße auch nicht gegen nationale oder internationale Vorschriften.

Das Ergebnis der Beratungen wurde noch nicht bekannt.

NRW-Besoldung der Richter:innen und Beamt:innen in den Jahren 2013 und 2014 verfassungswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse v. 29.04.2022, Az. 26 K 2275/14, 26 K 6317/14, 26 K 258/15

Mit heute in öffentlicher Sitzung verkündeten Beschlüssen hat die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Regelungen über die Besoldung der Richter und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (konkret: Grundgehälter der Besoldungsgruppen R 1, R 2 und B 3) in den Jahren 2013 und 2014 mit dem sog. Alimentationsprinzip nach Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes vereinbar sind.

Die Kläger in drei Parallelverfahren sind zwei Richter (Besoldungsgruppen R 1 und R 2) sowie ein – inzwischen im Ruhestand befindlicher – Beamter (Besoldungsgruppe B 3) im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie machen mit ihren Klagen geltend, sie seien in den Jahren 2013 und 2014 nicht amtsangemessen besoldet worden.

Mit dem Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 erhöhte der Gesetzgeber die Grundgehälter der Beamten und Richter gestaffelt nach Besoldungsgruppen. Die Grundgehälter für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 wurden entsprechend dem Ergebnis der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst erhöht. Die Erhöhung für die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 blieb hinter dem Tarifabschluss zurück. Für alle anderen Beamten sowie für die Richter und Staatsanwälte war keine Erhöhung vorgesehen. Mit Urteil vom 1. Juli 2014 – VerfGH 21/13 – entschied der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, dass diese Regelung verfassungswidrig war. Daraufhin erließ der Landtag ein Änderungsgesetz, das auch für die Besoldungsgruppen ab A 13 eine – allerdings gegenüber dem Tarifabschluss geringere – Erhöhung der Grundgehälter vorsieht. Nach der Überzeugung der Kammer ist diese Regelung, soweit sie die Besoldungsgruppen der Kläger betrifft, verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen materielle Anforderungen an die Besoldungsgesetzgebung herausgearbeitet. Außerdem ist eine besoldungsrechtliche Regelung bereits dann verfassungswidrig, wenn der Besoldungsgesetzgeber eine Besoldungsanpassung nur unzureichend begründet hat. Das ist hier der Fall. Die Gesetzgebungsmaterialien lassen nicht nachvollziehbar erkennen, anhand welcher Methode der Gesetzgeber die Besoldung fortgeschrieben hat und welche Tatsachen der Entscheidung zugrunde liegen. Ob das Gesetz auch gemessen an den materiellen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zu beanstanden ist, hat die Kammer offen gelassen.

Da die Entscheidung über die Gültigkeit eines Gesetzes den Verfassungsgerichten vorbehalten ist, musste das Verwaltungsgericht die Verfahren aussetzen. Es hat das Bundesverfassungsgericht zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der besoldungsrechtlichen Regelung angerufen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht nur für die Kläger der vorliegenden Verfahren, sondern auch für zahlreiche Beamte, Richter und Staatsanwälte relevant, die gegen die Besoldung der Jahre 2013 und 2014 Widersprüche eingelegt haben, über die das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen – mit Rücksicht auf anhängige Gerichtsverfahren – noch nicht entschieden hat. Beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen sind weitere Parallelverfahren anhängig.

Pressemitteilung v. 27.04.2022

Auf der Suche nach der Bundesdisziplinarkammer: Das ver­schwun­dene Gericht, lto.de v. 26.02.2022

Interview von Tanja Podolski

Die Bundesdisziplinarkammer X war ein Bundesgericht in Düsseldorf. Und es ist verschwunden. Im Interview erklärt Anwalt Robert Hotstegs, wie und warum er dieses Gericht sucht. Fest steht: Eine bekannte Entscheidung des Gerichts irritiert.

LTO: Herr Hotstegs, Sie suchen ein verschwundenes Gericht, was hat es damit auf sich?

