Synopse Bundesdisziplinargesetz 2024

Der Bundesgesetzgeber hat sein Disziplinarrecht grundlegend verändert. Ab dem 01.04.2024 ist der Dienstherr mit einer umfassenden Sanktionsbefugnis ausgestattet und kann alle Disziplinarmaßnahmen durch Disziplinarverfügung aussprechen. Ausdrücklich gilt dies auch für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts.

In der Folge wurde auch das gerichtliche Verfahren (das fortan kein besonderes „Disziplinarverfahren“ mehr darstellt) verändert.

Für Altverfahren gilt das BDG a.F. (bis zum 31.03.2024) fort.

Zur Einarbeitung in das Disziplinarrecht nach alter und neuer Fassung hat Rechtsanwalt Robert Hotstegs eine Synopse erstellt, die auch auf die wichtigsten Muster nach den Disziplinarrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen verweist und diese im Hinblick auf die Änderungen des BDG kommentiert.

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richtige Rechtsmittelbelehrung nach Urteil über Disziplinarklage?, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 09.11.2023, Az. 2 C 4/23

Will ein Dienstherr eine:n Beamt:in aus dem Beamtenverhältnis entfernen, also die Maximalsanktion verhängt wissen oder will er sonst den Status verändern lassen (durch Zurückstufung, also „Degradierung“, oder durch Aberkennung des Ruhegehalts) ist nach dem derzeit geltenden Disziplinarrecht eine Disziplinarklage zu erheben. Über diese entscheidet dann das zuständige Verwaltungsgericht. Gegen sein Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Im konkreten Fall war nun streitig, ob das Verwaltungsgericht aber vollständig und damit wirksam über das Rechtsmittel belehrt hatte.

Hierüber hat nun das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Der amtliche Leitsatz lautet:

In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils eines Verwaltungsgerichts über eine Disziplinarklage ist nur über die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung nach § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG zu belehren, nicht aber über die Verpflichtung zur Begründung der Berufung innerhalb dieser Frist.

Die Entscheidung begründet dies in ihrem Volltext wie folgt:

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Streitwertkatalog der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit

In der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit findet seit vielen Jahren schon der „Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit“ Anwendung. Er wurde zuletzt in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen veröffentlicht und befindet sich derzeit in der Überarbeitung. Mit dem Katalog werden – soweit nicht auf gesetzliche Bestimmungen festgestellt werden hingewiesen wird – Empfehlungen ausgesprochen, denen das Gericht bei der Festsetzung des Streitwertes bzw. des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit (§ 33 Abs. 1 RVG) aus eigenem Ermessen folgt oder nicht. Das bedeutet im Klartext: Abweichungen sind jedem Gericht jederzeit möglich.

Gleichzeitig bietet der Katalog aber auch die Gewähr dafür, dass der Rechtsuchende mit einer gewissen Verlässlichkeit seine prozessualen und finanziellen Chancen und Risiken einschätzen und kalkulieren kann.

Ein Gegenstück für die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit der ev. Kirche fehlt. Es ist aber aus unserer anwaltlichen Sicht dringend erforderlich, weil kirchliche Rechtsprechung sich zum Teil grundsätzlich von staatlicher Rechtsprechung löst (so etwa im kirchlichen Disziplinarrecht) oder weil Gegenstände des Kirchenrechts (wie etwa der Wartestand) im staatlichen Recht nicht entschieden worden sind.

Wir haben daher eine – naturgemäß unvollständige – Liste aufgestellt, in der wir aus unserer anwaltlichen Sicht wesentliche Entscheidungen zum Gegenstandswert bzw. Streitwert zusammengestellt haben. Wir sind bemüht, diese Datenbank regelmäßig zu erweitern, zu ergänzen und zu aktualisieren. Bitte wenden Sie sich bei Fragen, Vorschlägen und auch gerne zur Einsendung eigener Streitwertentscheidungen direkt an Rechtsanwalt Robert Hotstegs.

