Vermögensrechtliche Ansprüche der DDR-Enteignungsgeschädigten, LKV 1991, 204

Texte und Materialien mit Erläuterungen. Hrsg. in Verbindung mit Rädler, Raupach & Partner unter Mitarbeit von Andrea v. Drygalski und Claus-Henning Obst. – Herne, Verlag für Rechts- und Anwaltspraxis 1990. 269 S., kart. DM 34,-.

Dozent Dr. Richard Schüler, Jena

Im Mittelpunkt dieser Schrift steht die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche auf der Grundlage des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen. Neben gesetzlichen Regelungen und Kurzkommentierungen werden weitere Materialien veröffentlicht. Ausgehend von den diesbezüglichen Bestimmungen des Einigungsvertrages (S. 7 ff.) werden die wesentlichen Rechtsgrundlagen, die zur Klärung entsprechender Ansprüche benötigt werden, vorgestellt. Erläuterungen werden zur Anmeldeverordnung (S. 19 ff.), zur Freigabe von Anteilsrechten nach der Altguthaben-Ablösungsanleihe der ehemaligen DDR (S. 47 ff.) und zum D-Markbilanzgesetz (S. 55 ff.) geboten. Einer umfassenden Einführung in die Gesamtproblematik (S. 189 ff.) schließen sich ein Restitutions- und Entschädigungs-ABC mit der Erklärung entsprechender Stichwörter (S. 208 ff.) sowie die Kommentierung des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (S. 223 ff.) an. Neben einer Vielzahl anderer Materialien werden die Anschriften der Liegenschaftsdienste (S. 168 ff.), von Haus- und Grundeigentümervereinen (S. 171 ff.) sowie von Interessengemeinschaften zum Immobilieneigentum (S. 173) veröffentlicht.

Zwangsläufig kann mit dieser Schrift nur ein erster Überblick über eine komplizierte Materie geboten werden, die der weiteren wissenschaftlichen Erörterung bedarf. Eine Reihe angeschnittener Probleme wird ohnehin durch die Gerichte zu entscheiden sein. Den dargestellten Positionen kann weitgehend zugestimmt werden. Manches, was in diesem Rahmen nur angerissen werden konnte, muß umfassend untersucht und diskutiert werden, beispielsweise die Problematik der Enteigungsmaßnahmen im Zeitraum von 1945 bis 1949 (S. 203 ff.). Die Darlegungen sind insgesamt durch Akribie gekennzeichnet. Zu undifferenziert sind jedoch die Aussagen über Enteigungsmaßnahmen bis zum Jahre 1960 (S. 196). Auf die speziellen gesetzlichen Regelungen, die anzuwenden waren, wird in den Erläuterungen nicht eingegangen. Für diesen Zeitraum ist auch zu konstatieren, daß im Gegensatz zum geltenden Recht bei einer Reihe von Enteigungsmaßnahmen keine Entschädigung gewährt wurde. Für die Anwendung des in diesem Kontext erwähnten Aufbaugesetzes vom 6. 9. 1950 war allerdings im Zeitraum bis 1960 folgende Regelungsvariante kennzeichnend: Für die Inanspruchnahme auf der Grundlage dieser Vorschriften wurde, um das Entschädigungsproblem zum damaligen Zeitpunkt nicht lösen zu müssen, festgelegt, daß die sich aus dem Eigentum ergebenden Befugnisse bis zur endgültigen Regelung auf den Träger der Aufbaumaßnahme übergehen. Insofern war mit der Inanspruchnahme noch keine Veränderung der Eigentumsrechtsverhältnisse an dem betroffenen Grundstück verbunden, sondern dem Träger der Aufbaumaßnahme wurde auf diesem Wege lediglich die Befugnis eingeräumt, das Grundstück zu besitzen und zum Zwecke der Bebauung zu nutzen. Nur bei Vorliegen bestimmter sozialer Härten konnte unbeschadet der zukünftigen gesetzlichen Regelung der Entschädigung ein Ausgleich gewährt werden. Erst mit Inkrafttreten des Entschädigungsgesetzes vom 25. 4. 1960 gingen die bis zu diesem Zeitpunkt durch eine Inanspruchnahme betroffenen Grundstücke in Volkseigentum über und im Zusammenhang damit wurde ein Anspruch auf Entschädigung eingeräumt. Zu unterstreichen ist daher ausdrücklich die Aussage der Autoren, daß „im Einzelfall zu untersuchen“ ist „auf welcher Rechtsgrundlage die seinerseitige Enteignung erfolgte“ und „ob dieses Gesetz eine Entschädigung vorsah“ (S. 196).

Vermittelt werden in den Erläuterungen weitere bedenkenswerte Hinweise, die für die Klärung vermögensrechtlicher Ansprüche bedeutsam sind. Mit dieser Schrift wird damit insbesondere denjenigen, die diesbezügliche Ansprüche geltend machen wollen oder die darüber zu entscheiden haben, ein praxisorientierter Leitfaden geboten.