„Im Paragraphendschungel“, Rheinische Post vom 10.06.2008

VON HERIBERT BRINKMANN
Moers (RP) Bürgermeister Norbert Ballhaus hat zwei Gutachter beauftragt. Diese sehen das Bürgerbegehren gegen Abriss der Bibliothek und Rathaus-Neubau als „unzulässig“ an. Das sieht die Offene Linke Liste anders – und kämpft weiter.

Dass Bürgermeister Norbert Ballhaus am Freitag Vormittag erst den Ältestenrat und um 17 Uhr die Medien darüber informierte, dass das Bürgerbegehren „Für den Erhalt der Bibliothek und gegen den Rathausneubau“ unzulässig sei, ist in Ordnung. Unverständlich dagegen bleibt, dass die Initiatoren des Begehrens, Heinz Huppers und Birgitte Hübel, erst am Samstag über das Ergebnis der juristischen Prüfung informiert wurden.

Gabriele Kaenders, Fraktionsvorsitzende der Offenen Linken Liste, gibt sich trotzdem weiterhin kämpferisch. Die OliLi ließ sich gestern Abend von ihrem Düsseldorfer Anwalt beraten. In der Sache bedauert Kaenders die Entwicklung, dass das Bürgerbegehren als unzulässig abgelehnt werde. Beim Vorgehen der Verwaltung reibt sie sich insgeheim die Hände. Dass die Verwaltung mit juristischen Winkelzügen das Bürgerbegehren verhindere, anstatt offen den Willen der Bürger abzufragen, könnten viele Moerser nicht verstehen. Das werde sich bei den nächsten Kommunalwahlen zeigen, wo sie für die Linke mit weit höheren Prozentzahlen rechnet – auf Kosten der regierenden Sozialdemokraten.

„Definitiv falsch“

Auch in der Sache geben die Linken, die das Bürgerbegehren unterstützt haben, nicht auf. Dirk Hooymann hat das Ergebnis erwartet. Man schiebe Experten vor, um nicht selbst die Ablehnung begründen zu müssen. Aber auch das Papier der Jura-Professoren kritisiert er als „heiß gestrickt“, weil es von falschen Angaben ausgehe. Das Bürgerbegehren beziehe sich auf Sanierungsvorschlag A. Die 35 Millionen für die Sanierung umfassten nach Angaben Hooymanns auch die Sanierung der Bibliothek. Die Gegenrechnung, die die Juristen nach den Angaben der Verwaltung aufmachten, sei „definitiv falsch“. Und nach Meinung des Düsseldorfer Anwalts Dr. Henning Obst ziehe auch nicht der Vorwurf, keinen Deckungsvorschlag für die Sanierung der Bibliothek gemacht zu haben, da die Kosten unter dem Verwaltungsansatz blieben. Die Linken sehen sich in der Meinung ihres Anwaltes, das Gutachten sei falsch, bestätigt. Als „Unverschämtheit“ werten sie das Argument des Bürgermeisters, das Ausschreibungsverfahren sei bereits angelaufen und nicht mehr zu stoppen.

Petra Rennicke, Fraktionsvorsitzende der CDU, ist gespannt, was gestern Abend in ihrer Fraktionssitzung herauskommt. Sie sei keine Juristin, persönlich würde sie sich der Verwaltung nicht verschließen, wenn das Verfahren formalrechtlich in Ordnung sei.