Robert Hotstegs: Ich suche die Bundesdisziplinarkammer X (römisch 10). Das war ab 1953 für etwa 14 Jahre ein Bundesgericht in Düsseldorf. Heute kann sich offenbar niemand daran erinnern und es sieht so aus, als ob dieses Gericht kaum Spuren hinterlassen habe. Dabei war es als Disziplinargericht für Bundesbeamte zuständig und hat als solches nicht nur frische, sondern auch ältere Fälle aus den 30er und 40er Jahren, sprich der NS-Zeit, der Nachkriegs- und der Besatzungszeit entschieden. Es wundert mich, dass man darüber kaum Informationen findet und deshalb will ich die Spuren suchen – und finden.

Wie sind sie auf das Thema gestoßen?

Zufällig. Wir verteidigen seit Jahren Beamtinnen und Beamte, wenn sie beschuldigt werden, gegen Dienstpflichten verstoßen zu haben und auch Soldatinnen und Soldaten in ihren ähnlich gelagerten Disziplinarfällen vor deren Spezialgerichten. Bei diesen Truppendienstgerichten oder im Wehrsenat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sieht es allerdings etwas anders aus als bei sonstigen Gerichtsverfahren: Da steht vorne eine Truppendienstfahne neben der Richterbank und zwei der fünf Richterinnen bzw. Richter haben eine Uniform an.

Ich bin der Frage nachgegangen, wo und wie diese Gerichte normiert sind und stellte fest: Es gibt eine Anordnung für diese Truppendienstgerichte und eine nahezu identische Anordnung für alte Bundesdisziplinargerichte. Diese Gerichte gibt es nicht mehr, aber die alte Anordnung des Bundespräsidenten, die existiert noch. Der hat angeordnet, wie die Richter:innen und Bundesdisziplinaranwält:innen sich zu kleiden haben.

Die Vorsitzenden der Bundesdisziplinarkammern trugen danach nicht nur eine normale Robe, sondern auch ein Barett mit einer Schnur in Silber. Das habe ich noch nie gesehen, würde es aber gerne mal. So kamen in mir die Fragen auf: Was haben die für Fälle entschieden, wer hat an diesen Gerichten gearbeitet, wie haben die Richter – vermutlich waren es damals nur Männer – dort gearbeitet, und wo kamen die Richter im Jahr 1953 her? Diese Juristen müssen ja in der NS-Zeit oder kurz davor ihren Abschluss gemacht haben.

Was ich schon beobachtet habe ist, dass es im heutigen Disziplinarrecht Spuren gibt, die 100 Jahre und älter sind, einige Vorschriften hatten damals einen ähnlichen Wortlaut wie heute und wurden von Juristen auf ähnliche Sachverhalte angewendet. Vielleicht erklärt sich aus der Historie, wie sich manche Auslegungen entwickelt haben und woher gewisse rechtliche Konstruktionen kommen. Vielleicht erklärt sich sogar einiges aus dem anwaltlichen Berufsrecht, denn einige Formulierungen zu den Berufspflichten waren früher 1:1 mit Vokabeln belegt, die aus dem Disziplinarrecht stammen – der Staat hat also selbstständige Anwält:innen einem ähnlichen Konstrukt unterworfen, wie abhängige Beamte.

[…]

Rechtsanwalt Robert Hotstegs informiert über den Stand seiner Nachforschungen in unregelmäßigen Abständen auf einer Themenseite des Düsseldorfer Instituts für Dienstrecht unter www.difdi.eu.

Link zum vollständigen Artikel

Bäderfrage in Niederkrüchten: Sondersitzung für Bürgerbegehren, Rheinische Post v. 10.02.2022

Niederkrüchten. Am Dienstag hat der Rat den Punkt Bürgerbegehren von der Tagesordnung genommen. Das Thema soll am 22. Februar in einer Sondersitzung behandelt werden. Der Grund ist eine zweite juristische Stellungnahme. Was diese enthält. Vorgeschlagen war, das erste Bürgerbegehren für die Sanierung des Freibades als „unzulässig“ abzulehnen. Doch dazu kam es erst gar nicht.

