Neuregelung zur Frauenförderung verfassungswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 05.09.2016, Az. 2 L 2866/16

Die nordrhein-westfälische Neuregelung zur Frauenförderung ist verfassungswidrig, weil dem Land die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Eine hierauf gestützte Beförderungsentscheidung ist rechtswidrig. Dies hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom heutigen Tag, der den Beteiligten soeben zugestellt worden ist, in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden. Das Gericht hat dem Eilantrag eines Kriminaloberkommissars stattgegeben und dem Land Nordrhein-Westfalen vorläufig untersagt, mehrere Kriminaloberkommissarinnen bevorzugt zu befördern. „Neuregelung zur Frauenförderung verfassungswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss v. 05.09.2016, Az. 2 L 2866/16“ weiterlesen

kommissarische Besetzung des Beförderungsdienstpostens mit einem Mitbewerber, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss v. 10.05.2016, Az. 2 VR 2.15

amtliche Leitsätze:

1. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens um einen Beförderungsdienstposten mit der Begründung, die dienstliche Beurteilung eines Mitbewerbers sei nicht mehr aktuell, entbehrt eines sachlichen Grundes, wenn die dienstliche Beurteilung nicht länger zurückliegt als der Regelbeurteilungszeitraum und es auch keinen Grund für eine Anlassbeurteilung gibt.

2. Die Notwendigkeit einer neuen aktuellen dienstlichen Beurteilung und damit ein sachlicher Abbruchgrund folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Dienstherr die Aufgaben des streitgegenständlichen Beförderungsdienstpostens einem Mitbewerber übertragen hat (als „kommissarische Vakanzvertretung“). Ein hierdurch ggf. erlangter Bewährungsvorsprung dieses Mitbewerbers muss – im Gegenteil – zur Vermeidung einer unzulässigen Bevorzugung dieses Bewerbers im Auswahlverfahren „ausgeblendet“ werden, d.h. unberücksichtigt bleiben.

3. Das Ausblenden eines etwaigen Bewährungsvorsprungs bei rechtswidriger Dienstposteninhaberschaft erfolgt im Wege der „fiktiven Fortschreibung“ der dienstlichen Beurteilung (für den Bundesbereich gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV). Die „fiktive“ Komponente erfordert in dieser Konstellation nur, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung des höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten in der dienstlichen Beurteilung unberücksichtigt bleiben.

4. Das Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV) ermöglicht die Vergabe von Funktionsämtern während des Laufs von beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren und vermeidet damit das in dieser Fallkonstellation offenkundig werdende Problem der Stellenblockade. Die Vergabe des Funktionsamtes selbst unterliegt dabei nicht den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG, solange eine Vorwirkung auf die nachfolgende Statusamtsvergabe vermieden wird.

Beurteilungspraxis im Finanzministerium NRW ist rechtswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 02.05.2016, Az. 13 K 2279/15

Die Beurteilungspraxis des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen ist rechtswidrig. Das ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu einer Regelbeurteilung aus dem Jahr 2014. Denn das Ministerium erstellt seine dienstlichen Beurteilungen über die Beamten im eigenen Haus regelmäßig zu früh (nicht betroffen ist die Landesfinanzverwaltung, da dort andere Beurteilungsrichtlinien gelten). So werden nicht alle Leistungen der Beamtinnen und Beamten erfasst und die Beurteilungen decken den Beurteilungszeitraum nur unvollständig ab.

Darüber hinaus genügen die Beurteilungen nicht den Anforderungen an sogenannte „Ankreuz-Beurteilungen“.

Die gravierende Folge: nicht nur alle Beurteilungen können angefochten werden, sondern auch alle Beförderungsentscheidungen. Denn in diesen Auswahlverfahren ist maßgeblich aufgrund der letzten dienstlichen Beurteilung zu entscheiden. Ist diese fehlerhaft, „schlägt“ der Fehler auf die Auswahlentscheidung durch. Beamte, die nicht für eine Beförderung ausgewählt werden, können sich hiergegen mit einem Konkurrentenstreit wehren. Wir beraten bei Bedarf sehr kurzfristig zu den konkreten Erfolgsaussichten.