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Darf man das noch sagen? Beharrliche Gehorsamsverweigerung bei Corona-Bekämpfung führt zur Dienstentfernung einer JVA-Beamtin, Verwaltungsgericht Trier, Urteil v. 21.06.2022, Az. 3 K 802/22.TR

Porta Nigra, Trier

Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier lenkt einerseits den Blick darauf, dass die Gehorsamspflicht der Beamt:innen auch bedeutet Corona-Schutzmaßnahmen zu kommunizieren, ggf. mit umzusetzen und nicht aber zu unterlaufen. Gerade bei Behörden, die von ihrer grundsätzlichen Aufgabenstellung zur Durchsetzung von Recht und Ordnung berufen sind (etwa Polizei, Justizvollzug, Zoll, Gerichte), ist hier ein strengerer Maßstab anzulegen als etwa bei Hochschulen, die den wissenschaftlichen Diskurs über die Wirksamkeit und Unwirksamkeit von Maßnahmen führen.

Andererseits führt die Entscheidung aber auch noch einmal die Geschwindigkeit von manchen Disziplinarklageverfahren vor Augen. Während das behördliche Disziplinarverfahren sich oftmals schon von Gesetzes wegen über mindestens ein halbes Jahr erstreckt, bestehen im gerichtlichen Verfahren über die Disziplinarklage nur wenige Fristen. Die vorliegende Entscheidung ist nach knapp drei Monaten ergangen.

„Darf man das noch sagen? Beharrliche Gehorsamsverweigerung bei Corona-Bekämpfung führt zur Dienstentfernung einer JVA-Beamtin, Verwaltungsgericht Trier, Urteil v. 21.06.2022, Az. 3 K 802/22.TR“ weiterlesen

kleine Mediationsstatistik (Stand: 12/2023)

Im üblichen Gerichtsverfahren wird ein Rechtsstreit durch Urteil oder einen vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich beendet.

Daneben bieten die Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen einen weiteren Weg zur Beendigung von Rechtsstreitigkeiten an, nämlich die Mediation: Eine moderne Konfliktlösungsmethode, bei der die Beteiligten mit Hilfe eines zum Mediator ausgebildeten Verwaltungsrichters gemeinsam zu einer dauerhaften Problembereinigung gelangen.

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Selbstablehnung eines Kirchenrichters wegen Besorgnis der Befangenheit, Disziplinarkammer bei dem Kirchengericht der EKD, Beschluss v. 16.11.2018, Az. 0134/1-2018

Nachdem bislang nur wenige Beschlüsse von Kirchengerichten über die Ablehnung von Kirchenrichtern bekannt geworden sind (Disziplinarkammer der Ev. Landeskirche in Württemberg, Beschluss v. 24.09.2015, Az. DG 1/05, Verwaltungsgericht der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Beschluss v. 17.09.2018, Az. KVwG 2/2017 (jetzt: 4/2018)), erging nun im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ein weiterer. Über ihn hat das Kirchengericht in der „Vertreter-Besetzung“ entschieden, also ohne Mitwirkung des (selbst-)abgelehnten Kirchenrichters. Vorliegend haben aber auch die beisitzenden Richter mitgewirkt. Dies begegnet vor dem Hintergrund der Regelung des § 54 Abs. 1 S. 2 DG.EKD Bedenken. Die Vorschrift lautet: „An Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und an Gerichtsbescheiden wirken die beisitzenden Mitglieder nicht mit.“ Es spricht also vieles dafür, dass – wie auch im Beschluss der Disziplinarkammer Württemberg – die stellvertretende Vorsitzende alleine hätte entscheiden müssen.

Die Entscheidung lautet im Volltext: „Selbstablehnung eines Kirchenrichters wegen Besorgnis der Befangenheit, Disziplinarkammer bei dem Kirchengericht der EKD, Beschluss v. 16.11.2018, Az. 0134/1-2018“ weiterlesen

Dienstherr muss zeitnah und verhältnismäßig sanktionieren – sonst: Maßnahmenmilderung!, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 15.11.2018, Az. 2 C 60.17

Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, ist der Dienstherr verpflichtet, zeitnah ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Ihn trifft die Pflicht, Dienstpflichtverletzungen gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stufenweise durch angemessene Disziplinarmaßnahmen zu ahnden. Unterbleibt dies, ist das bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. „Dienstherr muss zeitnah und verhältnismäßig sanktionieren – sonst: Maßnahmenmilderung!, Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 15.11.2018, Az. 2 C 60.17“ weiterlesen

Fahrtkosten-Affäre: Fall M.: Es wird gekürzt statt aberkannt (update), Trierischer Volksfreund v. 20.06.2018

Koblenz/Waldrach. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat das Urteil der Vorinstanz geändert und entscheidet sich gegen die Streichung des Ruhegehalts des Ex-Bürgermeisters.

