Gewährung einer Zulage auch für freigestellte Personalratsmitglieder, Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil vom 12.06.2014, Az. 3 A 235/11

Auch Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes, die für die Personalratsarbeit freigestellt sind, haben einen Anspruch auf die Gewährung einer monatlichen Zulage für freiwillige erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit, wenn sie ihre ernsthafte Bereitschaft hierzu entsprechend erklärt haben und der Dienstherr anderen Beamten, die die erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit leisten, diese Zulage gewährt.

Das hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem auf die Berufung eines für die Personalratsarbeit freigestellten Feuerwehrbeamten ergangenen Urteil vom 12.06.2014 entschieden. Zur Begründung stellt das Gericht auf das allgemeine personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot ab, das freigestellte Personalratsmitglied hat demnach Anspruch auf die Besoldung – die eben auch besagte Zulage umfasst – , die es erhielte, wenn es in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre.

Das Oberverwaltungsgericht führt in den Entscheidungsgründen dazu im Einzelnen aus:

Die zulässige Berufung, über die im Einverständnis mit den Beteiligten der Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO) entscheidet, hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

Der Bescheid vom 8. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Dieser hat im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zu seiner mit Ablauf des 31. Juli 2011 erfolgten Versetzung in den Ruhestand einen Anspruch auf Gewährung einer monatlichen Zulage in Höhe von 200,- Euro.

Ein solcher Anspruch ergibt sich zwar nicht bereits aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 (GV. NRW. S. 203), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 21. Dezember 2010 (GV. NRW. S. 690), i.V.m. § 5 Abs. 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung Feuerwehr – AZVOFeu) vom 1. September 2006 (GV. NRW. S. 442), da der Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum als freigestelltes Personalratsmitglied eine freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit gerade nicht geleistet hat.

Der geltend gemachte Anspruch folgt aber aus § 42 Abs. 3 Satz 4 LPVG NRW. Nach dieser Vorschrift hat die Freistellung des Personalratsmitglieds keine Minderung der Besoldung oder des Arbeitsentgelts zur Folge und darf nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen.

Die Vorschrift dient der Konkretisierung des allgemeinen personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbots. Sie schließt Begünstigungen und Benachteiligungen von Personen aus, die Aufgaben und Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen: Begünstigungen deshalb, weil das Amt eines Personalratsmitgliedes als Ehrenamt zu führen ist (§ 42 Abs. 1 LPVG NRW) und das Mitglied keine Vorteile aus dieser Tätigkeit erlangen soll, die seine Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten; Benachteiligungen deshalb, weil ein Beschäftigter, der sich zur Wahrnehmung von im Interesse der Dienststellengemeinschaft liegenden Aufgaben bereitfindet, so behandelt werden soll, wie wenn er seine vor der Freistellung ausgeübte Tätigkeit weiterführte und weil er Einbußen jeder Art gegenüber seiner bisherigen Dienst- oder Arbeitsleistung wegen seiner Personalratstätigkeit nicht hinnehmen soll. Anknüpfungspunkt ist nicht die personalvertretungsrechtliche Tätigkeit, sondern die vor der Freistellung erbrachte Dienstleistung. So erhält ein freigestelltes Personalratsmitglied auch die mit seiner bisherigen Dienstleistung verbundenen und ihrer Abgeltung dienenden Zulagen weiter (z.B. Schmutzzulagen, Erschwerniszulagen). Es soll sichergestellt werden, dass das freigestellte Personalratsmitglied keine finanzielle Einbuße erleidet. Deshalb ist die Tatsache, dass eine bestimmte Tätigkeit von dem freigestellten Personalratsmitglied nicht mehr ausgeübt wird, kein Kriterium dafür, ob bestimmte Zulagen weitergezahlt werden. Nur wenn der Zweck der Zulage in der Abgeltung bestimmter, durch die Dienstleistung entstandener Aufwendungen besteht, die Zulage also nicht Besoldung ist, sondern neben dieser und zusätzlich zu ihr gewährt wird, entfällt sie mit der Freistellung, sofern das freigestellte Personalratsmitglied diese Aufwendungen nicht mehr hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2001 – 2 C 34.00 – m.w.N., ZBR 2002, 314; Urteil vom 18. September 1985 – 2 C 15.84 -, DVBl. 1986, 148; Urteil vom 11. September 1984 – 2 C 58.81 – , ZBR 1985, 117.

Das freigestellte Personalratsmitglied ist dementsprechend besoldungsmäßig so zu stellen, wie es stünde, wenn es nicht freigestellt wäre. Das freigestellte Personalratsmitglied hat Anspruch auf die Besoldung, die es erhielte, wenn es in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach der Freistellung des Zulageberechtigten werden nicht außer Acht gelassen, sondern in ihren Auswirkungen auf eine fortbestehende Zulageberechtigung berücksichtigt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2001 – 2 C 34.00 – m.w.N., ZBR 2002, 314; OVG NRW, Urteil vom 31. Mai 2007 – 1 A 1050/06 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Januar 2012 – OVG 6 N 55/09 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 – 14 B 06.1022 -, juris.

Nach diesem Maßstab hat der Kläger für den geltend gemachten Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung einer monatlichen Zulage in Höhe von 200,- Euro.

Dem steht nicht entgegen, dass diese Zulage erst seit dem 1. Juli 2007 gewährt wird, der Kläger jedoch bereits seit dem 15. Dezember 2001 als Personalratsvorsitzender vom Dienst freigestellt ist. Denn ein Personalratsmitglied hat einen Anspruch auf die Besoldung, die es erhielte, wenn es in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger in diesem Fall eine freiwillige, erhöhte wöchentliche Arbeitszeit leisten würde. Er hat seine entsprechende Bereitschaft auf den vorgesehenen Vordrucken unter dem 21. Dezember 2006 und erneut am 7. Dezember 2007 erklärt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass diese Erklärungen nur zum Schein abgegeben worden wären.

Der Vorbehalt der Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes und die Einschränkungsmöglichkeit der für Arbeitsschutz zuständigen Behörden nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AZVOFeu stehen ebenfalls nicht entgegen.

Vgl. zu diesen Ausnahmen Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. EG vom 18. November 2003, Nr. L 299/9.

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass alle Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes der Beklagten, die sich zur Leistung der erhöhten wöchentlichen Regelarbeitszeit bereit erklärt haben, diese auch tatsächlich leisten. Soweit die Beklagte einwendet, es wäre keinesfalls sicher gewesen, dass der Kläger trotz Abgabe einer Bereitschaftserklärung zu einer erhöhten wöchentlichen Arbeitszeit herangezogen worden wäre, fehlt es an der Angabe tragfähiger sachlicher Gründe. Hierfür genügt insbesondere nicht der Hinweis auf die (seinerzeit bevorstehende) Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers.

Schließlich steht der Gewährung der Zulage nicht entgegen, dass es sich bei der Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen um eine Ermessensentscheidung handelt. Denn die Beklagte gewährt jedem Beamten, der die erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit leistet, die begehrte Zulage.

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