Bürgermeister Kalle Wassong (parteilos) erklärte gleich zu Beginn des Tagesordnungspunktes, die Gemeinde habe um 17.26 Uhr ein zweites Gutachten von den Initiatoren des Bürgerbegehrens erhalten. Damit die Mitglieder des Rates Zeit hätten, die Argumentation der Rechtsanwälte nachzuvollziehen, schlug die Verwaltung vor, das Thema nicht am Dienstag, sondern in einer Sondersitzung am 22. Februar zu behandeln. Die Verschiebung beschloss der Rat einstimmig.

Die Düsseldorfer Rechtsanwälte von Hotstegs hatten das von der Gemeinde in Auftrag gegebene Gutachten der Kölner Kanzlei Lenz & Johlen vom 4. Februar durchgesehen und dazu ein eigenes Gutachten erstellt: Mit Blick auf die Ratssitzung am 8. Februar heben die Anwälte der Initiatoren des Bürgerbegehrens drei Punkte hervor: Die Information der Ratsmitglieder sei verspätet und unvollständig erfolgt. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens seien nicht zur Ratssitzung als Vertretungsberechtigte des Begehrens eingeladen geworden, sodass sie in ihrem Rederecht verletzt worden seien. Der dritte Punkt zeigt ein Dissens unter den Juristen auf: „Die Ausführungen des Gutachtens zur angeblich unvollständigen Begründung des Bürgerbegehrens einerseits und zur angeblich fehlerhaften Bewertung der Kostenschätzung der Verwaltung andererseits berücksichtigen vor allem die Rechtsentwicklung der Gemeindeordnung seit 2011 nicht. Berücksichtigt man diese aber, erweist sich Ihr Begehren als ordnungsgemäß begründet und Ihre Bewertung der Kostenschätzung der Verwaltung als unschädlich.“

Die beiden maßgeblichen Aspekte, wonach die Initiatoren des Bürgerbegehrens gehalten gewesen wären, auch auf den Beschluss des Rates vom 9. November ausdrücklich Bezug zu nehmen, überzeugten die Juristen nicht. Außerdem ziele der gesetzgeberische Wille eher darauf ab, der bürgerschaftlichen Mitwirkungs- und Entscheidungsmöglichkeit keine allzu hohen bürokratischen Hürden entgegen zu stellen. Hinzukommt: Der Ratsbeschluss vom 9. November, auf die Sanierung des Freibades zu verzichten, sei erst nach Beginn des Bürgerbegehrens gefasst worden. „Er existierte noch nicht, war weder diskutiert, noch beschlossen, sodass es verfehlt ist, ihn zum zwingenden Bestandteil der Begründung des Bürgerbegehrens zu erheben. Das Begehren wurde vor der Beschlussfassung des Rates gestartet. Mit Beginn der Unterschriftensammlung vor dem 9. November wurde das Begehren sozusagen konserviert“, heißt es im Gutachten.

CDU-Fraktionsvorsitzender Johannes Wahlenberg meldete sich als erster. Das zweite Gutachten habe er erst vor ein paar Stunden erhalten und nur querlesen können. Die Zeit wäre zu knapp, um es vernünftig bewerten zu können. Für die CDU beantragte Wahlenberg, die Kommunalaufsicht des Kreises einzuschalten, um zu einer unabhängigen Bewertung zu kommen. So befürchte er einen weiteren Schlagabtausch der Juristen. Hermann-Josef Schippers, zweiter Mann an der Rathausspitze, nannte diesen Antrag „nicht zielführend“. Wenn es zu unterschiedlichen juristischen Meinungen käme, sei nicht mehr der Rat zuständig, dann müsse ein Rechtsstreit vor Gericht geführt werden. SPD-Fraktionsvorsitzender Wilhelm Mankau begrüßte die Verschiebung auf den 22. Februar, „um keine Verfahrensfehler zu machen“. Und für die Grünen erklärte Vorsitzende Anja Degenhardt, die Grünen hätten sonst eh einen Antrag auf Vertagung gestellt.

