Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte kürzlich über einen sogenannten RadEntscheid zu befinden. RadEntscheide sind typischerweise Bürgerbegehren, die darauf abzielen ein Gesamtkonzept zur Radverkehrsplanung in der jeweiligen Gemeinde zur Abstimmung in einem Bürgerentscheid zu bringen. Häufig sind mehrere Fachmaßnahmen für einen bestimmten Zeitraum angesetzt, die auch durch Öffentlichkeitsarbeit und Personal flankiert oder abgesichert werden.
Der Rat der Stadt hatte den RadEntscheid für unzulässig befunden und hiergegen richtete sich die vorliegende Klage. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und hierbei sowohl in prozessualer wie auch in materiellrechtlicher Hinsicht eine Vielzahl von Grundsätzen angesprochen, sodass die Entscheidung über das einzelne Bürgerbegehren hinaus von grundsätzlicher Bedeutung ist:
eigene Leitsätze
- Richtige Klageart für die Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens ist in Nordrhein-Westfalen die Verpflichtungsklage. Sie richtet sich gegen die Gemeinde als Rechtsträgerin des jeweiligen Rates und den von ihr verantworteten Verwaltungsakt. Ein gesonderter Klageantrag gegen den Ratsbeschluss ist nicht erforderlich.
- Der Rücktritt eines Vertretungsberechtigten gegenüber der Gemeinde ist unproblematisch, das Klagerecht wächst den verbleibenden Vertretungsberechtigten zu.
- Eine salvatorische Klausel bleibt für Bürgerbegehren theoretisch denkbar, allerdings nur bei vollständig voneinander abgrenzbaren Teilbereichen.
- Im Übrigen stehen das Kopplungsverbot und der Bestimmtheitsgrundsatz Bürgerbegehren mit einem Programm unterschiedlicher Maßnahmen entgegen. Dass diese Maßnahmen sprachlich und thematisch im Bürgerbegehrenstext zusammengefasst werden und sozusagen eine gemeinsame „Klammer“ haben, führt nicht zur Zulässigkeit, sondern unterstreicht aus Sicht des Gerichts die Unzulässigkeit des Begehrens.
Die Entscheidung lautet im Volltext:
„„RadEntscheide sind zu komplex“, Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil v. 15.03.2024, Az. 15 K 1844/22“ weiterlesen