Gutachten und Suchpflicht bei Dienstunfähigkeit, hier: „Schülerphobie“, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.03.2015, Az. 2 C 37.13

Was ist zu tun, wenn ein Beamter oder eine Beamtin erkrankt und festgestellt werden soll, ob er oder sie noch dienstfähig ist? Was muss geschehen, wenn ein amtsärztliches Gutachten die Dienstunfähigkeit bestätigt? – Diese Fragen werden jeden Tag hundertfach in Behörden gestellt und beschäftigen uns regelmäßig. Denn die Verfahren sind in den allermeisten Fällen fehleranfällig und fehlerhaft. Am häufigsten lauern die Fehler in der amtsärztlichen Untersuchen und der Frage der anderweitigen Verwendung, also der Verwendung auf einem anderen Dienstposten im Bereich des Dienstherrn. Hier vergisst ein Bundesland oft, dass es so groß ist, die Bundesrepublik blendet ganze Verwaltungszweige aus und Deutsche Bahn, Deutsche Telekom, Deutsche Post und Deutsche Postbank vergessen den Rest der Republik.

Das Bundesverwaltungsgericht hat aktuell einen bayerischen Fall entschieden:

1. Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten muss sowohl die notwendigen medizinischen Feststellungen zum Sachverhalt darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen zu genügen.

2. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Sie muss ebenso freie wie in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzende Dienstposten einbeziehen und eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Die bloße Einräumung einer sog. Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer „Fehlanzeige“ ausgeht, wenn nicht innerhalb bestimmter Frist eine Rückmeldung vorliegt, genügt nicht. „Gutachten und Suchpflicht bei Dienstunfähigkeit, hier: „Schülerphobie“, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.03.2015, Az. 2 C 37.13“ weiterlesen

„Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern“, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 21.05.2015, Az. 1 K 3171/14

Ein aktuelles Verfahren aus dem Recht der Bürgerbeteiligung erinnert leider schmerzlich an den Rütlischwur, der frei nach Schiller lautet: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr.“

Genauso sind nämlich auch die Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens in Not und Gefahr verbunden. Klage erheben dürfen sie nur gemeinsam. Macht ein Vertretungsberechtigter nicht mit, scheitert die Klage. Hier sogar mit der Folge, dass die Rechtsanwälte 1/3 der Verfahrenskosten zu tragen hatten.

Leitsätze:

1. Gegen die Feststellung, dass ein Bürgerbegehren unzulässig ist, können die Vertreter des Bürgerbegehrens im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 GO NRW nur gemeinschaftlich Klage erheben.

2. Scheidet einer von mehreren Vertretern des Bürgerbegehrens im Laufe des Verfahrens aus, wachsen dessen Vertretungsrechte den übrigen Vertretern zu (Anschluss an OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2004, Az. 15 B 522/04).

Die Entscheidung führt im Wortlaut aus: „„Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern“, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 21.05.2015, Az. 1 K 3171/14“ weiterlesen

Informationsveranstaltungen der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft (01./02.07.2015)

Musterklagen gegen die Opt-Out-Pauschale vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf


Auf Einladung der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft in Düsseldorf informiert Rechtsanwalt Robert Hotstegs am 01. und 02.07.2015 im Brauhaus am Dreieck, Blücherstraße 6, 40477 Düsseldorf. Die Veranstaltungen beginnen um 16.00 Uhr.


In drei Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf streiten Feuerwehrbeamte der Landeshauptstadt Düsseldorf gegen die Gewährung der Opt-out-Pauschale (damals: 20,- € / Schicht). Zahlreiche Widerspruchsverfahren bei dem Dienstherrn verfolgen das gleiche Ziel. In diesen Verfahren hat die Stadt Düsseldorf einen unbefristeten Verjährungsverzicht erklärt, sodass diese Verfahren auch die Musterklagen abwarten können und die Beamten von dem Ergebnis profitieren können.