Bürgermeister Wassong ging auf das zweite Gutachten ein. In den ersten beiden Punkten sei es komplett zu widerlegen, im dritten Punkt kämen die Juristen aus Köln zu einer anderen Bewertung. Johannes Wahlenberg erneuerte den CDU-Antrag, die Kommunalaufsicht als neutrale Stelle miteinzubeziehen. Bei acht Stimmen der CDU und sieben Enthaltungen aus den Reihen der Grünen lehnte die Ratsmehrheit dies ab. Auch die fünf Mitglieder der Niederkrüchtener Wählergemeinschaft, die im Januar aus der CDU ausgetreten waren, stimmten gegen ihre frühere Fraktion.

Die 34 Ratssitze sind nach der Gründung der neuen Fraktion (fünf Sitze) neu berechnet und verteilt worden: Die Grünen haben neun Sitze, die CDU hat acht, die SPD hat sechs, die FDP drei, die CKW zwei und „Die Linke“ einen Sitz.

Dienstanweisung zu sozialen Medien: WDR will pri­vate Acco­unts regu­lieren, lto.de v. 08.02.2022

von Tanja Podolski

Der WDR will seine Beschäftigten zur Neutralität anhalten – auch auf deren privaten Social-Media-Accounts. Journalisten befürchten die Verletzung ihrer Meinungsfreiheit, Juristen verweisen auf Neutralitätspflicht und Direktionsrecht.

Beim WDR sorgt der Entwurf einer „Dienstanweisung zum Umgang mit sozialen Medien“ für Aufruhr. Die Anstalt des öffentlichen Rechts möchte ihren Beschäftigten vorgeben, wie sie die sozialen Medien zu nutzen haben. Die Regelungen in dem Entwurf zur Dienstanweisung beziehen sich allerdings nicht nur auf die Firmen-Accounts des WDR selbst. Sie schließen, das ist in § 1 der Dienstanweisung vorgegeben, ausdrücklich „Inhalte in privaten Accounts, soweit der WDR von diesen mittelbar oder unmittelbar betroffen ist“, ein.

Konkrete Regelungen zu den privaten Accounts folgen in § 5 der Anweisung. Dort heißt es, den Mitarbeitenden stehe „als Staatsbürger:innen das Recht der freien Meinungsäußerung zu“. Es folgen Absätze zu – in Beschäftigungsverhältnissen üblichen – Loyalitätspflichten gegenüber dem WDR. Und dann: „Wenn durch private Äußerungen in sozialen Medien insbesondere von redaktionell Mitarbeitenden in der Öffentlichkeit der Eindruck der Voreingenommenheit oder Parteilichkeit entsteht und dies Themenbereiche tangiert, in denen die oder der Mitarbeitende dienstlich tätig ist, behält sich der WDR vor, ihnen im Rahmen seines Weisungsrechts andere Aufgaben zuzuweisen.“ Laut einer Stellungnahme des WDR handelt es sich bei diesem Entwurf, die zuerst auf netzpolitik.org veröffentlicht wurde, um eine veraltete Fassung. Nach LTO-Informationen ist dieser Passus der Aktuelle, über den verhandelt wird.

WDR-Mitarbeitende sehen darin eine eklatante Verletzung der Meinungsfreiheit, die verfassungswidrig sei, wie es in der Stellungnahme eines Redakteurs heißt. Kann das stimmen?