Die aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf lautet im Volltext: „Beurteilungspraxis im Finanzministerium NRW ist rechtswidrig, Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil v. 02.05.2016, Az. 13 K 2279/15“ weiterlesen

Ankreuzverfahren bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich zulässig, Bundesverwaltungsgericht v. 17.09.2015

Dienstliche Beurteilungen dürfen auch ohne zusätzliche individuelle textliche Begründung im Ankreuzverfahren erstellt werden. Allerdings müssen die Bewertungskriterien hinreichend differenziert und die Notenstufen textlich definiert sein und muss das Gesamturteil begründet werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Kläger sind Beamte des gehobenen Dienstes bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, bei der Bundespolizei und in der Zollverwaltung. Sie wenden sich gegen im Ankreuzverfahren erstellte dienstliche Beurteilungen (Regelbeurteilungen). Ihre Klagen auf Erteilung einer neuen Beurteilung hatten mit einer Ausnahme in der Berufungsinstanz Erfolg. In einem der Fälle hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Gesamturteil sich nicht plausibel aus den – im Ankreuzverfahren erstellten – Einzelbewertungen ergab. In mehreren anderen Fällen hat das Berufungsgericht entschieden, dass ein Ankreuzverfahren für die Einzelbewertungen und für das Gesamturteil nicht den Anforderungen des § 49 Bundeslaufbahnordnung (BLV) genüge; hiernach ist in der dienstlichen Beurteilung die fachliche Leistung nachvollziehbar darzustellen. Es hat die dienstlichen Beurteilungen auch deshalb für fehlerhaft gehalten, weil die Kläger auf gebündelten Dienstposten verwendet werden, für die es an einer hinreichenden Dienstpostenbewertung fehle.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die von den Vorinstanzen ausgesprochenen Verurteilungen zur Erteilung neuer dienstlicher Beurteilungen im Ergebnis bestätigt. Es hat aber die von den Berufungsgerichten vertretenen Rechtsansichten zu den Anforderungen an dienstliche Beurteilungen – zum Teil deutlich – korrigiert. „Ankreuzverfahren bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich zulässig, Bundesverwaltungsgericht v. 17.09.2015“ weiterlesen

JVA Ronsdorf: Anstaltsleiter weist Vorwürfe zurück, Westdeutsche Zeitung v. 05.08.2015

Klage gegen Land NRW

von Katharina Rüth

Mitarbeiter sollen Angst vor Repressalien haben. Mehrere Klagen gegen Beurteilungen.

Wuppertal. Die Justizvollzugsanstalt Ronsdorf ist wieder in die Schlagzeilen geraten. Mitarbeiter im Vollzugsdienst sollen sich schikaniert fühlen, Angst haben. Es gibt Klagen vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Rupert Koch, Leiter der JVA, weist die Kritik zurück. Er glaubt, dass ein unzufriedener Mitarbeiter dahinter steckt. „JVA Ronsdorf: Anstaltsleiter weist Vorwürfe zurück, Westdeutsche Zeitung v. 05.08.2015“ weiterlesen

Praktikumsbericht: eine mündliche Verhandlung am Oberverwaltungsgericht NRW

Oskar Baraev absolvierte vom 06.07. bis 17.07.2015 ein Schülerpraktikum in unserer Kanzlei. Er berichtet von einem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht:

Am 06.07.2015 bin ich morgens mit zwei Anwälten, Herrn Hotstegs und Frau Voigt, zum Oberverwaltungsgericht NRW nach Münster gefahren. Zwei Prozesstermine wurden auf diesen Tag festgelegt.

Der erste begann um 10:15, mit einem Mandanten – einem Beamten aus einem Finanzamt – der sich ungerecht in seinem Arbeitsverhalten beurteilt fühlt. Der Prozess hat damit begonnen, dass die Richter eingetreten sind und alle Anwesenden sich erhoben haben. Es waren drei hauptamtliche, mit purpur roten Roben und zwei ehrenamtliche Richter, ohne Roben. Sie sollen die Meinung des Volkes vertreten.

Wir wurden gebeten stehen zu bleiben, da es der erste Prozess dieser beiden ehrenamtlichen Richter war. Sie wurden vereidigt und wir durften uns setzen. Nun folgte eine Kontrolle der Anwesenden. Alle erschienenen Zeugen wurden gebeten, vor dem Gerichtssaal zu warten. Der Vorsitzende Richter führte in den Prozess ein, erläuterte den Fall, worauf eine weitere Richterin den Sachbestand zusammenfasste. Der Richter fragte, ob alles korrekt sei und ob es etwas zu ergänzen gibt. Darauf folgte eine Fehlerkorrektur, welche der Protokollführerin diktiert wurde.

Als nächstes begann ein kurzer Frage-Antwort-Dialog, wo zuerst Fragen der Anwälte von den Richtern beantwortet wurden und anschließend die der Gegenseite. Nun wurde der erste Zeuge hereingerufen. Er ist der Chef, vom zuvor erwähnten Mandanten, der die Beurteilung unterzeichnet und genehmigt hat. Der Richter fing an, den Zeugen zu belehren, dass er nur die Wahrheit sagen darf und wegen Falschaussage bestraft werden kann. Es folgten allgemeine Fragen zur Person, worauf hin der Zeuge ebenfalls in den Sachverhalt eingeführt wurde. Es wurden vorerst keine Fragen gestellt, sondern man wollte, dass der Zeuge die Situation aus seiner Sicht widerspiegelt. Für genauere Antworten fragten die Richter nach, um sich mit einer Aussage wirklich sicher zu sein. Es folgten Fragen der Anwälte.

