Leserforum, NJW-aktuell 13/2017, 10

Leserbrief zu Interview mit M. Purrucker, NJW-aktuell H. 11/2017, 12

Pointiert positioniert sich der Kollege Dr. Purrucker gegen das IFG, allerdings für mehr Transparenz. Bewusst im Sinne eines modernen Tranzparenzbegriffs. Hier liegt die eigentliche Sprengkraft des Interviews und tatsächlich auch aus meiner Sicht ein guter (der einzige?) Grund für die Ablehnung der Informationsfreiheit: Transparenz ist mehr! Transparenz im Sinne der Transparenzgesetze ist vor allen Dingen nicht an Anträge gebunden, schon gar nicht an persönliche Betroffenheit im Sinne eines subjektiven Rechts auf Informationsanspruch. Diese Transparenz meint das automatische, regelmäßige Offenlegen von Behördeninformationen. Diese Transparenz meint auch Verwaltungsvorgänge von vornherein darauf auszurichten, dass am Ende möglichst viele Informationen öffentlich gemacht werden können und keine Personalressourcen unnötig belastet werden.

Bei dieser Transparenz kommt es dann tatsächlich nicht darauf an, dass die Rechtsanwaltskammern beitragsfinanziert sind. Das schmälert weder das Interesse der Kammermitglieder an Informationen, noch das Interesse der Öffentlichkeit.

Im bisherigen Kommunikationsverhalten sind alle Kammern nicht durch besondere Transparenz aufgefallen. Auf dem Internetportal fragdenstaat.de etwa gelten nahezu alle IFG-Anfragen als „eingeschlafen“. In jedem einzelnen Fall also haben Kammern nicht reagiert und riskieren dadurch auch sich einer Untätigkeitsklage auszusetzen. Man kann der Meinung sein, das IFG abzulehnen und stattdessen mehr Transparenz zu wollen. Aber dann gehört es sich nicht, Anfragen auszusitzen oder abzulehnen, sondern im Sinne einer „Vorwärtsverteidigung“ die Öffentlichkeit zu suchen.

Fachanwalt für Verwaltungsrecht Robert Hotstegs, Düsseldorf

Eignung eines Richters, Dienstgericht für Richter bei dem LG Düsseldorf, Beschluss v. 03.03.2017, Az. DG-1/2017

(C) Landgericht Düsseldorf

Anders als im allgemeinen Beamtenrecht dürfen Richter auch im Rahmen ihres Richterverhältnisses „auf Probe“ spätestens nach zwei Jahren nur unter besonderen Voraussetzungen entlassen werden. Es muss (positiv) festgestellt werden, dass sie für das Richteramt nicht geeignet sind. Diese Feststellung ist zwar grundsätzlich im Beurteilungsermessen des Dienstherrn zu treffen, kann aber vor den Richterdienstgerichten überprüft werden.

Der Beschwerde des Antragsgegners hat der Dienstgerichtshof nicht abgeholfen (Beschluss v. 02.06.2017, Az. 1 DGH 2/17).

Eigene Leitsätze:

  1. Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG können Richter auf Probe entlassen werden, wenn sie für das Richteramt nicht geeignet sind. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein Richter auf Probe geeignet ist bzw. ob er wegen mangelnder Eignung entlassen werden kann, ist sein Verhalten grundsätzlich während der gesamten Dienstzeit.
  2. Finden Gespräche mit dem Richter über dessen Defizite in vier Beurteilungen keinen Eingang, hat der Dienstherr dokumentiert, dass er die Gespräche und Vorwürfe in der Gesamtschau nicht für erheblich gehalten hat. Es erscheint im Eilverfahren widersprüchlich, will sich der Dienstherr gleichwohl darauf berufen und somit negativ von den Beurteilungen abweichen.
  3. Die (bloße) Zahl gestellter Befangenheitsanträge ist als solche in der Regel kein geeignetes Indiz für die Eignung eines Richters.
  4. Ob eine relevante dienstliche Beurteilung rechtswidrig ist, kann im dienstgerichtlichen Verfahren offen bleiben, wenn der Rechtsfehler auch unmittelbar der Entlassungsverfügung anhaftet. Die Prüfung bleibt somit den Verwaltungsgerichten vorbehalten.