Von Harald Jansen

Drei Jahre lang 20 Prozent weniger Ruhestandsgehalt. Anschließend wieder volle Bezüge. So lautet der Urteilsspruch der Richter des Oberverwaltungsgerichts Koblenz im Disziplinarverfahren gegen Markus M. (Urteil vom 5. Juni 2018, Aktenzeichen 3 A 10106/18.OVG). Damit ist die vom Verwaltungsgericht Trier in erster Instanz verhängte Aberkennung des Ruhegehalts vom Tisch. Wie hoch dieses Ruhegehalt ist, ist nicht bekannt. „Fahrtkosten-Affäre: Fall M.: Es wird gekürzt statt aberkannt (update), Trierischer Volksfreund v. 20.06.2018“ weiterlesen

Quantensprung: Beamte genießen Freizügigkeit in der EU und ab sofort eine höhere Nachversicherung, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 26.02.2018, Az. 23 K 6871/13

Wenn Beamte ihren Dienst in Deutschland – egal ob beim Bund oder in den Bundesländern oder Gemeinden – quittierten und in den öffentlichen Dienst eines anderen EU-Mitgliedstaates eintraten, wurden sie dafür bestraft. Nicht im Sinne eines Strafgesetzes, aber bislang finanziell. Denn die allermeisten von Ihnen hatten erhebliche Renten- und Versorgungsnachteile hinzunehmen. (siehe auch Beamtenversorgungsrecht auf dem Prüfstand vor dem EuGH, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 16.04.2015, Az. 23 K 6871/13)

Das ergab sich aus den völlig miteinander unvereinbaren Systemen von Versorgung der Beamten einerseits und Rente für Angestellte andererseits. Während die Versorgung erdient wird und sich an der Besoldung der letzten zwei Jahre orientiert (bei frühem Eintritt in den Ruhestand aber Abschläge vorsieht), stellt die Rente auf die eingezahlten Rentenbeiträge und Beitragsjahre ab. „Quantensprung: Beamte genießen Freizügigkeit in der EU und ab sofort eine höhere Nachversicherung, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 26.02.2018, Az. 23 K 6871/13“ weiterlesen

verflixte 7 Jahre zu lang? kein Problem im Disziplinarrecht, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 01.09.2017, Az. 2 WDB 4.17

Das Disziplinarrecht der Soldaten kennt Besonderheiten, die es vom beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren deutlich unterscheiden. So hält § 108 WDO etwa die folgende Regelung vor:

(3) Das Verfahren ist einzustellen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht, eine Disziplinarmaßnahme nicht zulässig ist oder nach § 16 nicht verhängt werden darf. Das Gericht kann das Verfahren mit Zustimmung des Wehrdisziplinaranwalts einstellen, wenn es ein Dienstvergehen zwar für erwiesen, eine Disziplinarmaßnahme aber nicht für angebracht hält.
(4) Besteht ein Verfahrenshindernis, kann der Vorsitzende der Truppendienstkammer das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluss einstellen.

Das Truppendienstgericht Süd hatte im letzten Jahr (Beschluss v. 29.03.2017, Az. S 7 VL 07/09) auf dieser Grundlage ein Verfahren wegen überlanger Dauer, nämlich konkret wegen 7 Jahre Überlänge, einstellen wollen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht seinerseits durch Beschluss wieder rückgängig gemacht, die konkrete Verzögerung stelle kein „Verfahrenshindernis“ im Sinne der Vorschrift dar. Denkbar sei dies, auch mit der Folge der Einstellung. Aber bitte nicht in diesem Fall.

Der Beschluss des 2. Wehrdienstsenats lautet im Volltext: „verflixte 7 Jahre zu lang? kein Problem im Disziplinarrecht, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 01.09.2017, Az. 2 WDB 4.17“ weiterlesen