[…]

Entscheidend wird deshalb wohl sein, wie exzessiv der WDR sein Direktionsrecht ausübt: „Unterbunden werden können nur solche Meinungsbeiträge, die bei objektivierender Betrachtung tatsächlich geeignet sind, die gesetzliche Aufgabenerfüllung des WDR zu beeinträchtigen“, sagt Gärditz“. „Unzulässig wäre es etwa, lediglich unliebsame Meinungsäußerungen zu sanktionieren, weil sie von der Linie des WDR abweichen oder Kritik an bestimmten Inhalten äußern. Insoweit ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der WDR selbst binnenpluralistisch sein muss und Meinungsvielfalt gerade zum gesetzlichen Auftrag gehört, deren Sichtbarkeit diesen also nicht gefährden kann.“

Rechtsanwalt Robert Hotstegs aus Düsseldorf hat dazu gleich einen Vorschlag: „Ich hielte es für geboten, vor allem der Dienstanweisung voranzustellen, dass Meinungsvielfalt und aktive Nutzung der sozialen Medien gern gesehen sind und dass Mitarbeiter:innen grundsätzlich für WDR-nahe Tätigkeiten auch jederzeit den Schutz des Unternehmens erhalten können“. Das sei in § 6 der Dienstanweisung ganz hinten versteckt und gehört als Programmsatz seines Erachtens geradezu vorangestellt.

Schlussendlich geht es wie bei jeder Gemeinschaft um die Verständigung auf gemeinsame Prinzipien für einen Auftrag gegenüber der Gesellschaft. Möglich sei so eine Dienstanweisung, sagt Hotstegs, „aber die Frage ist doch, ob sie inhaltlich dem WDR gut zu Gesicht steht“.

Link zum vollständigen Artikel

Sondersitzung des Lüner Rates: Stadt steht ohne gültigen Haushalt da, Ruhr Nachrichten v. 01.02.2022

Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns hat den Stadtrat zu einer Sondersitzung am Freitag (4.2.) eingeladen. Es geht um den Haushalt 2022, der laut Bürgermeister unrechtmäßig zustande kam.

von Torsten Storks

Der Lüner Stadtrat trifft sich am kommenden Freitag (4. Februar) zu einer von Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns einberufenen Dringlichkeitssitzung im Erlebnisreich-Campus an der Hüttenallee – aus gewichtigem Grund:

[…]

zum Bericht der Ruhr Nachrichten im Volltext

Nach AfD-Mandat zurück in die sächsische Justiz: Wird Jens Maier wir­k­lich wieder Richter?, lto.de v. 20.01.2022

von Annelie Kaufmann

Seit bekannt ist, dass der ehemalige AfD-Abgeordnete Jens Maier wieder Richter werden will, wird darüber diskutiert, ob das Justizministerium ihn stoppen kann. Wenn nicht – dann vielleicht der Landtag oder sein künftiger Dienstvorgesetzter?

Kann das sein? Da sitzt jemand vier Jahre lang für die AfD im Bundestag, sympathisiert mit dem völkischen Flügel um Björn Höcke, wird vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und soll dann, nachdem er sein Mandat verloren hat, wieder Richter werden? 

Wenn Maier sich heute auf eine Richterstelle bewerben würde – er hätte keine Chance. Aber: Maier bewirbt sich nicht, er ist schon 1992 in die sächsische Justiz eingetreten. Und eine Entfernung aus dem Dienst ist ungleich schwieriger. 

Maier wird demnächst sechzig und will zurück in die gesicherten Verhältnisse des öffentlichen Dienstes, zurück auf einen Richterposten. Einen entsprechenden Antrag hat er beim sächsischen Justizministerium gestellt, seitdem erhält er wieder Bezüge; dass er freiwillig verzichtet, gilt als nicht wahrscheinlich. In der sächsischen Justiz führt das zu Kopfschütteln, Unmut, Wut – und Ohnmacht. Kann man jemanden wie Maier wirklich nicht verhindern?

[…]

Kann man Maier sein Verhalten als Abgeordneter vorwerfen?