Der Zeuge wirkte sehr von sich überzeugt und selbstbewusst. Er wurde manchmal lauter als nötig und unterbrach den Richter. Seine Hauptaussage war es, dass die Beurteilung nicht falsch sein kann, da er sich drei mal die Woche mit seinen Kollegen trifft und sie über die Bewertung der Beamten „heftig“ diskutieren. Als man mit dem Zeugen fertig war, war es ihm frei bei den Zuschauern zu bleiben oder zu gehen. Er ist gegangen.

Nach einer kurzen Pause hielt der Anwalt seine Stellungnahme und stellte mit Begründung seine Anträge. Die Richter nehmen diese zur Kenntnis und beraten über diese während der Urteilsbesprechung. Zum Schluss folgte das Abschlussplädoyer des Anwalts, wo noch einmal die wichtigen Sachbestände, Zitate und Gründe für die Anträge wiederholt worden sind.

Im Normalfall würde nun nach einer kurzen Besprechung das Urteil der Richter folgen, da aber der zweite Prozess auf 12 Uhr gelegt worden war und wir schon 15:30 Uhr hatten, haben sich die Richter dazu entschieden zuerst den anderen Fall zu bearbeiten und anschließend beide Urteile zusammen zu besprechen und mitzuteilen.

O. Baraev

Was denn nun? Dienstliche Beurteilungen zum Ankreuzen? Oberverwaltungsgericht NRW und Bundesverwaltungsgericht entscheiden 2015

Wir haben bereits an mehreren Stellen darüber berichtet, dass die Beurteilungsverfahren, die im Kern auf einem Ankreuzen von Punktzahlen oder Noten beruhen, immer wieder rechtlichen Bedenken begegnen. (siehe u.a. Beurteilungssystem Zoll weiter auf dem Prüfstand, Großbaustelle: dienstliche Beurteilungen in der Finanzverwaltung NRW rechtswidrig oder Jetzt sagt auch Hessen: Ankreuzen reicht nicht!)

In Kürze werden sowohl das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen als auch das Bundesverwaltungsgericht über derartige Beurteilungen zu entscheiden haben. Wie geht der Streit aus?

Daneben wird das Oberverwaltungsgericht auch klären, ob alle dienstlichen Beurteilungen auf Grundlage der Beurteilungsrichtlinie 2011 der Landesfinanzverwaltung rechtswidrig sind. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf Beförderungs-, Stellenbesetzungs- und ggf. auch Schadensersatzverfahren. „Was denn nun? Dienstliche Beurteilungen zum Ankreuzen? Oberverwaltungsgericht NRW und Bundesverwaltungsgericht entscheiden 2015“ weiterlesen

Die dienstliche Beurteilung – Bedeutung, Beurteilungsarten und Rechtsschutz, 123recht.net vom 05.03.2015

Dienstliche Beurteilungen sind vielfach Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen. Ein aktueller Ratgeber von Rechtsanwältin Dr. Nicole Wolf gibt einen ersten Überblick darüber, wozu dienstliche Beurteilungen überhaupt dienen und welche Arten von dienstlichen Beurteilungen es gibt. Abschließend wird erörtert, ob und inwiefern es auch einen außergerichtlichen Weg gibt, gegen eine missliebige Beurteilung vorzugehen.

hier geht’s zum Ratgeber…

Jetzt sagt auch Hessen: Ankreuzen reicht nicht!, Anmerkung zum Hessischen VGH, Urteil v. 04.06.2014, Az. 1 A 651/13

Der Ärger um die sogenannten Ankreuz-Beurteilungen geht weiter. In seinem Urteil vom 04.06.2014 hat nun der Hessische Verwaltungsgerichtshof seine Sicht der Dinge dargelegt. In dem Verfahren stritten die Beteiligten um die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung der Klägerin, welche der VGH nicht für gegeben hält:

„An dieser Plausibilisierung fehlt es bei der dienstlichen Beurteilung der Klägerin im Hinblick auf die Bildung des Gesamturteils auf der Grundlage der Einzelbewertungen. Einer näheren Begründung des Gesamturteils, deren Fehlen die Klägerin schon in der Begründung ihres Widerspruchs vom 7. Juli 2011 beanstandet hatte, hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil die Bewertungen der Einzelmerkmale anhand eines Beurteilungsbogens erfolgt ist, in dem insgesamt sechs verschiedene Bewertungsstufen (A bis F) vorgesehen sind „Jetzt sagt auch Hessen: Ankreuzen reicht nicht!, Anmerkung zum Hessischen VGH, Urteil v. 04.06.2014, Az. 1 A 651/13“ weiterlesen