1. Überblick über die Themen der Musterklagen

Im Kern ist die Argumentation darauf gerichtet, dass wir die Anwendung des Zulagengesetzes in Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig halten. „Informationsveranstaltungen der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft (01./02.07.2015)“ weiterlesen

Außerdienstlicher Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien kann bei Polizeibeamten zur Entfernung aus dem Dienst führen, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 18.06.2015, Az. 2 C 9.14, 2 C 19.14 und 2 C 25.14

Der außerdienstliche (d.h. private) Besitz von kinderpornographischen Bild- oder Videodateien hat bei Polizeibeamten wegen ihres Amtes und des in sie gesetzten Vertrauens stets den für eine disziplinarische Ahndung erforderlichen Amtsbezug. Der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist in solchen Fällen bis zur Höchstmaßnahme eröffnet, kann also zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute in drei Revisionsverfahren entschieden und dabei seine Rechtsprechung zu Fällen dieser Art fortentwickelt. „Außerdienstlicher Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien kann bei Polizeibeamten zur Entfernung aus dem Dienst führen, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 18.06.2015, Az. 2 C 9.14, 2 C 19.14 und 2 C 25.14“ weiterlesen

„Jetzt kann jeder verbeamtet werden!“ | Beamtenrecht | Pressemitteilung 2015-03

Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft
Düsseldorf, den 28.05.2015

::: Pressemitteilung 03/2015 :::

„Jetzt kann jeder verbeamtet werden!“
Bundesverfassungsgericht kippt Altersgrenze für Verbeamtung in Nordrhein-Westfalen

Karlsruhe/Düsseldorf. Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer heute bekannt gewordenen Entscheidung für ein Erdbeben gesorgt: zwei Lehrer, die die bisherige Altersgrenze von 40 Jahren überschritten hatten und nicht verbeamtet wurden, haben diese Altersgrenze erfolgreich angegriffen. Damit darf die Regelung nicht mehr angewendet werden: es gibt also keine Altersgrenze in Nordrhein-Westfalen, jeder kann Beamter werden. (Az. 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12)

Fachanwalt Robert Hotstegs (35) ist sich sicher: „Das ist eine wichtige Entscheidung für alle, die 40 Jahre und älter sind. Genauso auch für alle Bewerber und Angestellten in NRW, deren Antrag auf Verbeamtung in der Vergangenheit abgelehnt worden ist. Jeder einzelne von ihnen sollte nun überprüfen, ob sich das Blatt gewendet hat und die Chancen gestiegen sind.“ Es sei deshalb mit einer Vielzahl von neuen und alten Verbeamtungsanträgen zu rechnen. „„Jetzt kann jeder verbeamtet werden!“ | Beamtenrecht | Pressemitteilung 2015-03“ weiterlesen

Altershöchstgrenzen für die Verbeamtung in NRW verfassungswidrig, Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 21.05.2015

Das Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen beinhaltet keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Die in der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 vorgesehenen Regelungen der Altershöchstgrenze sind daher mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Beschluss entschieden. Zwei Verfassungsbeschwerden hat der Senat stattgegeben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zugleich hat der Senat die materiellen Anforderungen an Einstellungshöchstaltersgrenzen konkretisiert: Sie sind grundsätzlich zulässig, um ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit zu gewährleisten. Der Gesetzgeber verfügt insoweit über einen Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen sich unter anderem aus den Anforderungen des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben. Im Ergebnis gibt es aber momentan keine Altersgrenze für die Verbeamtung in Nordrhein-Westfalen. „Altershöchstgrenzen für die Verbeamtung in NRW verfassungswidrig, Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 21.05.2015“ weiterlesen

Beamter darf die Tat ohne negative Konsequenz bestreiten, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 05.05.2015, Az. 2 B 32.14

Ein heute bekannt gewordener Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts macht deutlich, wie wichtig es ist, im Disziplinarverfahren die Verteidigung auf eine breite Argumentationsbasis zu stellen: während viele andere Rügen erfolglos blieben, waren wir am Ende damit erfolgreich, dass wir die Verletzung rechtlichen Gehörs darlegen konnten.

Das ist umso bedeutender, als wir nämlich das Verfahren erst nach dem Abschluss des Strafverfahrens (mit einem Freispruch des Beamten) und nach der zweiten Disziplinarinstanz (jeweils Entfernung aus dem Dienst) von einem Kollegen übernommen haben. Während das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht auch die Pflicht haben, den Sachverhalt zu ermitteln, bewertet das Bundesverwaltungsgericht in der Nichtzulassungsbeschwerde nur reine Rechtsfragen. Hier zahlt sich daher Erfahrung im Disziplinarrecht doppelt aus.