Sollte man sich dort zu einem Disziplinarverfahren entschließen, wäre es nicht das erste. Bereits 2017 – vor seiner Zeit als Abgeordneter – erging eine Disziplinarverfügung gegen Maier. Dabei ging es um zwei Facebook-Einträge und um eine Rede, die Maier bei einer Veranstaltung im Ballhaus Watzke in Dresden gehalten hatte, er warnte damals vor der „Herstellung von Mischvölkern“ und wollte den deutschen „Schuldkult“ für „beendet“ erklären. Der Präsident des Landgerichts (LG) Dresden sprach einen Verweis aus. Das bedeutet allerdings auch, dass die damaligen Äußerungen Maier nicht erneut vorgehalten werden können. Sie sind damit abgegolten, der Verweis wurde mittlerweile aus der Personalakte entfernt. 

Damit stellt sich die Frage, ob man Maier Äußerungen und Auftreten während seiner Zeit als Abgeordneter in einem Disziplinarverfahren vorhalten kann. Philipp Austermann, Professor an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, geht von einer klaren Gesetzeslage aus: „Äußerungen, die in die Zeit als Abgeordneter fallen, können für etwaige Disziplinarverfahren keine Rolle spielen. Während der Zeit als Abgeordneter gilt das Mäßigungsgebot nicht. Das sieht § 5 Abgeordnetengesetz ausdrücklich so vor und das hat der Gesetzgeber auch 1976 in der Begründung des Gesetzes betont.“ Dort heißt es: „So ruhen besonders die Pflicht zur Unparteilichkeit und die politische Treuepflicht“ sowie die „Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Tätigkeit“. 

Austermann sieht den Gesetzgeber am Zug: „Es wäre sinnvoll, wenn man für Angehörige des öffentlichen Dienstes klarstellen würde, dass sie auch während ihrer Zeit als Abgeordneter zumindest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen müssen. Ansonsten stehen wir vor einem Problem, wenn Abgeordnete aus dem Bundestag in den öffentlichen Dienst zurückkehren möchten, aber gleichzeitig Zweifel an ihrer Verfassungstreue bestehen.“

Robert Hotstegs, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und ständiger Beisitzer des Dienstgerichts für Richter beim LG Düsseldorf, hält die Rechtslage für weniger eindeutig: „Auch wenn § 5 Abgeordnetengesetz grundsätzlich vorsieht, dass die Dienstpflichten während der Zeit als Abgeordneter ruhen, kann man argumentieren, dass damit nicht alle Pflichten vollständig ruhen“, so Hotstegs. „Dafür spricht etwa, dass auch von beurlaubten Beamten verlangt wird, sich nicht gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu betätigen – dann kann man erst recht von Richtern, die in den Staatsdienst zurückkehren, eine gewisse Verfassungstreue erwarten.“

[…]

Link zum vollständigen Artikel

Standpunkt: Auf der Suche nach Rechts-Schutz, NJW-aktuell 4/2022, S. 15

Foto Artikel "Auf der Suche nach Rechts-Schutz" (NJW)

Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter, Amtsträgerinnen und Amtsträger repräsentieren den Staat, sie verwalten ihn, sie sprechen Recht für ihn und sie gestalten ihn. Gleichwohl ist ihr individuelles Verhältnis zum Staat gelegentlich ambivalent. Seitdem aktuelle Fälle nicht nur wünschenswert kritische und mitdenkende Geister, sondern feindlich, auch kämpferisch auftretende Personen aufgezeigt haben, ist der Wunsch nach Schutz vor Verfassungsfeinden größer geworden. Eine Regelanfrage bei der Einstellung wäre gleichwohl nur eine Momentaufnahme, keine Lösung.