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Aufhebung einer Versetzung in den Wartestand, Verwaltungsgericht der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Urteil v. 21.11.2016, Az. KVwG 4/2016

Bestehen erhebliche Spannungen im Verhältnis zwischen einem Pfarrer und einer Gemeinde bzw. Teilen der Gemeinde, hält das kirchliche Pfarrdienstrecht spezielle Mechanismen vor. Unter anderem die Feststellung, dass eine nachhaltige Störung vorliege und sodann die Versetzung des Pfarrers.

Vorliegend ist eine solche Feststellung getroffen worden und der betroffene Pfarrer in den Wartestand versetzt worden. Das nachfolgende Urteil zeigt, dass beide Verfügungen des Landeskirchenamtes voll gerichtlich überprüfbar sind. Vorliegend ist der gesamte Bescheid aufgehoben worden. Weder die Feststellung der nachhaltigen Störung, noch die Versetzung in den Wartestand hatten Erfolg.

Das Urteil macht darüber hinaus deutlich, dass die kirchenrechtliche Untätigkeitsklage gewollt ist und vor allem Rechtsschutz gewähren soll, wenn die beklagte Behörde Rechtsschutz außergerichtlich verweigert. Darüber hinaus dürften Versetzungen in den Wartestand wegen nachhaltiger Störung nunmehr absolut exotischen Charakter erhalten, da zuvor auch Versetzungen gegen den Willen eines Pfarrers zu erwägen und vorzunehmen sind.

Die Entscheidung ist rechtskräftig, da das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom 15.07.2021 (Az. 6/2020) zurückgewiesen hat. (Stand: 18.08.2021) „Aufhebung einer Versetzung in den Wartestand, Verwaltungsgericht der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Urteil v. 21.11.2016, Az. KVwG 4/2016“ weiterlesen

Der Fall Rainer Wendt: Wo ist bloß mein Büro?, lto.de v. 10.03.2017

Der Chef der Polizeigewerkschaft Rainer Wendt muss mit einem Disziplinarverfahren rechnen, das sei bereits nicht mehr zu verhindern. Das Verfahren könnte sogar zum Entzug der Beamtenpension führen, meint Robert Hotstegs.

Die Affäre um den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt hat erste personelle Konsequenzen – und die kommen nicht aus dem öffentlichen Dienst oder der Politik: Es sind die ersten Gewerkschafter, die von Posten an seiner Seite zurücktreten.

Die Öffentlichkeit erfährt derzeit scheibchenweise Details über die Bezahlung und Umtriebigkeit des Bundesvorsitzenden der DPolG. Unter üblichen Vorzeichen wären Gehälter und Einkommen allenfalls moralisch zu bewerten oder Nebentätigkeiten an den Maßstäben der Gewerkschaft zu messen.

Der Fall Wendt ist aber nicht „üblich“.

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Der Fall Rainer Wendt: Es geht nicht nur um zu viel Beam­ten­sold, lto.de v. 06.03.2017

Rainer Wendt hat jahrelang Polizistensold bezogen, aber nur Gewerkschaftsarbeit gemacht. Dass er nun in Ruhestand geht, ändert nichts an den offenen Fragen: zum Beamten-, zum Disziplinar-, vielleicht gar zum Strafrecht, meint Robert Hotstegs.

Rainer Wendt gilt als kompromissloser Verfechter von „Law and Order“. Gegen sein Image als harter Hund hat der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) nichts einzuwenden. „Ich finde es schon richtig, dass man sich an Recht und Gesetz hält“, sagte er. Sein eigenes Verhalten ist nun aber im Zwielicht, wurde Wendt doch vom Land Nordrhein-Westfalen jahrelang als Polizist bezahlt. Doch leistete er gar keinen Polizeidienst – sondern ausschließlich Gewerkschaftsarbeit.

Seit 2007 ist Wendt Bundeschef seiner Gewerkschaft, er sitzt auch im Bundesvorstand des Beamtenbunds dbb, unter dessen Dach die DPolG angesiedelt ist.

Die Rechtsfragen, die seine Besoldung aufwirft, berühren schon jetzt eine Vielzahl von Rechtsgebieten. Das hat die Deutsche Polizeigewerkschaft bislang offenbar verkannt (oder verkennen wollen), als sich die Bundesleitung „ohne Einschränkungen hinter“ Rainer Wendt stellte. Gleichwohl ist die Position hinter ihm gut gewählt. Vor ihm dürften nämlich in den nächsten Wochen und Monaten nicht nur kritische Rückfragen, sondern auch ein rechtliches Nachspiel liegen.

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