Leitsätze des Gerichts:

1. Im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme kann unter dem Aspekt der Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG; hier: § 11 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ThürDG) zu dessen Gunsten zu berücksichtigen sein, dass der Beamte die von ihm eingeräumten Taten nachträglich aufgearbeitet hat (z.B. indem er innere Einsicht zeigt oder sie wiedergutzumachen sucht) und eine erneute Begehung entsprechender Dienstvergehen nicht mehr zu besorgen ist.

2. Nicht zulässig ist es dagegen, das Ausbleiben einer solchen inneren Einsicht und Aufarbeitung zu Lasten des Beamten zu würdigen. Zulässiges Prozessverhalten, wozu auch das Bestreiten der Tat und das Negieren oder Relativieren ihres Unrechtsgehalts gehört, darf grundsätzlich nicht zu Lasten des Beamten gewertet werden.

eigener Leitsatz:

3. Soll die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ausschlaggebend auch auf das Verteidigungsverhalten im Disziplinarverfahren gestützt werden, ist hierzu ein gerichtlicher Hinweis erforderlich und rechtliches Gehör zu gewähren. Der Beamte muss Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. „Beamter darf die Tat ohne negative Konsequenz bestreiten, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 05.05.2015, Az. 2 B 32.14“ weiterlesen

Richter als Behördernvertreter – Hotstegs kommentiert den Beschluss des OVG Münster vom 25.03.2015, jurion.de v. 21.05.2015

Kurznachricht zu „Anmerkung zum Beschluss des OVG Münster vom 25.3.2015 – 13 D 27/14“ von RA Robert Hotstegs, original erschienen in: NVwZ 2015 Heft 10, 680 – 682.

In der dem Beschluss des OVG Münster zugrundeliegenden Sachverhalt trat ein Richter des OVG als Prozessvertreter des beklagten OVG auf. Das OVG Münster hat in dieser Entscheidung den Richter als Prozessvertreter zurückgewiesen und festgestellt, dass ein Richter insoweit nicht Prozessbevollmächtigter des eigenen Gerichts sein darf. Diese Entscheidung stimmt mit dem Beschluss des OVG Münster vom 29.10.2014 (Az.: 8 A 1943/13) überein. Vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG darf ein Richter grundsätzlich auch Aufgaben der Gerichtsverwaltung übernehmen. Ein Richter, der eine Behörde vertritt, sei grundsätzlich als Prozessbevollmächtigter nach § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO einzustufen. Auf das Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht kommt es laut Verfasser insoweit auch nicht an. Das Behördenprivileg nach § 67 Abs. 4 Satz 3 VwGO werde durch § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO jedoch beschränkt. Der Richter, der als Prozessvertreter vor dem eigenen Gericht auftritt, sei zurückzuweisen. Die Prozesshandlungen des Richters seien jedoch nach § 67 Abs. 3 Satz 2 VwGO grundsätzlich wirksam. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass der Zurückweisungsbeschluss nicht angefochten werden kann. Der Verfasser skizziert auch die Folgen diese Entscheidung für die Prozessvertretung und zeigt auf, das zum Beispiel auf Verwaltungs-Volljuristen oder abgeordnete Richter anderer Gerichte als Prozessvertreter zurückgegriffen werden kann.

Dieser Beitrag wurde erstellt von RA Martin Funk.

Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost müssen die Kosten der Nachversicherung ausscheidender Beamter selbst tragen, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 20.05.2015, Az. 6 C 4.14, 6 C 5.14 und 6 C 6.14

Die Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost (Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG und Postbank AG) können von der Postbeamtenversorgungskasse nicht die Erstattung der Kosten verlangen, welche sie als Arbeitgeber für bei ihnen beschäftigte Beamte im Falle ihres Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis für ihre Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung an deren Träger gezahlt haben. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. „Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost müssen die Kosten der Nachversicherung ausscheidender Beamter selbst tragen, Bundesverwaltungsgericht, Urteile v. 20.05.2015, Az. 6 C 4.14, 6 C 5.14 und 6 C 6.14“ weiterlesen

Die mobile Version verlassen