Sowohl das Beamten- wie auch das Richterdienstverhältnis machen seit jeher von Verfassungs und Gesetzes wegen zur Voraussetzung einer Ernennung, dass der oder die Kandidatin „jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes“ (§ 7 BeamtStG, § 9 DRiG) eintritt. Anders gelagert sind die Anforderungen des § 7 Nr. 6 BRAO, an die sich auch etwa § 8 III 2 Nr. 3 SächsJAG für den juristischen Vorbereitungsdienst anlehnt. Danach sind die Zulassung zur Anwaltschaft oder zum Vorbereitungsdienst zu versagen „wenn die antragstellende Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft“.

[…]

Der vollständige Beitrag ist im Heft NJW 4/2022 erschienen.

VG Düsseldorf gegen Land NRW: Mit Rügen und Anträgen „über­zogen“, lto.de v. 15.12.2021

von Tanja Podolski

Das Land NRW hat in Verfahren wegen Corona-Soforthilfe sehr früh Anwälte mandatiert. Diese Kosten sollte das Land selbst tragen, entschied das VG Düsseldorf. Die zahlreichen darauf folgenden Befangenheitsanträge wies es nun allesamt ab.

[…]

„Die Kostenentscheidung zu Lasten des Landes ist wirklich ungewöhnlich, nämlich die im Gesetz vorgesehene Ausnahme“, erklärt Rechtsanwalt Robert Hotstegs aus Düsseldorf. Sie komme äußerst selten zum Tragen. Allerdings gebe es auch im Kostenrecht Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben. „Wenn ich also – als Bezirksregierung – durch den richterlichen Hinweis sehe, dass die Klagen unzulässig sein dürften und voraussichtlich zurückgenommen werden, darf ich die Kosten der Kläger:innen nicht dadurch erhöhen, dass ich sozusagen ’noch auf die Schnelle‘ eigene Bevollmächtigte beauftrage. Hier hätte die Bezirksregierung also durchaus die Reaktion der Kläger:innen abwarten sollen“, so Hotstegs.

Im Übrigen seien die Kostenentscheidungen wohl auch ausgewogen, weil laut Pressemitteilung das Gericht der Bezirksregierung nur die Kosten der eigenen Anwälte auferlegt habe. „Die Kläger zahlen dann ihre eigenen Anwälte, die Gerichtskosten und – hier kommt es auf den genauen Wortlaut der Kostenentscheidung an – evtl. auch die Kosten der Bezirksregierung selbst. Damit könnte das Land immerhin noch die Kostenerstattung für Post- und Telekommunikationskosten und Fotokopien prüfen und beantragen“, so Hotstegs.

Aus Bürger:innensicht sei die Kostenregelung sehr zu begrüßen, um Behörden die kurzfristige Kostensteigerung zu Lasten der Kläger:innen zu verwehren. „Die Behörden sind hierdurch ja gerade nicht gehindert, eigene Anwälte zu nutzen und in den weiter anhängigen, streitigen Verfahren auch die Kostenerstattung im Erfolgsfall zu nutzen“, sagt der Anwalt.

Link zum vollständigen Artikel

Wir spenden 2021 für die Freiheit und gegen die Flut!

Es ist eine gute Tradition, dass wir auf gedruckte Weihnachtskarten und -briefe verzichten. Stattdessen wählen wir aus den Vorschlägen unserer Mitarbeiter:innen seit einigen Jahren stets zwei (manchmal sogar drei) Spendenzwecke aus, die uns besonders am Herzen liegen.

Flutkatastrophe 2021

Die Wahl fiel uns leider auch in diesem Jahr leicht. Leider, weil wir zuallererst an die Flutopfer aus dem Hochwasser diesen Sommers gedacht haben. Auch mitten im Winter und kurz vor Weihnachten ist die Infrastruktur noch nicht in allen Orten wiederhergestellt, Unterkünfte sind weiterhin unbewohnbar und ganze Familien behelfsmäßig untergebracht. Hier haben wir uns entschieden mit der einen Hälfte unserer Weihnachtsspende zu helfen.

„Wir spenden 2021 für die Freiheit und gegen die Flut!“ weiterlesen